Geflüchtete im Landkreis:Nach dreieinhalb Bussen ist Schluss

Geflüchtete im Landkreis: Nur noch ein Bett frei: Im früheren Sparkassengebäude werden gerade noch Büros zu Schlafräumen umgebaut. Die Kapazitäten sind dennoch begrenzt.

Nur noch ein Bett frei: Im früheren Sparkassengebäude werden gerade noch Büros zu Schlafräumen umgebaut. Die Kapazitäten sind dennoch begrenzt.

(Foto: Christian Endt)

Das frühere Sparkassengebäude in Ebersberg wird weiter zur Flüchtlingsunterkunft ausgebaut, mehr als 200 Menschen sollen dort untergebracht werden. Wie es danach weiter geht, ist derzeit allerdings unklar.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Wenn Ende des Jahres das Impfzentrum im früheren Sparkassengebäude zumacht, wird es sehr schnell neue Nutzer für die Räume geben: Auch in diesem Bereich des Hauses sollen künftig Geflüchtete untergebracht werden - ebenso wie in dem Trakt, in dem bisher unter anderem der Kreistag seine Sitzungen abhielt. Mehr als 200 Menschen werden in dem Gebäude nahe des Ebersberger Bahnhofs letztlich insgesamt Platz finden, das haben Landrat Robert Niedergesäß (CSU) und Brigitte Keller, Leiterin der Abteilung Zentrales im Landratsamt, am Dienstag bei einem Pressegespräch erläutert. Doch wie es danach weiter geht, ist unklar: Noch hat das Landratsamt keine größeren Immobilien aufgetan, die sich für die Flüchtlingsunterbringung eignen würden. Der Landrat sieht in diesem Bereich nun den Bund in der Pflicht: Die Nutzung bundeseigener Immobilien könnte helfen, die Lage zu entspannen, so Niedergesäß.

Gewerbehallen wären ebenso willkommen wie leer stehende Bürogebäude

Das Sparkassengebäude wird bereits seit Ende November als Ankunftszentrum für Geflüchtete genutzt. Der Plan wäre, dass die Menschen von hier zügig auf andere, dezentrale Unterkünfte weiter verteilt werden. Doch davon gibt es nicht annähernd genügend. In der vergangenen Woche war ein Zweifamilienhaus in Pliening mit 30 Geflüchteten belegt worden, acht sind aber inzwischen wieder ausgezogen. Beim Verwaltungsgericht war ein Eilantrag eingegangen, in dem erläutert wurde, dass die Unterbringung im Dachgeschoss aus Sicherheitsgründen nicht zulässig sei. Eine Entscheidung sei hier zwar noch nicht gefallen, dennoch habe man sicherheitshalber schon reagiert, so Niedergesäß.

Für ein paar kleinere Objekte ist der Landkreis in Verhandlungen mit den Eigentümern, doch wünschenswert wären laut Niedergesäß außer Wohnhäusern vor allem größere gewerbliche Objekte, die leicht umzubauen wären - Gewerbehallen wären ebenso willkommen wie leer stehende Bürogebäude. Er hofft, dass die Gemeinden den Landkreis nun unterstützen, um - wie versprochen - die Umnutzung kreiseigener Turnhallen zu Flüchtlingsunterkünften vermeiden zu können. "Das ist immer noch unser Anspruch", so Niedergesäß, "aber wir können die Leute auch nicht erfrieren lassen."

Viel Zeit bleibt den Fachleuten im Landratsamt nicht, Wohnungen oder Häuser für die Geflüchteten aufzutun. An diesem Mittwoch wird bereits der nächste Bus mit 50 Menschen erwartet, diese werden im zweiten Stock des früheren Sparkassenbaus untergebracht - nachdem im zum Schlafsaal umfunktionierten Sitzungssaal nur noch ein Bett frei ist, mussten laut Keller nun in großer Eile weitere Schlafplätze eingerichtet werden. Zusätzliche Kapazitäten werden danach im ersten Stock sowie in der früheren Schalterhalle geschaffen, in der derzeit noch das Impfzentrum seinen Sitz hat. Für Probleme mit dem Brandschutz, der bisher die Nutzung vieler Räume verhinderte, hat man laut Niedergesäß Lösungen gefunden. Unter anderem werden zusätzliche Fluchttreppen installiert und Brandschutzwachen eingesetzt. Insgesamt können im Sparkassenbau rechnerisch noch die Menschen aus dreieinhalb Bussen untergebracht werden, dann ist Schluss.

Geflüchtete im Landkreis: Insgesamt wird das frühere Sparkassengebäude bald Platz für mehr als 200 Geflüchtete bieten.

Insgesamt wird das frühere Sparkassengebäude bald Platz für mehr als 200 Geflüchtete bieten.

(Foto: Christian Endt)

Doch nicht nur die mangelnden Unterbringungsmöglichkeiten sind ein Problem, auch die Tatsache, dass es inzwischen lange nicht mehr so viele ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuer gibt wie nach den großen Fluchtbewegungen im Jahr 2015 und danach, macht die Lage schwierig. Zwar gebe es immer noch Menschen, die den Geflüchteten nach der Ankunft bei der Integration helfen wollten, doch große Helferkreise wie zur damaligen Zeit stünden nun eben nicht mehr zur Verfügung, so Niedergesäß. Auch für die Ehrenamtlichen seien die vergangenen Jahre sehr anstrengend und herausfordernd gewesen.

Der Landrat ist nach eigenen Angaben deshalb mit der Regierung von Oberbayern in Kontakt, aber auch mit Landräten aus anderen Landkreisen, die ähnliche Probleme haben wie Ebersberg. Eine Lösung könnte ihrer Ansicht nach sein, wenn der Bund hier mehr Verantwortung übernehmen und eigene Liegenschaften für die Unterbringung von Geflüchteten zur Verfügung stellen würde.

Im Landkreis Ebersberg gibt es zwar solche nach Kenntnis des Landrats nicht, allerdings in den Nachbarlandkreisen München und Erding, beispielsweise am dortigen Fliegerhorst. Hier war nach 2015 der sogenannte "Warteraum Asyl" eingerichtet worden, ein Ankunftszentrum für Geflüchtete, das über etwa 3000 Schlafplätze in alten Flugzeugunterständen und einem Dutzend relativ neuer Leichtbauhallen verfügte. Ende 2021 wurde die Einrichtung endgültig abgebaut, nachdem sie schon einige Jahre zuvor nicht mehr genutzt worden war. In manchen Landkreisen mit Bundesimmobilien zögen die Landräte sogar eine Beschlagnahmung in Erwägung - dies sei aber "nicht so einfach", so Niedergesäß.

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