Süddeutsche Zeitung

Führungen am Wochenende:Damit die Erinnerung wach bleibt

Eine Ausstellung im Ebersberger Landratsamt beleuchtet die Ereignisse des Ersten Weltkriegs

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Ernst blicken sie drein, feierlich, nur manche tragen ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Sie haben ihre besten dunklen Anzüge angezogen, ihre Koffer dabei, denn sie stehen kurz vor dem, was manche von ihnen zu diesem Zeitpunkt wohl noch als das größte Abenteuer ihres Lebens ansehen: den Beginn ihrer Soldatenzeit im Ersten Weltkrieg. Es ist der 4. August 1914, als sich die Männer auf dem Ebersberger Marienplatz zum Gruppenfoto versammeln. Zehn Tage später ist einer von ihnen schon tot, Josef Bauer ist der erste Ebersberger, der in diesem Krieg sein Leben ließ. Insgesamt starben dabei 84 junge Männer - viel für eine kleine Marktgemeinde, wie es Ebersberg damals noch war.

An der Stellwand im Ebersberger Landratsamt haben die drei Kreisheimatpfleger nur ein paar Fotos aus der Ebersberger Historie aufgehängt, rare Zeugnisse aus einer harten Zeit. In den richtigen Kontext gerückt werden sie von großen Schautafeln, die daneben aufgebaut sind. "14/18 - Mitten in Europa: Die Urkatastrophe des Ersten Weltkriegs und ihre Folgen für das 20. und 21. Jahrhundert" ist die Ausstellung des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge betitelt, die dort bis zum 16. November zu sehen ist. Zu einem sehr passenden Zeitpunkt: Am Sonntag jährt sich das Ende des Ersten Weltkriegs zum 100. Mal. Auch wenn sich das im Publikum bei der Ausstellungseröffnung nicht widerspiegelte, soll die Schau vor allem Jugendlichen vor Augen führen, wie es zum Krieg kommen konnte, was an der Front passierte und wie es den Menschen ging, die daheim um ihre Lieben bangen und nicht selten um ihre Existenz kämpfen mussten. Doch auch für diejenigen, bei denen die Schulzeit schon eine Weile zurück liegt, bietet die Ausstellung interessante Einblicke - und lässt beunruhigende Parallelen zur heutigen Zeit aufscheinen. "Das erinnert mich an das, was jetzt passiert: dass man sich so erhebt über die anderen und den Anspruch hat, ein besseres Volk zu sein", sagt Waltraud Gruber, Grünen-Politikerin und stellvertretenden Landrätin, nach dem Blick auf die Schautafeln, die den Weg in den Ersten Weltkrieg beschreiben.

Dass es tatsächlich auch heute nicht selbstverständlich ist, in Frieden leben zu dürfen, stellte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) in den Mittelpunkt seiner Rede. Die meisten Menschen in Europa seien in friedlichen Zeiten aufgewachsen, die Zeugen und das Erinnern schwänden, sagte Niedergesäß. Man müsse aber immer wieder deutlich machen, dass Frieden nicht selbstverständlich sei, Frieden sei "hart errungene Arbeit". Niedergesäß nutzte die Gelegenheit auch, um eine Lanze für Europa zu brechen: "Europa ist das größte Friedensprojekt, das es gibt. Wir müssen das als ein sehr hohes Gut führen." Man dürfe sich daher auch im kommenden Jahr "nicht von Populisten verleiten lassen, die Europawahl als billige Protestwahl zu sehen", betonte der Landrat.

Auch Maximilian Fügen, Bildungsreferent des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Bayern, unterstrich den Wert der Völkerverständigung und der friedenspädagogischen Jugend-, Schul- und Bildungsarbeit, die längst neben der Sorge für die Kriegsgräber eine zweite, gleichberechtigte Säule des Volksbundes geworden sei.

Die Ebersberger Kreisheimatpfleger bieten am Samstag und Sonntag, 10. und 11. November, kostenlose Führungen zum Thema Ebersberg im Ersten Weltkrieg an. Beginn ist jeweils um 14 Uhr am Landratsamt, danach werden die Fachleute bei einer Tour durch die Stadt auf besondere Stätten und Ereignisse hinweisen.

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Quelle:
SZ vom 07.11.2018
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