Ausstellung in der Klosterschule:Geschätztes Erbe

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Die "Fotofreunde Glonn" haben einen neuen Chef, Gilbert Pinggera aus der Nähe von Wasserburg. Die Jahresausstellung aber zeigt, dass man an individueller Kreativität festhalten will.

Von Anja Blum

Dafür, dass Gilbert Pinggera aus Schonstett seinem Heimatverein in den vergangenen Jahren immer mehr den Rücken gekehrt hat, gibt es vor allem einen Grund: Er wollte öfter an Wettbewerben teilnehmen. "Und dafür braucht man einfach die Unterstützung von Gleichgesinnten", sagt er. Preise zu gewinnen aber gehöre leider nicht zu den Zielen der Wasserburger Fotogruppe. Die Glonner Fotofreunde hingegen messen sich regelmäßig mit der Konkurrenz - und das sehr erfolgreich. Gerade erst haben sie bei der Oberbayerischen Fotomeisterschaft den zweiten Platz in der Clubwertung belegt, außerdem wurde eines ihrer Mitglieder, Johannes Schmidt nämlich, zum oberbayerischen Fotomeister 2021 gekürt. "Auch darauf sind wir sehr stolz", sagt Pinggera, der mittlerweile sogar der neue Vorsitzende der Glonner Fotofreunde ist.

Das Vanitas-Stillleben hat Bernhard Jungwirth inszeniert. (Foto: Veranstalter/oh)

Clubchef Sebastian Kugler nämlich war schon länger auf der Suche nach einem Nachfolger gewesen, aus gesundheitlichen Gründen wollte der 66-Jährige aus Bruck nicht mehr die ganze Last des Amtes auf seinen Schultern wissen. Nun ist er sehr froh, Pinggera dafür gewonnen zu haben, die beiden und auch der bewährte Stellvertreter Volker Jäger aus Zorneding scheinen bestens miteinander auszukommen. Zu dritt führen sie an diesem Vormittag durch die Galerie in der Glonner Klosterschule, wo von Freitag, 29. Oktober, an die Jahresausstellung der Fotofreunde zu sehen ist. Man sei sich "menschlich wie fotografisch" sehr nah, erzählt der 52-jährige Pingerra, "Sebastian ist an der Kamera so was wie mein Ziehvater". Insofern ist der scheidende Vorsitzende auch mitnichten auf dem Abstellgleis gelandet, ganz im Gegenteil: Er sei sehr froh über Kuglers Unterstützung und wolle weiterhin die im Verein etablierte Demokratie pflegen, so Pingerra, der als Maschinenbaumeister bei Meggle arbeitet. "Entscheidungen müssen gemeinsam gefällt werden, denn man braucht immer Mitstreiter."

Sebastian Kugler präsentiert auf seinem Foto die Toskana. (Foto: Veranstalter/oh)

Mit dem personellen Wechsel an der Spitze geht also mitnichten ein inhaltlicher Umschwung einher, Pinggera will vielmehr Kuglers geschätztes Erbe weiterführen. Was die Fotografie angeht heißt das vor allem, die Kreativität zu fördern, "auch das Verrückte zuzulassen" und die Mitglieder bei der Suche nach einer persönlichen und damit wiedererkennbaren Bildsprache zu unterstützen. Diese Jahresausstellung haben die Mitglieder unter das Motto "Minimalismus" gestellt, denn damit haben sie sich während der Corona-Krise immer wieder beschäftigt. "Wir haben uns regelmäßig über Teams ausgetauscht, und das hat eigentlich sehr gut funktioniert", berichtet Jäger. Der Vorteil eines solchen digitalen Treffens sei nämlich, dass erstens jeder alle seine Bilder auf dem Rechner parat habe, und zweitens, dass man über die entsprechenden Programme die einzelnen Bearbeitungsschritte einer Aufnahme nachvollziehbar machen könne. Insofern werde man dieses neue Format vielleicht auch nach Corona als Alternative beibehalten. Sogar zu einem wilden "Bildertausch" sei es auf diesem Wege gekommen: Wer wollte, konnte ein Foto weitergeben und von jemand anderem bearbeiten lassen. Ein neuer Ausschnitt, ein besonderer Filter, eine andere Farbgebung - "die Ergebnisse waren total verblüffend und lehrreich", so Kugler.

