Flohmarkt vor dem Aus:Alternative Oase in Gefahr

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Der Freistaat kündigt den Betreibern des Poinger Flohmarkt- und Kleinkunstareals an der Gruber Straße. Die gewerbliche Nutzung widerspreche dem Vertrag.

Von Annette Tubaishat

Die Querelen um den Poinger Flohmarkt- und Kleinkunstbetrieb auf dem Grundstück an der Ecke Gruber und Senator-Gerauer-Straße nehmen kein Ende. Nachdem das Landratsamt Ebersberg eine Beseitigungsanordnung verfügt hatte, diese aber nicht durchsetzen konnte, weil die Mieter des Geländes und Betreiber des Flohmarkts, das Ehepaar Kiefl, dagegen klagten und so ein ruhendes Verfahren durch das Verwaltungsgericht erreichen konnten, wird der Flohmarkt nun von Seiten des Freistaats Bayern torpediert. Seine Immobilienverwaltungsbehörde, kurz Immby, hat den Kiefls den Mietvertrag fristlos gekündigt. Der Grund: Die Nutzung widerspreche dem Vertrag.

Familie Kiefl - Christian, Barbara und Sohn Anian - fühlt sich von den Behörden getäuscht. Doch aufgeben wollen die Betreiber des Poinger Flohmarkts nicht so schnell, schließlich hat sich ihr außergewöhnliches Angebot mittlerweile bis nach München herumgesprochen. (Foto: Christian Endt)

Christian Kiefl suchte lange nach einem Grundstück für seine Elektronikfirma. Das 22 000 Quadratmeter große Areal an der Gruber Straße mit den sieben ausgedienten Hühnerställen schien ideal. Es gibt Lagerräume für seine Elektronikgeräte, die er wieder aufbereitet, eine Montagehalle zur Restaurierung von Oldtimern, genügend Platz für Maschinen und Ersatzteile.

Zwar plant die Poinger Gemeinde dort ein Gewerbegebiet zu errichten, doch einen Investor sucht sie bis heute vergebens. Es scheint, der Ort ist nicht erste Wahl, denn durch die für Autos gesperrte Gruber Brücke ist er vom direkten Weg zur Autobahn abgesperrt. Der Freistaat Bayern, Eigentümer des Geländes, wollte den Kiefls das Gelände am liebsten gleich verkaufen, doch letztlich einigte man sich auf einen Mietvertrag bis August 2016 für Christian Kiefls Gewerbebetrieb.

Eine Bedingung allerdings hatte die Immby: Die riesigen Wiesen zwischen den Hallen müssen von den Kiefls dazugemietet und von ihnen gepflegt werden. "Schön, dachten wir, aus den Wiesen kann man ja sogar was machen", erzählt Barbara Kiefl. Und so war der Flohmarkt geboren. Das Ehepaar zimmerte einen Abenteuerspielplatz für Kinder, einer der flachen ehemaligen Hühnerställe dient als überdachter Verkaufsraum. Es gibt Kleinkunst, Selbstgemachtes, eine Anlaufstelle für Möbelrestauration, italienische Feinkost. Im Sommer finden Konzerte und Ausstellungen statt. Eine Gruppe Gruber Studenten bewirtschaftet ein kleines Areal mit Salat und Gemüse und hilft den Kiefls dafür beim Hecken-Schneiden. Der Markt floriert, vor allem in München hat sich das alternative Kleinod schon herumgesprochen.

Jetzt aber steht den Kiefls die Kündigung ins Haus. Denn das Gelände, das einmal zur Versuchsstation Grub gehörte, ist keine Gewerbefläche, sondern ein sogenannter "Sonderbau". Und weil es keine ausgewiesene Gewerbefläche ist, dürfen die Kiefls hier auch kein Gewerbe betreiben. Kurios, denn die Immby hat einen "Gewerbemietvertrag mit der Firma Christian Kiefl Elektronik als Mieter" abgeschlossen, so die offiziellen Vertragsunterlagen. Auch der Zweck wurde eindeutig festgelegt: das eBay-Gewerbe von Barbara Kiefl, die Lagerung von elektronischen Geräten und das Einstellen von Oldtimern. "Ohne Übertreibung kann hier davon gesprochen werden, dass der Freistaat Bayern unsere Mandanten über die Nutzung des Objekts bei Abschluss des Mietvertrags getäuscht hat. Einem privaten Vermieter würde man hier den Vorwurf eines Betrugs machen", sagt Anwalt Richter.

Die Nutzung des Areals als Hallen-Flohmarkt hatten die Kiefls laut eigener Aussage im Vorfeld mit allen Beteiligten abgesprochen. "Die Immby hat der Nutzung im Beisein eines meiner Kollegen zugestimmt", bestätigt Anwalt Richter. "Passt schon", sagt man in Bayern, und so beließ man es bei der mündlichen Absprache anstatt eines entsprechenden Passus im Mietvertrag. Laut Immby soll diese Absprache aber nie existiert haben. Hakt man nach, will der Geschäftsführer, Dieter Knauer, "das Gespräch jetzt gleich beenden".

Die Kiefls werden das Gefühl nicht los, dass man sie "einfach raushaben möchte". Zwar existieren die ursprünglich aufgeführten Beschwerden Poinger Bürger zur Nutzung des Areals nun plötzlich doch nicht, aber zur Frage, ob die Gemeinde bezüglich der fristlosen Kündigung mit der Immby in Kontakt steht, will Pressereferent Thomas Stark "keine Angaben machen", weil die Gemeinde keine Vertragspartnerin sei. "Wir haben den Eindruck, dass die musisch-künstlerischen Aktivitäten der Eheleute Kiefl nicht in das bürgerliche Schema passen und sie deswegen von sämtlichen Behörden Steine in den Weg gelegt bekommen", so Anwalt Richter.

Ob die Kiefls das Feld nun räumen müssen, hängt davon ab, ob die Immby eine Räumungsklage einreicht - und damit erfolgreich ist. Barbara Kiefl hat ihren Kampfgeist jedenfalls noch nicht verloren: "Wir wollen uns weiterhin wehren."

© SZ vom 09.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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