Süddeutsche Zeitung

Forderung nach Mindestabstände:Gegenwind aus der Staatskanzlei

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Die Pläne von Ministerpräsident Horst Seehofer stellen sämtliche Windkraftprojekte im Landkreis in Frage

Von Wieland Bögel

Der Ausbau der Windkraft im Landkreis Ebersberg steht nach den neuesten Ankündigungen des Bayerischen Ministerpräsidenten auf der Kippe. Horst Seehofer (CSU) hatte in den vergangenen Wochen wiederholt gefordert, den Mindestabstand zwischen Windrädern und Wohnbebauung drastisch zu vergrößern. Dieser solle, so Seehofer, mindestens das Zehnfache der Höhe des betreffenden Windrades betragen. Im Landratsamt und bei der Münchner Firma Green City Energy, dem möglichen Betreiber des Windparks im Forst, zeigt man sich besorgt.

Der Landkreis Ebersberg bemüht sich, den Ausbau der Windkraft mit den Wünschen der Anlieger in Einklang zu bringen. Auch sollen nicht einzelne Kommunen über Gebühr belastet werden, etwa weil sämtliche Nachbarn an den Gemeindegrenzen große Windparks aufstellen. Aus diesem Grund haben die Städte und Gemeinden im Landkreis zusammen mit dem Klimaschutzmanager des Kreises, Hans Gröbmayr, einen interkommunalen Flächennutzungsplan zur Windkraft erarbeitet. Dieser wird derzeit in sämtlichen 21 Stadt- und Gemeinderäten des Landkreises behandelt. In diesem Flächennutzungsplan sind sogenannte Konzentrationsflächen ausgewiesen, in denen die Nutzung der Windkraft grundsätzlich möglich ist.

Allerdings geht der Plan bislang von einem Mindestabstand von 800 Metern zu Wohngebieten, zu Gewerbeflächen und im Außenbereich sogar nur von 600 Metern aus. Lediglich für den Windpark im Forst, den Green City Energy errichten lassen möchte, und der nicht Bestandteil des Flächennutzungsplans ist, gelten größere Abstände. Hier wurde vor einem Jahr zwischen Green City Energy und den drei Anliegergemeinden Anzing, Vaterstetten und Zorneding ausgehandelt, dass sich die Rotoren 1500 Meter vom nächsten Wohnhaus entfernt drehen sollen. Da die Anlagen inclusive Rotor aber knapp 180 Meter Höhe erreichen sollen, wäre das immer noch 300 Meter weniger, als nun vom Ministerpräsidenten gefordert.

Beim möglichen Betreiber der Rotoren im Forst sieht man diese Pläne darum mit Sorge. "Wir hoffen natürlich, dass es nicht so kommt", sagt Lara Rottensteiner von Green City Energy. Denn müssten Anlagenplaner und -bauer künftig Mindestabstände, wie sie Seehofer vorgeschlagen hatte, einhalten, sei das "für die Energiewende in Bayern verheerend". Auch für die geplanten fünf Rotoren im Ebersberger Forst würde es das Aus bedeuten, befürchtet man bei Green City Energy. Aber nicht nur der Windpark werde damit wohl unmöglich, so Rottensteiner, "alle Standorte im Landkreis Ebersberg würden ausfallen".

Mit dieser Befürchtung steht Rottensteiner nicht allein. Ganz ähnlich hatte sich Klimaschutzmanager Gröbmayr am vergangenen Mittwoch im Umweltausschuss des Kreistages geäußert. Müsste man die nun von Ministerpräsident Seehofer ins Gespräch gebrachten Abstände einhalten, sei nicht nur der interkommunale Flächennutzungsplan obsolet, sondern die Nutzung von Windkraft im Landkreis generell wohl unmöglich, zeigte sich Gröbmayr besorgt.

Im Landratsamt steht man der Idee aus der Staatskanzlei ebenfalls skeptisch gegenüber. Zwar sei er grundsätzlich für einen möglichst großen Abstand zwischen Windrädern und Wohnhäusern, so Landrat Robert Niedergesäß (CSU). Persönlich spreche er sich für einen Mindestabstand von 1000 Metern zur Wohnbebauung aus. Den von Seehofer ins Gespräch gebrachten Mindestabstand von einem Zehnfachen der Höhe halte Niedergesäß allerdings nicht für sinnvoll. Auch wenn er einräumt, dass dies "für betroffene Anlieger wünschenswert und in Einzelfällen sicherlich machbar" sei. Trotzdem bedeute ein genereller, rechtsverbindlicher Mindestabstand in dieser Größenordnung "den Tod für eine sinnvolle Nutzung der Windenergie im Landkreis Ebersberg". Dies sei, so Niedergesäß, "im Sinne der Energiewende nicht vertretbar, Windenergie muss dort, wo genügend Wind diese Energieform sinnvoll macht, auch möglich sein".

Ob dies der Fall ist, steht indes ohnehin noch nicht fest. Im März dieses Jahres nahm die Messstation am möglichen Standort des Windparks den Betrieb auf. Ein Jahr lang sollen nun in 140 Meter Höhe Daten gesammelt werden, um zu ermitteln, ob der Wind im Westen des Ebersberger Forstes tatsächlich stark genug bläst, dass sich ein Windpark auch rechnet. Mit ersten Ergebnissen sei nicht vor September zu rechnen, sagt Lara Rottensteiner von Green City Energy, nach einer Messdauer von einem halben Jahr werde es einen ersten Zwischenbericht geben.

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Quelle:
SZ vom 22.06.2013
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