Floh-Garten in Grub:Ende Gelände

Die Tage des Floh-Gartens in den ehemaligen Hühnerställen in Grub sind gezählt. Die Gemeinde will die Nutzung keinesfalls länger dulden, die Mieter planen zu klagen

Von Barbara Mooser, Poing

Floh-Garten in Grub: Noch ist die Flohmarkthalle gut bestückt. Der Vermieter will aber, dass alle Hallen und das Gelände bis Ende März geräumt sind.

Noch ist die Flohmarkthalle gut bestückt. Der Vermieter will aber, dass alle Hallen und das Gelände bis Ende März geräumt sind.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Die bunten Buchstaben auf dem Schild am Eingang sind schon etwas verblasst, eine Kette versperrt jetzt, unter der Woche, die Zufahrt. Hinter den großen Toren lugen die Hütehunde Sera und Tyson neugierig auf die Besucher. Von außen wirken die beiden vorderen Hallen, eine blau, eine rot gestrichen, unscheinbar. Doch im nach Holzrauch duftenden Inneren lässt sich immer noch erahnen, was noch vor einiger Zeit jeden Samstag Hunderte Besucher nach Grub gezogen hat: Antike Lampen baumeln von der Decke, in den Regalen warten alte Puppen auf neue Besitzer, Kleiderständer laden zum Stöbern und Probieren ein, Plakate werben für Dinge, die längst nicht mehr hergestellt werden. "Früher haben hier 15 Leute verkauft, jetzt bin ich nur noch allein", sagt Barbara Kiefl, die ihre kleine Tochter Afra auf dem Arm hält. Bald könnte es sein, dass auch sie ihre Schätze aus der Halle räumen muss, denn die Tage des Floh-Gartens in Poing sind nun wohl endgültig gezählt.

Floh-Garten in Grub: Die Tage des Floh-Gartens in Poing sind nun wohl endgültig gezählt.

Die Tage des Floh-Gartens in Poing sind nun wohl endgültig gezählt.

(Foto: Christian Endt)

Eigentlich hätte man aus dem Areal direkt neben den Flächen des Gruber Versuchsguts und den früheren Hühnerställen durchaus etwas machen können, Ideen hätten Barbara Kiefl und ihr Mann Christian genug. Und es war auch schon mal ein buntes, alternatives Fleckchen, wie es sonst im Landkreis eigentlich nirgends zu finden ist. Es fanden Konzerte statt, einmal im Jahr trafen sich Studenten aus aller Welt beim Camp der International Association for the Exchange of Students for Technical Experience (IAESTE) in Grub. Ein Freund der Kiefls, ein Lkw-Fahrer, brachte von seinen Touren nach Kalabrien jeden Samstag Obst mit, "das Frischeste vom Frischen", sagt Barbara Kiefl. Ein anderer Freund aus der Toskana bot Antipasti an, sogar ein kleines Café gab es für die Flohmarktbesucher.

Floh-Garten in Grub: Barbara und Christian Kiefl würden gern in Poing weitermachen, doch die Perspektiven sind düster.

Barbara und Christian Kiefl würden gern in Poing weitermachen, doch die Perspektiven sind düster.

(Foto: Christian Endt)

Bevor die Kiefls kamen, war das Areal viele Jahre ungenutzt

Floh-Garten in Grub: In Grub baumeln antike Lampen von der Decke, in den Regalen warten alte Puppen auf neue Besitzer, Kleiderständer laden zum Stöbern und Probieren ein

In Grub baumeln antike Lampen von der Decke, in den Regalen warten alte Puppen auf neue Besitzer, Kleiderständer laden zum Stöbern und Probieren ein

(Foto: Christian Endt)

Doch offiziell erlaubt war vieles davon eigentlich nie. Und wenn man Poings Bürgermeister Albert Hingerl fragt, ob sich daran vielleicht noch etwas ändern könnte, wird er deutlich: "Unter keinen Umständen", sagt er. Genehmigungsfähig wäre das Projekt heute nicht, heißt es aus dem Landratsamt. Und der Vermieter, die Immobilienverwaltung des Freistaats Bayern, hat den Kiefls jetzt ein Ultimatum gesetzt: Bis Ende März sollen die beiden und alles, was ihnen gehört, von dem Grundstück verschwinden. Es werde geprüft, ob das Grundstück für eine staatliche Nutzung in Frage komme, teilt Geschäftsführer Dieter Knauer mit. Falls das nichts wird, soll es öffentlich zum Verkauf ausgeschrieben werden.

