Flüchtlingsunterkunft:Abgrenzen gegen die Abgrenzer

Als Reaktion auf die Proteste einiger Anwohner gegen eine Asylbewerberunterkunft in der Wendelsteinstraße haben Anzinger Bürger nun einen Unterstützerkreis für die Flüchtlinge gegründet.

Von Katharina Blum

Den Asylbewerbern, die in Anzing unterkommen sollen, streckten sich doch noch viele helfende Hände entgegen. Weil sie "empört waren, was in den Aussagen der Nachbarn durchkam", haben zehn Anzinger den Unterstützerkreis "Offenes Anzing" gegründet und damit auf die Protestmails der Anwohner an Landrat Robert Niedergesäß gegen eine Flüchtlingsunterkunft im alten Forsthaus in der Wendelsteinstraße reagiert. "Wir wollen uns abgrenzen von denen, die sich abgrenzen wollen", erklärt Reinhard Oellerer. Der Grünen-Gemeinderat geht davon aus, dass noch mehr Bürger einen Beitrag zur Integration leisten wollen, der Termin am Freitagabend für viele aber zu kurzfristig kam.

Einige Anzinger haben sich zuletzt besonders fremdenunfreundlich gezeigt. Anwohner klagten in Mails an Lokalpolitiker und den Landrat, die Unterbringung von 20 bis 30 Asylbewerbern sei nicht "sozial verträglich" - weder in ihrem Wohngebiet noch sonstwo in Anzing. Eine Anwohnerin erwägt rechtliche Schritte gegen die "himmelschreiende Ungerechtigkeit" des Landkreises. Beim ersten Treffen des Unterstützerkreises informierte Oellerer, der Moderator des Abends, darüber, dass der Landkreis keine Wahl habe. Bei der Aufnahme von Flüchtlingen handle es sich um eine Pflichtaufgabe. Insgesamt leben hier derzeit 225 Asylbewerber, die meisten davon in Grafing. In Anzing waren bisher keine Flüchtlinge untergebracht. "Nicht einmal ansatzweise" habe es in anderen Gemeinden ähnlich heftige Reaktionen gegeben, so Niedergesäß. Viele Gespräche mit dem Landrat und den Mitarbeitern habe er geführt, erklärt Oellerer, so dass er fest davon ausgeht, dass nun auch Anzing nicht in eine Situation kommt, "die nicht sozial verträglich oder nicht beherrschbar ist". Er sei froh, dass es keine Container gibt, sondern eine recht gute Liegenschaft. "Diese wird mit Staatsmitteln ausgebaut, dann nicht unterbelegt und hoffentlich auch nicht überbelegt werden."

Anzings Bürgermeister Franz Finauer hat schon konkrete Vorstellungen, wie viele Flüchtlinge in das alte Forsthaus einziehen sollen. Bei einem Treffen mit Anwohnern hat er versprochen, dass er sich dafür einsetzt, dass keine 20 bis 30 Asylbewerber untergebracht werden. In seinem Brief an das Landratsamt schreibt der Bürgermeister: "Unter Berücksichtigung der gewachsenen Wohnstruktur in der direkten Nachbarschaft mit vielen Kleinfamilien und der überschaubaren Größe der Gemeinde sollte die Belegung im Bereich von sechs bis acht Personen (bei reiner Belegung mit Männern) oder von acht bis zehn Personen (bei Belegung mit Familien) liegen." Oellerer geht davon aus, dass der Landkreis auf eine verträgliche Zusammensetzung achtet: "Aber man kann doch nicht sagen, dass sie die jungen Männer vor Lampedusa ins Meer werfen sollen."

Der Unterstützerkreis hat bei seinem ersten Treffen die Aufgabengebiete abgesteckt, die künftig von Bedeutung sein können. "Die ganze Bandbreite, was man eben so macht, wenn man eine Hilfsaktion startet", wie es Oellerer ausdrückt. Die Bandbreite könnte etwa Sprachunterricht, Mitgliedschaft in Vereinen, Gesundheitsfragen, gemeinsame Treffen, vernünftige Beschäftigungsmaßnahmen oder eine Art Dienstplan umfassen, auf dem für jeden Tag ein Ansprechpartner notiert ist, falls es Probleme geben sollte. "Das zu konkretisieren ist schwierig, so lange man nicht weiß wer, wie viele und welche Nationen kommen." Zum Unterstützerkreis gehören auch Bürger, die vor vielen Jahren schon Flüchtlingen aus Jugoslawien geholfen haben. Sie haben vor Aufrufen gewarnt, dass jeder Sachspenden vorbeibringen soll: Da werden die Dachböden geleert, mit Sachen, die keiner mehr haben will.

Das nächste Treffen findet am Freitag, 13. Dezember, um 17 Uhr statt. Der Ort steht noch nicht fest. Weitere Infos bei Reinhard Oellerer, Telefon, (08121) 4 04 90, oder per E-Mail an reinhard.oellerer@arcor.de.

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