Gemeinde Bruck:Gewerbegebiet im Urteltal geplant

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Sämtliche Naturschützer laufen Sturm gegen die Zerstörung eines "Erholungsraumes" und eines Biotops sowie gegen Flächenfraß

Von Alexandra Leuthner

Entsetzen ist das Wort, das die Reaktion der Naturschützer am besten trifft. Die Gemeinde Bruck plant ein Gewerbegebiet bei Taglaching, das sich über etwa vier Hektar erstrecken und zwischen der Hangkante oberhalb des Urtelbachs und der Straße von Grafing nach Glonn errichtet werden soll. Knapp 400 Meter lang ist die Fläche, die gegenüber dem Kieswerk Demmel beginnt und etwa 300 Meter vor Taglaching endet. Mindestens zwei Hallen mit hundert Metern Länge und zehn Metern Firsthöhe sind laut der Planung vorgesehen, zu der die Naturschutzverbände als Träger öffentlicher Belange bis Mitte April eine Stellungnahme abgeben sollen. Noch läuft das Verfahren, doch weder bei der Gemeinde noch im Landratsamt kann man die Kritik der Naturschützer nachvollziehen. Sie sei "völlig überzogen", so das Urteil des Landrats.

Richard Straub und Rainer Förderreuther, Vorsitzender und stellvertretender Kreisvorsitzender des Landesbunds für Vogelschutz, sparten bei einem Ortstermin nicht mit Kritik. Ganz abgesehen von den Folgen einer Gewerbeansiedlung an dieser Stelle für das unterhalb liegende Biotop - das als längstes im Landkreis überragende Bedeutung für eine vielfältige Pflanzen- und Tierwelt habe, so Straub -, sei es doch vor allem der Mensch, dem geschadet werde. "Man macht dem Menschen seinen Erholungsraum kaputt", sagte Förderreuther. Die kleine Straße, die von Grafing Bahnhof zum Ausflugsgasthof in Taglaching, dem Biergarten in Falkenberg und weiter zum Steinsee führt, werde von vielen Erholungssuchenden mit dem Fahrrad befahren. Für einen starken Lkw-Zulieferverkehr sei sie nicht ausgelegt und müsse möglicherweise ausgebaut werden. Die Dimension und die Hallen, die geplant würden, legten die Vermutung nahe, dass hier nicht nur örtliche Handwerksbetriebe angesiedelt werden sollten, sondern ein größeres Unternehmen. Für die Radler stelle solch ein Verkehr auf der kurvigen Straße eine enorme Gefahr dar. Straub und Förderreuther kritisieren aber auch den Eingriff in die Landschaft, die selbst von den Planern des Gewerbegebiets als "landschaftlich reizvoller Raum" mit "naturschutzfachlich hochwertigen Strukturen" beschrieben werde. Tatsächlich gäbe es den freien Blick in das idyllische Urteltal hinein, wenn an dieser Stelle Hallen stünden, nicht mehr.

Es sei "unverantwortlich", so etwas zu planen, erklärt Olaf Rautenberg, Kreisvorsitzender des Bunds Naturschutz. Selbst wenn auf der fraglichen Acker- und Wiesenfläche keine geschützten Arten angesiedelt seien, müsse man doch befürchten, dass von einem Gewerbegebiet Regenwasser über die Hangkante gespült werde, das dann im unterhalb liegenden Biotop Schäden anrichten würde. Ebenso wie der LBV kritisiert auch der BN die starke Landschaftsversiegelung.

Der Bürgermeister von Bruck, Josef Schwäbl, gibt sich ob dieser Vorwürfe gelassen. Man habe sich das alles sehr genau überlegt. Aber allein die Hälfte der Brucker Gemeindefläche liege im Landschaftsschutzgebiet, rund um die Ortsteile herum sei in den vergangenen sechs Jahren, in denen er Bürgermeister sei, nichts ausgewiesen worden. "Das ist doch ein Zeichen, dass wir uns maßvoll entwickeln wollen." Aber Bruck brauche ein Gewerbegebiet, schließlich "haben wir ein großes Straßennetz und wir wollen auch unsere Schule behalten". Man habe als Gemeinde ja auch eine kommunalpolitische Verantwortung. Wenn man sinnvoll Gewerbe ansiedeln wolle, müsse ein Betrieb auch die Möglichkeit haben, sich zu vergrößern und brauche ein ausreichend großes Gelände - es gebe auch schon Interessenten. Eine Fläche angrenzend an das Grafinger Gewerbegebiet Schammach, die LBV und BN ins Spiel gebracht hatten, sei dafür viel zu klein. "Wir können nicht so nahe an den Waldrand gehen, da brächten wir wahrscheinlich nicht mal einen Hektar heraus." Im Übrigen "brauchen wir nicht den LBV, um uns solche Gedanken zu machen". Für Taglaching habe man sich entschieden, weil dort oberhalb des Geländes mit dem Betonwerk Demmel bereits ein Gewerbebetrieb bestehe. "Unser Bestreben ist es aber, eine saubere Eingrünung zu machen", und die Forderung nach Ausgleichsflächen erfülle die Gemeinde auch. Ähnlich sieht es auch Landrat Robert Niedergesäß (CSU): "Die Gemeinde Bruck ist bisher sehr restriktiv und sorgsam mit Bauleitplanung umgegangen, dies darf ihr jetzt nicht zum Nachteil ausgelegt werden." Es seien keine Schutzgebiete betroffen, die geplanten Ausgleichsflächen seien ebenfalls in Ordnung, "ja sogar zum Teil sehr gut". Die Gemeinde habe überdies ihre Planungen "in vorbildlicher Weise" mit dem Landratsamt und der Naturschutzbehörde vorbesprochen, um den rechtlichen Anforderungen des Naturschutzes gerecht zu werden

LBV und BN wird er damit kaum beruhigen. Der BN plant eine Postkartenaktion gegen die Taglachinger Pläne. Tatsächlich hatte vor etwa 20 Jahren das über der Straße gelegene Betonwerk Demmel vorgehabt, sein Gelände auf die fragliche Fläche auszudehnen. Das wurde unter anderem mit dem Hinweis auf den Eingriff in das Landschaftsbild abgelehnt, der für den "dem ästhetischen Eindruck offenen Betrachter als belastend und Unlust erregend" empfunden werden müsse.

© SZ vom 02.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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