Süddeutsche Zeitung

Fit bleiben im Hirn:Rätseln für den IQ

Friederike Sturm aus Ebersberg gibt seit mehr als 30 Jahren ein Gedächtnistraining-Magazin heraus

Von Serafina Rumm, Ebersberg

Der Winter geht, der Frühling kommt, Corona bleibt. Der erste Frühjahrsputz befreit die Wohnung vom Winterstaub, aber wie bringt man die eigenen grauen Zellen wieder in Schwung? Am besten mit Bilderrätseln, Suchspielen, Rechenaufgaben, verdrehten Wortverbindungen oder Leseübungen. Das alles und noch mehr bietet die neue Aufgabensammlung des Magazins "Geistig Fit". Im Heft, das seit über drei Jahrzehnten beim Ebersberger Vless Verlag erscheint, dreht sich alles um Gehirntraining und geistige Fitness.

Schon mit simplen Tricks kommen die grauen Zellen wieder in Schwung: "Zum Beispiel, indem man die Zeitung auf dem Kopf liest oder bestimmte Wörter im Text sucht und anstreicht", erklärt Friederike Sturm, "alles, was nicht Routine ist, fordert das Gehirn." Ein paar Schritte rückwärts gehen, mit links Zähne putzen, wenn man Rechtshänder ist oder anders herum. Der Geheimtipp für ein erfolgreiches Training liegt in der Regelmäßigkeit: "Das Gehirn verliert sehr schnell an Leistungsfähigkeit", sagt Sturm. "Deshalb ist es wichtig, dass man wirklich jeden Tag ein paar Aufgaben macht, auch am Wochenende und im Urlaub". Bereits fünf bis zehn Minuten tägliches Gehirnjogging - im besten Fall gleich morgens - sollen ausreichen, um das Gehirn für den Tag zu aktivieren.

Sturms persönliche Lieblingsübung aus dem Heft sind die sogenannten Wortkapriolen. In einem Buchstabenkasten können durch das Lesen in alle Richtungen unendlich viele Wörter gebildet werden: "Die können wirklich süchtig machen", sagt sie. Am liebsten macht sie die Aufgabe um die Wette mit ihren Enkelkindern: "Wer findet mehr Wörter?" Früher gab es dazu auch einen Wettbewerb zum Mitmachen für die Magazin-Leser. Nach einiger Zeit musste der jedoch eingestellt werden. "Zwei Leserinnen, die regelmäßig gewonnen haben, schickten mir jedes Mal lange Listen mit Wörtern, die sie extra im Lexikon nachgeschlagen haben. Mit der Auswertung kam ich gar nicht mehr hinterher", sagt Sturm, "Da waren Wörter dabei, die ich selber gar nicht kannte".

Die Redaktionsstelle des Magazins übernahm die gelernte Lehrerin, nachdem ihr Abschluss an der Universität München nach zehn Jahren im Beruf wegen einem Umzug von Baden-Württemberg zurück nach Bayern nicht mehr anerkannt wurde. Schon damals hat sie mit ihren Schülern zwischen den Unterrichtsstunden kleine Lockerungsübungen in Form von kurzen Denkspielen gemacht, damit sich die Kinder wieder besser auf den Unterricht konzentrieren konnten. Und der Rest? "Das hat sich dann einfach so ergeben", wie Sturm erzählt. Denn ihr Mann, der Psychologie studiert hat, machte sich zusammen mit Studienkollegen aus Erlangen mit dem Vless Verlag, der zur Gesellschaft für Geistige Gesundheit (GfG) gehört, selbständig. Seitdem ist das Magazin nicht nur Beruf, sondern auch Lebensaufgabe geworden, sagt die mittlerweile 76-Jährige, die Autorin und Co-Autorin vieler Bücher und Übungsmaterialien zum Thema geistige Fitness ist.

Eigentlich ist Sturm nun schon vor zehn Jahren in Rente gegangen, das Heft bringt sie aber weiterhin viermal im Jahr heraus. Alle drei Monate, in Eigenarbeit von zuhause aus. Das hält sie fit, wie sie selber sagt. "Früher ist es sechs Mal im Jahr erschienen, aber dafür ist es jetzt dicker und hat mehr Aufgaben." Die Übungen fallen ihr im Alltag ein: Beim Spazierengehen, beim Zeitunglesen, beim Nachrichten schauen oder einfach so, zwischendurch. Dann schreibt sie alles schnell auf: "Das funktioniert manchmal besser und manchmal schlechter". Zuhause hat Sturm inzwischen, nach so langer Zeit, schon ein großes Archiv mit Übungen für die geistige Fitness. Auch den redaktionellen Teil hat sie mittlerweile vollständig übernommen. Denn im Magazin gibt es neben spannenden Aufgaben, auch Texte zu neuen Studien von Universitäten zu lesen, die zum Thema passen. Manchmal - und das macht sie besonders gerne - macht Sturm sogar die Bilder für das Magazin selber. Wie zum Beispiel das Titelfoto der vergangenen Ausgabe. Zwei der Aufgaben aus jedem neuen Heft erscheinen außerdem in Mitgliederzeitschriften von verschiedenen Gesellschaften für Krankheiten wie Tinnitus, Osteoporose, Epilepsie, Parkinson oder Schlaganfall.

Die Übungen des mentalen Aktivierungstrainings (MAT) aus dem Magazin basieren auf der Zusammenarbeit des Vless Verlags mit der Universität Erlangen und den wissenschaftlichen Untersuchungen des Psychologen Siegfried Lehrl, der seit 1997 Präsident der von ihm mitgegründeten Gesellschaft für geistige Gesundheit (GfG) ist. In Erlangen hat dieser vor allem den Begriff des "Gehirnjoggings" mitgeprägt, aus dem später dann das "mentale Aktivierungstraining" der GfG hervorgegangen ist. In Studien mit Krankenhauspatienten untersuchte er dabei deren Vergesslichkeit nach 14 Tagen Krankenhausaufenthalt. Bei der Testgruppe, die kein Training absolvierte, sackte der IQ tatsächlich schon nach kurzer Zeit um wenige Punkte ab. Bei einer anderen Gruppe konnte dagegen ein Anstieg der Gehirnleistung festgestellt werden. Zur GfG gehört außerdem ein Trainer Kolleg, das vor Corona regelmäßig in Zinneberg bei Glonn stattgefunden hat. Viele Teilnehmer aus Kliniken, auch Ärzte, lernen dort von Referenten wie das MAT funktioniert, um es künftig selber anwenden zu können.

Nähere Informationen zum Magazin unter www.gfg-online.de

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SZ vom 05.05.2021
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