Flächennutzung:Die Siedler von Ebersberg

Im Landkreis werden immer mehr Flächen für Wohngebiete, Gewerbe oder Verkehr genutzt. Besonders bei Handel und Dienstleistungen ist der Zuwachs erheblich

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wachstumsmeister, Boomregion, aber auch Flächenversiegelung und Betonflut sind Ausdrücke, die immer wieder fallen, wenn es um die Entwicklung des Landkreises geht. Während manche am liebsten gar keinen Zuwachs an Gewerbe- und Wohngebieten hätten, kann dieser anderen gar nicht schnell genug gehen. Unbestritten ist allerdings, dass sich der Landkreis durch den Siedlungsdruck stark verändert hat. Wie sehr, das geht aus kürzlich vom Statistischen Landesamt vorgestellten Daten hervor. Die Behörde hat für den Landkreis und jede seiner Kommunen untersucht, wie viel Fläche für welche Nutzung gebraucht wird, und zwar seit 1980.

Damals wie heute umfasste das Gebiet des Landkreises Ebersberg eine Fläche von rund 550 Quadratkilometern oder 55 000 Hektar. Allerdings waren von diesen vor 37 Jahren gerade einmal 1966 Hektar bebaut oder galten als "Freifläche" - landwirtschaftliche Nutzungen ausgenommen. Im Jahr 2016 reicht diese Fläche gerade, um sämtliche Wohngebäude im Landkreis unterzubringen, 1919 Hektar Wohnbaufläche haben die Statistiker ermittelt. Außerdem gibt es noch 329 Hektar Flächen für produzierendes Gewerbe sowie 207 Hektar für Handel und Dienstleistung. Weitere 1476 Hektar sind "sonstige Gebäude und Freiflächen", also Areale verschiedenster Siedlungsnutzung.

Ebenfalls stark zugenommen hat seit 1980 der Flächenbedarf für die Infrastruktur. Damals gab es laut Statistik rund 1410 Hektar Verkehrsfläche im Landkreis, derzeit sind es 2318 Hektar. Den größten Anteil daran hat der Straßenverkehr, aktuell benötigt dieser 1213 Hektar Fläche. Insgesamt 899 Hektar sind als Wege ausgewiesen, 153 Hektar werden für den Bahnverkehr genutzt, Plätze nehmen 52 Hektar ein. Die Statistiker haben sogar ein 1,24 Hektar großes Areal für den Flugverkehr ausgemacht - den Flugplatz des Aßlinger Modellbauclubs.

Andere Flächen für Freizeitaktivitäten sind ebenfalls mehr geworden. So gab es im Landkreis 1980 noch 25 Hektar Grünanlagen und 34 Hektar "sonstige Erholungsflächen" - also Sportplätze und andere Freizeiteinrichtungen. Seit den 1990er Jahren nehmen diese dann deutlich zu, 1992 sind es etwa bereits 94 Hektar, die als Grünanlage und weitere 171 Hektar, die als andere Erholungsflächen genutzt werden. Aktuell gibt es im Landkreis 132 Hektar Grünfläche und 556 Hektar andere Erholungsflächen, davon sind 447 Hektar Sportplätze.

Auch die Entwicklung in den einzelnen Landkreiskommunen bilden die Daten ab, also wo man eher auf Gewerbe oder auf Wohnen setzt. Zumindest für die vergangenen 20 Jahre, seitdem werden die Arten der Siedlungsgebiete in der Statistik immer genauer unterschieden. Seit 2016 werden auch die Flächen für Handel und Dienstleistung extra erfasst.

Wenig überraschend liegt Poing damals wie heute weit vorne bei den Gewerbeflächen: 44 Hektar waren es Mitte der 1990er, aktuell sind es 82, davon 22 Hektar für Handel und Dienstleistung. Interessant ist allerdings, dass es offenbar in vielen Kommunen eine Aufholjagd gibt, was Gewerbeflächen - und damit natürlich erhoffte Gewerbesteuern - angeht. Markt Schwaben hat etwa seine Gewerbeflächen von gut 18 Hektar im Jahr 1996 auf mittlerweile 54 Hektar verdreifacht - davon entfallen gut 20 Hektar auf Handel und Dienstleistung. Besonders imposant ist die Entwicklung in Vaterstetten, wo die Statistiker 1996 noch etwas mehr als elf Hektar Gewerbeflächen zählten. Zwei Jahrzehnte später sind es gut 87 Hektar, davon 60 für Handel und Dienstleistungen - dies sind vor allem die großen Gewerbegebiete in Parsdorf.

Dies scheint überhaupt ein Trend der vergangenen Jahre zu sein: Während in Kommunen wie Poing, die schon länger auf Gewerbe setzen, größtenteils "klassische" Betriebe, also etwa Handwerker oder produzierendes Gewerbe angesiedelt sind, versuchen es die Nachzügler, wie Vaterstetten, mit Dienstleistern und Handelsfirmen.

Sehr ähnlich ist dagegen die Entwicklung der Wohngebiete in den Landkreiskommunen, hier gibt es beim Flächenbedarf überall nur eine Richtung: nach oben. In absoluten Zahlen legen Vaterstetten und Poing in den vergangenen 20 Jahren am meisten zu, die Großgemeinde von 293 auf 376 Hektar, die Nachbarn im Norden von 64 auf 130 Hektar. Doch obwohl Poing zahlenmäßig die zweitmeisten Einwohner aller Landkreiskommunen hat, liegen beim Bedarf für Wohnbauflächen Grafing mit 195, Ebersberg mit 160 und Kirchseeon mit 131 Hektar darüber.

Prozentual waren es allerdings die kleinen Gemeinden, in denen seit 1996 die Wohngebiete am meisten gewachsen sind. Etwa in Baiern, wo sich die Flächen von 11,5 auf 23,5 Hektar mehr als verdoppelten. Ähnliches gilt für Emmering, wo es einen Zuwachs von 14 auf gut 30 Hektar gab, oder in Bruck, wo derzeit auf 20 Hektar gewohnt wird, neun mehr als 1996, sowie in Frauenneuharting, wo die Wohnflächen um gut zehn Hektar auf nun 24 stiegen.

Manche Nutzungsarten sind allerdings auch zurückgegangen, so nimmt etwa der Kiesabbau deutlich ab. Hier war 1984 ein Höchststand von 174 Hektar erreicht, aktuell sind es noch 103 Hektar. Allerdings heißt das nicht, dass es im Landkreis keine großen Kiesgruben mehr gebe - im Gegenteil. So hat sich etwa im Gebiet der Stadt Ebersberg die Abbaufläche von gerade sieben Hektar im Jahr 1980 auf gut 28 Hektar vervierfacht. Ähnlich die Entwicklung in Pliening, wo 1980 laut Statistik auf knapp zwei Hektar Kies gefördert wurde, im vergangenen Jahr war die Fläche sieben Mal so groß. Allerdings ist sie bereits seit Jahrzehnten wieder im Schrumpfen begriffen, der Höhepunkt war Mitte der 1980er erreicht, als die Gruben bis zu 28 Hektar groß waren. Komplett kiesgrubenfrei sind mittlerweile Aßling und Steinhöring, dort gab es vor drei Jahrzehnten noch 45 beziehungsweise zehn Hektar große Abbaugebiete.

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