Geflüchtete im Landkreis:Auf engstem Raum

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Das frühere Sparkassengebäude in Ebersberg ist inzwischen eine Flüchtlingsunterkunft. (Foto: Christian Endt)

Immer weniger Platz für immer mehr Geflohene: Am Montag wurden im kleinen Plieninger Ortsteil Landsham-Moos 30 Menschen in einem Zweifamilienhaus untergebracht. Wie soll es nun weitergehen?

Von Sina-Maria Schweikle, Pliening/Ebersberg

30 Menschen, die auf 220 Quadratmetern miteinander leben. Rund sieben Quadratmeter pro Person. Viel Platz für für den Einzelnen gibt es da nicht. Für 30 geflüchtete Männer aus Syrien und Jemen ist das nun Realität. Seit Montag leben sie in einem Zweifamilienhaus in dem Plieninger Ortsteil Landsham-Moos. Geflohen vor Kriegen und Krisen haben sie nun in dem 302-Seelen-Dorf ein neues Zuhause gefunden.

Dass Geflüchtete in Landsham-Moos untergebracht werden sollen, war keine Entscheidung, die von heute auf morgen getroffen wurde. Nach eigenen Angaben wurde der Plieninger Bürgermeister Roland Frick (CSU) bereits im Oktober darüber informiert, dass zwei private Häuser in seiner Gemeinde zur Unterbringung von insgesamt 32 Asylbewerbern angemietet wurden. Fraglich bleibt, wie viele Menschen in das zweite Anwesen ziehen, wenn nun allein schon 30 Personen in nur einem der beiden Häuser leben. Was ist zu erwarten? Laut Frick weiß man noch nichts Näheres - nur, dass geplant ist, Familien in diesem Haus unterzubringen.

"Die Menschen haben Angst"

Um die Bürgerinnen und Bürger über den aktuellen Stand und die Entwicklungen bezüglich der Unterbringung der Geflüchteten in Landsham-Moos zu informieren, hat Bürgermeister Frick vergangenen Freitag zu einer Bürgerversammlung geladen. Etwa 40 Personen waren anwesend. "Die Menschen haben Angst", sagt Frick in einem Telefonat mit der SZ. Sie würden sich darum sorgen, was der Zuzug der Männer aus Syrien und Jemen für sie und ihre Familien bedeutet. Doch es scheint nicht nur die Sorge um das eigene Wohl zu sein, das die Bewohner umtreibt. Nach Aussage von Frick fragen sich diese auch, wie sich die Männer auf so engem Raum entfalten und integrieren könnten - vor allem auch in einer so ländlichen Gegend. Fragen, für die der Bürgermeister Verständnis zeigt: "Es ist ein Einschnitt in das Gemeindeleben", sagt er.

Ein Einschnitt, der nicht nur im Landkreis Ebersberg spürbar ist. "Die staatliche Asyl- und Flüchtlingsunterbringung in Bayern ist kurz vor der Vollauslastung", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des Bayerischen Innenministeriums. Mit einem Gesamtzugang von rund 216 600 Asylbewerbern und Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine sei seit Jahresbeginn in Bayern in diesem Jahr das höchste Niveau seit 2015 erreicht worden - das Ankerzentrum sei überbelegt. Dementsprechend stünden derzeit keine freien Plätze mehr zur Verfügung. Auch die Situation in der Anschlussunterbringung sei zunehmend angespannt.

Eine Anspannung, die im Landkreis Ebersberg längst angekommen ist: Die zuständige Stellen sind seit langem überlastet und die Kapazitäten einer Unterbringung ausgeschöpft. Für die Zukunft rechnet das Innenministerium mit noch höheren Zugangszahlen - und zwar in einer Höhe, dass die bisherigen Unterkunftsplätze in den kommenden Monaten wohl restlos belegt sein werden.