Warum alles letztlich so gründlich schief gelaufen ist, das ist nicht einfach herauszufinden. Als die Kiefls im Jahr 2011 das seit vielen Jahren ungenutzte Areal in Grub fanden, waren sie erst einmal nur glücklich. Genutzt werden sollten die sieben Baracken zunächst als Lager für elektronische Geräte, für den Ebay-Handel sowie zum Einstellen von Oldtimern, so steht es jedenfalls im Mietvertrag. Später, so die Kiefls, hätten sie aber mit Verantwortlichen sowohl im Staatsgut Grub als auch bei der übergeordneten Immobilien Freistaat Bayern auch über die Flohmarkt-Nutzung gesprochen und mündlich das Einverständnis dafür bekommen - die andere Seite hat das der SZ nicht bestätigt.

Bei der Gemeinde konnte man sich von Anfang an nicht für das Projekt erwärmen

Die Kiefls fühlen sich aber vom Vermieter getäuscht: Der hatte ihnen einen Gewerbemietvertrag gegeben, obwohl Gewerbe dort eigentlich zum damaligen Zeitpunkt gar nicht erlaubt war, es handelte sich nach wie vor um eine so genannte "Sonderbaufläche für Forschung und Versuch". "Hätten wir das gewusst", so die 37-Jährige, "hätten wir das doch gar nicht gemietet." Bei der Immobilien Bayern argumentiert man damit, dass man mittelfristig mit einer Einstufung des Grundstücks als Gewerbegebiet rechnen konnte. Daher sei man davon ausgegangen, dass die laut Mietvertrag genehmigte Lagernutzung geduldet werde. Das Landratsamt stufte in einer ersten Einschätzung das Vorhaben - inklusive des Flohmarkts - 2012 noch grundsätzlich als genehmigungsfähig ein. Die Kiefls fühlten sich davon bestärkt und investierten in das Gelände.

Bei der Gemeinde aber konnte man sich von Anfang an nicht recht mit dem anfreunden, was da in Grub passierte. Die beantragte Nutzungsänderung, um Flohmarkt, Café und alles andere zu legalisieren, bekamen die Kiefls jedenfalls nie. Bereits wenige Monate nach dem Einzug der Kiefls verhängte die Gemeinde eine Veränderungssperre und leitete eine Bebauungsplanänderung ein, die explizit zum Ziel hatte, die vorhandenen Nutzungen, "die weder planungsrechtlich gesichert sind, noch den gemeindlichen städtebaulichen Zielvorstellungen entsprechen", wie es damals hieß, zu verhindern.

Seit Dezember 2014 ist der Bebauungsplan rechtskräftig. Der Bürgermeister unterstreicht, dass die Flohmarktnutzung dabei nicht das Problem war, "sondern die zahlreichen, nicht genehmigten, unzulässigen Untervermietungen". So seien Lagerplätze für Autowracks und Autoreifen entstanden, auch die "Wohnnutzung im Wohnwagen" und anderes hätten gestört. "Wie ein Schrottplatz" sehe das Areal aus, urteilte ein Gemeinderat in einer Sitzung im Sommer 2012 - Widerspruch erntete er im Gremium damit nicht.

Die Zeit läuft ab, ein bisschen Hoffnung haben die Mieter aber noch

Seitdem gab es allerlei Auseinandersetzungen. Das Verwaltungsgericht kam zum Ortstermin, eine fristlose Kündigung des Mietvertrags wurde verschickt und wieder zurückgenommen. Ganz offiziell ist der Mietvertrag im August 2016 ausgelaufen, und bei einem Vergleich, der im März 2016 vor dem Verwaltungsgericht geschlossen wurde, haben auch die Kiefls der Räumung des Geländes bis Ende August des selben Jahres zugestimmt.

Zwar haben sie noch einmal eine Verlängerung herausgehandelt, doch ihre Zeit läuft nun ab. Die Hoffnung haben sie immer noch nicht ganz aufgegeben. "Wir wollten eigentlich nur was Schönes auf die Füße stellen", sagt Barbara Kiefl, ihr Blick ist ratlos. Auch die Poinger, fügt ihr Mann an, könnten doch von dem profitieren, was auf dem Gelände noch entstehen könnte. "Es wäre eine Win-Win-Situation", sagt seine Frau. Nachdem aber nun alles den Bach hinunter zu gehen scheint, wollen die Kiefls jetzt auf Konfrontationskurs gehen: Sie wollen die Immobilienverwaltung des Freistaats, die ihnen den Gewerbemietvertrag gegeben hat, wegen Betrugs verklagen.

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