Forstmaier-Hof:Kollektive Panikattacke

Geheim bleibt im Online-Zeitalter nichts mehr - auch dann nicht, wenn es sich um Privatangelegenheiten handelt.

Von Karin Kampwerth

Vor vielen vielen Jahren, als sich das Online-Zeitalter, wenn man es denn mit der erdgeschichtlichen Entwicklung vergleichen möchte, so in etwa im Jura befand, kannte manch heutiger Internetdinosaurier noch die Redewendung, dass man aus einer Mücke keinen Elefanten machen soll. Inzwischen ist die Verbindung vom Stechinsekt zum Dickhäuter längst überholt: Schließlich ist eine stattliche Anzahl an Mitteilungen, die in sozialen Netzwerken gepostet werden, in ihrer Wertigkeit einerseits zwar deutlich kleiner als eine Mücke. Was andererseits leider aber immer wieder dazu führt, Winzigkeiten zu einer kommunikativen Panikattacke hochzutriggern. So geschehen am Mittwoch in Jakobneuharting.

Dort befindet sich der landwirtschaftliche Betrieb einer Familie, die aufgrund ihrer zum Teil öffentlich ausgetragenen Streitereien ins Gerede gekommen ist. Nachdem der Jungbauer in einem Rechtsstreit gegen die Mutter unterlag und daraufhin den Hof verlassen musste, kümmert sich nun die Altbäuerin um Ackerland, Stallungen und die Viecher. Nur den Nachbarn passt das überhaupt nicht. Sie wollen die Jungbauern samt ihrer fünf Kinder zurück auf den Hof haben. Dafür wählten sie mitunter grenzwertige Mittel wie Fackelzüge um den Hof herum, die stark an Haberfeldtreiben aus dem Mittelalter erinnerten.

Die Hetze gegen die Altbäuerin findet nun einen nächsten Höhepunkt darin, dass sie offenbar auf Schritt und Tritt überwacht wird. So verbreitete sich mit den Hilfsmitteln der modernen Kommunikationstechnik am Mittwochmorgen die Nachricht, dass ein Viehtransporter auf dem Hof vorgefahren sei, wohl - so die Spekulation - um die Rinder abzuholen, um die sich angeblich niemand mehr recht kümmere, seitdem der Jungbauer fort ist. Bei genauerem Hinsehen zeigte sich dann aber, dass es lediglich ein paar wenige Viecher waren, die den für solche landwirtschaftlichen Betriebe üblichen Weg zum Schlachter antraten. Doch auch die Tatsache, dass am Nachmittag erneut ein Viehtransporter vorfuhr, macht daraus keinen Skandal. Denn die Tiere auf dem Hof, egal ob Mücke, Elefant oder Rindvieh, gehören nun mal der Altbäuerin, und damit kann sie tun und lassen, was sie will.

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