Das Innenministerium hat die Landkreise und kreisfreien Städte vorgewarnt

Eine Entwicklung, die auch vor den Landkreisgrenzen keinen Halt machen wird - so hat das Innenministerium bereits seit Anfang September die Landkreise und kreisfreien Städte immer wieder auf die Lage in den nächsten Monaten vorbereitet und eindringlich gebeten, mit Hochdruck neue Unterkünfte zu akquirieren, um so die Asylbewerber aufnehmen zu können. Nachdem Landrat Robert Niedergesäß (CSU) noch im Oktober einen Aufnahmestopp aufgrund der Überlastung angestrebt hatte, entschied man sich Mitte November dazu, den Sitzungsaal des früheren Sparkassengebäudes am Ebersberger Bahnhof als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen.

Die 30 Geflüchteten, die nun in Landsham-Moos untergebracht sind, waren bis zu ihrem Umzug am Montag im Saal des Verwaltungsgebäudes an der Kolpingstraße untergebracht. Da diesen Mittwoch ein weiterer Bus mit 45 Personen in Ebersberg ankommen soll, war der Umzug der Männer nötig, heißt es aus dem Landratsamt. Die zum überwiegenden Teil aus der Türkei stammenden Personen, sollen nun im früheren Sparkassensaal untergebracht werden.

Die Turnhallen sollen dem Schul- und Vereinssport erhalten bleiben

Wie soll es nun also weitergehen? Wird das Landratsamt von seiner Haltung, die Sporthallen nicht als Flüchtlingsunterkünfte zu nutzen, treu bleiben? Wenn es nach Landrat Robert Niedergesäß geht, ja. Er setze sich sehr dafür ein, nach den Corona-Beschränkungen die Sporthallen dem Schul- und Vereinssport zu erhalten, heißt es auf Nachfrage aus dem Landratsamt. Hinzu käme, dass unter anderem wegen Sanierungsmaßnahmen von den wenigen kreiseigenen Hallen nur noch einzelne zur Verfügung stünden. Die Nutzung des Sparkassengebäudes sollte die Platznot zwar mindern, jedoch seien entsprechende Umbauten nötig, um dies zu ermöglichen. Außer im Saal, wo Platz für 50 Menschen geschaffen wurde, könnten in den früheren Büroräumen 120 weitere Schlafplätze geschaffen werden, so der Plan des Landratsamts. Bisher stehen Brandschutzprobleme dem allerdings noch entgegen.

Um den Landkreisen und kreisfreien Städten die Bereitstellung von Unterkünften an Geflüchtete zu erleichtern, hat das Innenministerium die Leitlinien zu Art, Größe und Ausstattung von Gemeinschaftsunterkünften und vergleichbaren dezentralen Unterkünften für Asylbewerber bis auf Weiteres ausgesetzt.

"Es geht in der aktuellen Situation darum, den Menschen ein Dach über dem Kopf zur Verfügung stellen zu können", so die Pressestelle des Landratsamtes. Letztendlich entspreche die Belegung in Landsham-Moos aber auch einer "normalen" Belegung im Rahmen der Asylunterbringung.

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Kommentar von Sina-Maria Schweikle

Eine Tatsache, die der Plieninger Bürgermeister Roland Frick anders sieht. "30 Menschen zusammen in einem Zweifamilienhaus sind nicht verantwortbar", sagt er. Doch ihm seien die Hände gebunden, schließlich sei der Vertrag von einer Privatperson mit dem Landkreis abgeschossen worden. Trotzdem möchte er die Situation nicht einfach hinnehmen. Nach eigenen Angaben habe er eine Überprüfung des Brandschutzes veranlasst sowie eine eventuelle Nutzungsänderung beantragt. Das Ergebnis sei noch offen. "Der Landkreis steht vor einer schwierigen Situation", räumt er ein. Wer wisse schon, was noch alles auf Ebersberg zukomme.

Was das Landratsamt schon jetzt weiß, ist, dass ein Ende der Zuwanderung in Ebersberg noch nicht in Sicht ist. Bereits für den 21. Dezember ist die Ankunft eines weiteren Busses mit Geflüchteten geplant.

Der Landkreis sucht insbesondere größere Gebäude, in denen geflüchtete Menschen untergebracht werden können. Auch erschlossene Grundstücke, auf denen Container aufgestellt werden könnten, wären hilfreich. Wer hier weiterhelfen kann, wendet sich am besten per E-Mail mit asyl@lra-ebe.de an den zuständigen Fachbereich im Landratsamt.

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