Flüchtlinge:Landratsamt verwirft Turnhalle als Notunterkunft

Die 20 angekündigten Asylbewerber kommen nun doch erst in einigen Wochen: dem Landratsamt bleibt Zeit, geeignete Gebäude zu finden.

Inga Rahmsdorf

Vorerst werden nun doch keine Asylbewerber in der Turnhalle der Realschule Ebersberg untergebracht. Das Landratsamt erklärte am Dienstagnachmittag, dass die Regierung von Oberbayern die Zuweisung von etwa 20 Asylbewerbern um einige Wochen verschoben habe. Das Landratsamt soll so die Möglichkeit bekommen, Gebäude, die noch in Frage kommen könnten, zu prüfen und baulich so vorzubereiten, dass sie als Unterkunft für Asylbewerber genutzt werden können.

Flüchtlinge: Nun kann Markus Schwarzenböck die Decken und Feldbetten erst einmal wieder einpacken. Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) Ebersberg hatte sich schon darauf vorbereitet, in der Turnhalle der Ebersberger Realschule die Notunterkünfte für etwa 20 Asylbewerber einzurichten.

Nun kann Markus Schwarzenböck die Decken und Feldbetten erst einmal wieder einpacken. Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) Ebersberg hatte sich schon darauf vorbereitet, in der Turnhalle der Ebersberger Realschule die Notunterkünfte für etwa 20 Asylbewerber einzurichten.

(Foto: EBE)

"Die Notlösung Turnhalle kann Gott sei Dank im Moment zurückgestellt werden", sagte Stephanie Geisler, die zuständige Abteilungsleiterin im Landratsamt. Höchstwahrscheinlich könne noch eine andere Lösung gefunden werden. Nicht zuletzt die Berichterstattung in der Süddeutschen Zeitung hat dazu geführt, dass dem Landratsamt weitere Gebäude genannt wurden", teilte Evelyn Schwaiger vom Landratsamt am Dienstag mit. So sei unter anderem der alte katholische Kindergarten an der Hupfauer Höhe in Ebersberg als Objekt angeboten worden. Ob sich das Gebäude eigne, müsse das Landratsamt nun überprüfen.

Geisler sagte, sie hoffe, dass sich noch weitere Landkreisbewohner angesprochen fühlen und freien Wohnraum zur Verfügung stellen. Mieter wäre das Landratsamt, das die ortsübliche Miete zahle. Falls Schäden während der Mietzeit auftreten sollten, werden sie vom Landratsamt beglichen, so Geisler.

Am Freitag vergangener Woche hatte Eberhard Laspe, Schulleiter der Realschule Ebersberg, die Mitteilung vom Landratsamt erhalten, dass die ältere der beiden Sporthallen ab kommender Woche für die Unterbringung von 20 Asylbewerbern genutzt werden soll. Der Rektor reagierte sehr aufgeschlossen auf die kurzfristige Notlösung des Landratsamtes. Es sei nicht einfach so eine Situation in den Schulalltag zu integrieren, sagte er, "doch Not macht erfinderisch". Zudem sei es selbstverständlich, dass man den Asylbewerbern helfen werde. Eine Lehrerin hatte zudem spontan angeboten, bei ihr zu Hause einen oder zwei Flüchtlinge unterzubringen.

Rektor Laspe zeigte sich auch beeindruckt von dem Engagement vieler Schüler. Sie hätten von sich aus vorgeschlagen, die Asylbewerber in den Unterricht einzuladen und für sie Kleidung oder andere Spenden zu sammeln.

Doch nicht alle Reaktionen in der Schule waren so positiv gewesen. Es hatte auch kritische Stimmen von Lehrern und Eltern gegeben, die Beeinträchtigungen des Schulalltags befürchteten. Das Landratsamt hatte bereits geplant, einen Teil des Schulhofs abzutrennen und dort Container für Sanitäranlagen und Kochgelegenheiten aufzustellen. Zudem hätte es einen getrennten Eingang für die Flüchtlinge in die Turnhalle gegeben. Doch vorerst können nun weiter Schüler und Vereine in der Halle trainieren. Als Laspe von der Planänderungen des Landratsamtes erfuhr, informierte er umgehend die Schüler und Lehrer sowie die Eltern per Mail.

Auch Anne Cohrs von dem Verein Ausländerhilfe Ebersberg zeigte sich sehr erfreut über die neuen Pläne. "Es ist alles besser als die Turnhalle", sagte sie. Die Unterbringung in einer Halle sei menschenunwürdig, "jeder Tag dort ist schlimm für die Flüchtlinge". Cohrs kümmert sich maßgeblich um die seit Dezember im Landkreis lebenden Asylbewerber und organisiert Deutschkurse für sie. Der zeitliche Aufschub ermögliche ihr nun auch, sich besser auf die neuen Flüchtlingen vorzubereiten.

Nicht nur im Landratsamt liefen bis zum Dienstag die Vorbereitungen für die Unterbringung in der Turnhalle auf Hochtouren. Auch das Bayerische Rote Kreuz (BRK) hatte sich bereits auf einen Noteinsatz vorbereitet. Um eine Turnhalle in eine Notunterkunft zu verwandeln, ist einiges an logistischem Aufwand nötig. Das Landratsamt hatte das BRK um Hilfe bei der Organisation gebeten. Im Lager der Zentrale des BRK in Ebersberg liegen etwa 100 Säcke mit Feldbetten, die in wenigen Handgriffen aufgebaut werden können, sowie Kisten mit Decken. Doch damit ist die Sache bei weitem nicht getan. "Zu einer Unterkunft gehört wesentlich mehr, als nur Betten und Decken reinzustellen", sagte Kreisbereitschaftsleiter Markus Schwarzenböck vom BRK in Ebersberg.

Auf das BRK und das Landratsamt wären mit der Unterbringung in der Turnhalle eine Menge Arbeit zugekommen. Bettwäsche, Handtücher, die Sanitäranlagen und die Kochgelegenheiten müssen organisiert werden, wenn Menschen in der Turnhalle untergebracht werden sollen, sagt Schwarzenböck. Zudem sei es zwar sinnvoll Stellwände aufzustellen, damit besonders ältere Menschen sich auch einmal zurückziehen können. Doch damit stellen sich auch wieder neue Herausforderungen an den Brandschutz.

Zudem müsse rund um die Uhr jemand vor Ort in einem Lager sein, sagt Schwarzenböck. Auch das Krisenteam des BRK in Kirchseeon stand schon bereit. Etwa 20 Ehreamtliche zählen dazu, die geschult darin sind, Menschen in Notlagern zu betreuen - von der Registrierung über die Verpflegung und die Hygiene bis hin zu der psychischen und sozialen Betreuung. Bei der Unterbringung von Asylbewerbern in einem Lager kommen zudem noch weitere Herausforderungen hinzu. Viele sind geflohen und dadurch hoher psychischer Belastung ausgesetzt. Zudem müssten ethnische und religiöse Besonderheiten berücksichtigt werden. Sprachliche Barrieren erschweren die Arbeit für die Helfer. Und länger als zwei oder drei Monate wäre so eine Unterbringung in einer Turnhalle auch gar nicht möglich, sagt Schwarzenböck. "Je länger Personen im Lager sind, um so schwieriger wird auch das Miteinander." Schließlich gebe es dort kaum Privatsphäre.

Interessierte, die Wohnraum für die Unterbringung von Asylsuchenden vermieten möchten, können sich unter der Telefonnummer 08092 / 823 120 im Landratsamt melden. Das Landratsamt zahlt die ortsübliche Miete und kommt auf, falls Schäden entstehen sollten.

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