Flüchtlingsdemo in Ebersberg:Legitimer Protest, falsches Mittel

Die Aktion vor dem Landratsamt richtet sich zum Teil nicht nur an die falsche Adresse, sie kostet die Teilnehmer auch Sympathien

Kommentar von Barbara Mooser

Dankbarkeit ist keine tagesfüllende Beschäftigung. Wer jung ist und die Hoffnung hat, dass sich das eigene Leben irgendwann einmal zum Besseren wendet, wird auf Dauer keine Befriedigung darin finden, den ganzen Tag auf seiner Pritsche im Mehrbettzimmer zu liegen und sich allein an der Tatsache zu erfreuen, dass momentan keine Gefahr für Leib und Leben oder existenzielle Not droht. Man will arbeiten, man will eine eigene Wohnung haben, man will irgendwann eine Familie gründen und selbst für sie sorgen - das sind zutiefst menschlicher Wünsche. Geflüchteten, die Unzufriedenheit mit ihrer Situation äußern, Undankbarkeit vorzuwerfen, würde daher völlig ins Leere zielen.

Die Forderungen sind verständlich, aber Erpressung ist keine Lösung

Es ist absolut legitim, dass Menschen, die mit vielen Hoffnungen nach Deutschland gekommen sind, ihre Sicht der Dinge deutlich machen, auch Forderungen stellen. Das ist das Recht auf freie Meinungsäußerung, das für sie ebenso gilt wie für jeden anderen. Und nachvollziehbar sind die Klagen der jungen Flüchtlinge vor dem Landratsamt durchaus: Teilweise seit Jahren sind sie zur Untätigkeit verdammt, oft wissen sie gar nicht, wie sie die Tage herumbringen sollen, die sie so gern auf sinnvolle Weise ausfüllen würden. Die elend langen Asylverfahren und das Arbeitsverbot selbst für Geflüchtete, die schon lange hier sind, sind schon von vielen Seiten kritisiert worden, nun weisen eben auch einmal wieder diejenigen darauf hin, die direkt davon betroffen sind.

Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die jungen Pakistani, die jetzt vor dem Landratsamt kampieren, den falschen Weg für ihren Protest gewählt haben. Und in manchen Fällen sogar die falsche Adresse: Was, bitte, sollte die Behörde für einen Flüchtling tun, der in einem ganz anderen Landkreis gemeldet ist? Schon bei früheren Aktionen hat die Vereinigung "Refugee Struggle for Freedom" die Schutzsuchenden nicht immer gut beraten, die Eskalationen in München haben zwar etliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen, aber die Teilnehmer auch viele Sympathien gekostet. In München haben sich die Behörden nicht dazu erpressen lassen, den Protestierenden eine Sonderbehandlung zukommen zu lassen, ähnlich werden es sicher die Zuständigen im Ebersberger Landratsamt halten. Die Qualen eines trockenen Hungerstreiks sollten sich die jungen Männer daher lieber ersparen.

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