Harald Biebel kam dem Dill ganz nah. (Foto: Veranstalter/oh)

Ab wann kann der Fotograf tatsächlich nichts mehr weglassen? In der Jahresausstellung ist ein Raum komplett dem Minimalismus gewidmet, die Aufnahmen sind allesamt stark reduziert, was das Motiv zumeist stark abstrahiert und verfremdet, vieles erscheint dadurch wie gemalt. Die Fotofreunde haben hier architektonische Details in Szene gesetzt, Türen etwa oder Treppen, es gibt aber auch Landschaften zu sehen, einen menschenleeren Strand zum Beispiel oder verwackelte Felder, aus einem Flugzeug fotografiert. Manches taucht aus dem Nebel oder Schnee auf, eine Traubenhyazinthe oder Holzpflöcke, und selbst ein menschliches Hinterteil wird zur reinen Geometrie, wenn es für sich alleine steht.

Der langjährige Chef der Fotofreunde hat den Stab an Pinggera (Mitte) und Volker Jäger (links) übergeben. (Foto: Christian Endt)

Ansonsten aber bietet die Schau wieder die gewohnte Vielfalt der Glonner Fotofreunde. So mancher hat sich dem Thema Minimalismus auch mit anderen Bildern gewidmet, Kugler zum Beispiel hat die Schwarz-Weiß-Optik ganz neu für sich entdeckt. Derart farblich reduziert zeigt er Menschen in der U-Bahn, ein irres Spiel mit Spiegelungen, das die zunehmende Vereinsamung verdeutlichen soll. Aber auch die Landschaft der Toskana oder unbehandelte Teller aus einer Porzellanmanufaktur, ein kaum zu erkennendes, kontrastreiches Motiv. Weniger ist mehr - das heißt es auch bei Pinggera, der dem Betrachter die Street Art des Straßenbauamts vor Augen führt und in einer anderen Serie nur weiße Segel zeigt, anstatt die Schönheit der kanarischen Inseln. In abstrahierte Flächen und Linien verwandelt auch Jäger seine Motive, sei es die Landschaft bei Niederpframmern, die Adria oder der Wasserburger "Dschungel". Einen neuen Ansatz in der Naturfotografie zeigt hingegen Harald Biebel, angelehnt an die japanische Haiku-Tradition schafft er mit Unschärfe Raum für Interpretation. Außerdem spielt er wieder einmal mit architektonischen Strukturen. Eine Treppe hat es auch Gisela Wimmer angetan: Sie rückt eine Lichtinstallation von Rem Koolhaas in der "Zeche Zollverein" ins rechte Licht.

Der Basketballer aus Teer wurde von Gilbert Pinggera entdeckt. (Foto: Veranstalter/oh)

Manche Aufnahmen jedoch brechen das Thema Reduktion, bestechen vielmehr mit Üppigkeit. Allen voran Bernhard Jungwirth mit seinen Vanitas-Stillleben, perfekte Inszenierungen der Vergänglichkeit. Oder Norbert Alexy, der mittels Rotation bunte Kaleidoskope kreiert und Alltägliches durch einen beherzten Blick nach oben verfremdet. Südtirol ohne Sonnenschein, das ist das Thema von Alexander Gohlke, märchenhafte Aufnahmen von dunklen Tannen, Wiesen und Kühen im Nebel. Johannes Schmidt wiederum porträtiert einen trotz Kriegsbemalung friedlich wirkenden Zeitgenossen, und die Seniorin der Fotofreunde, die 95-jährige Inge Kolb, hat den Stachus bei Nacht besucht. "Sie ist so fit und kreativ, das ist echt beeindruckend", sagt Kugler. Auch darin sind sich die drei Ausstellungsmacher einig.

"Fotofreunde", Jahresausstellung in die Galerie Klosterschule in Glonn, Eröffnung am Freitag, 29. Oktober, um 19.30 Uhr. Weitere Öffnungszeiten am Samstag, 30. Oktober, 14 bis 18 Uhr, Sonntag, 31. Oktober, 10 bis 18 Uhr sowie Samstag, 6. November, 14 bis 18 Uhr und Sonntag, 7. November, 10 bis 18 Uhr.

© SZ vom 28.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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