Finanzlage in Grafing:Mit blauem Auge

Finanzlage in Grafing: Blaue Augen und Schläge in die Magengrube kennt man in Grafing normalerweise nur von den Boxkämpfen auf dem Volksfest. Nun mussten aber auch die Stadträte ordentlich einstecken, als Bürgermeister Christian Bauer den aktuellen Stand des Finanzhaushalts präsentierte.

Blaue Augen und Schläge in die Magengrube kennt man in Grafing normalerweise nur von den Boxkämpfen auf dem Volksfest. Nun mussten aber auch die Stadträte ordentlich einstecken, als Bürgermeister Christian Bauer den aktuellen Stand des Finanzhaushalts präsentierte.

(Foto: Christian Endt)

Die Corona-Krise trifft den Stadthaushalt weniger stark als befürchtet. Wünsche nach umfangreichen Investitionen dürften trotzdem auf absehbare Zeit nicht erfüllbar sein

Von Thorsten Rienth, Grafing

Nein, gut ist die Lage der Grafinger Stadtfinanzen nicht. Aber auch nicht so schlecht, wie dies noch vor einigen Monaten zu befürchten war. Einen Nachtragshaushalt wird die Stadt jedenfalls nicht brauchen, das ist seit der Sitzung des Finanzausschusses am Dienstagabend klar. Aber an größere Investitionen jenseits städtischer Pflichtaufgaben plus Stadthallen-Minimalsanierung brauche auf absehbare Zeit trotzdem niemand zu denken, stellte Bürgermeister Christian Bauer (CSU) klar.

Bauer trug, sozusagen in der Doppelfunktion als Ex-Stadtkämmerer und neuer Grafinger Bürgermeister, den aktuellen Stand des Haushaltsjahres vor. Letzteres ist eine im Oktober jährlich wiederkehrende Übung. Zu dieser Zeit ist die zweite von vier Tranchen aus der Einkommenssteuerbeteiligung verbucht. Zudem gilt der Verlauf bei den Gewerbesteuerzahlungen als halbwegs absehbar.

Bei der Einkommenssteuer rechnete Bauer zum Jahresende mit Einnahmen von rund 9,7 Millionen Euro. Im Ansatz hatten noch über 10,8 Millionen Euro gestanden. Auf knapp 4,7 Millionen Euro sind die Einnahmen aus der Gewerbesteuer taxiert. Das sind gut 800 000 Euro weniger als geplant. Zusammen mit einigen weniger ins Gewicht fallenden Steuereinnahmen summiert sich der Rückgang voraussichtlich auf etwas unter zwei Millionen Euro.

Die Gebühren, etwa für Müllabfuhr oder den Friedhof, fließen dagegen recht stabil. Die einzige nennenswerte Ausnahme stellt in diesem Segment das Freibad dar. Weil es in diesem Jahr erst deutlich später öffnete, fehlen der Stadt Eintrittsgelder von rund 100 000 Euro.

Unterm Strich wird Grafing aller Voraussicht nach nicht wie geplant 2,6 Millionen Euro vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt übertragen können. Dies ist jener Topf, aus dem die städtischen Investitionen bezahlt werden. Bei allenfalls 1,5 Millionen Euro könnte der Überschuss zum Jahresende liegen. Die Differenz entspricht in etwa der geplanten "freien Finanzspanne". Sie dürfte folglich in diesem Jahr komplett wegfallen.

Zudem sind die Personalkosten im Rathaus zuletzt spürbar gestiegen. Einmal, weil die Stadt in persona von Wirtschaftsförderer und Klimaschutzmanagerin neues Personal eingestellt hatte. Ein andermal schlägt die sogenannte München-Zulage mit jährlich rund 600 000 Euro zu Buche. "Die ist aber unvermeidbar", erklärte der Bürgermeister. "Wir müssen einfach schauen, dass wir die guten Leute auch hier bei uns behalten und die nicht alle wegen dem Geld nach München gehen wollen."

Etwas bemerkenswert vor diesem großen Hintergrund die Entwicklung des städtischen Schuldenstands: Diesen hatte der Stadtrat im Haushaltsansatz bis zu einer Höhe von knapp 16 Millionen Euro gebilligt. Nun werden es laut Prognose wohl nur 13 Millionen Euro sein, respektive einem Grafinger Pro-Kopf-Schuldenstand von 928 Euro.

Was wie eine Groteske klingt, ist jedoch in Wirklichkeit keine: Wegen zum Beispiel der durch den Lockdown bedingten Bauverzögerungen im Frühjahr, schlagen auch viele Rechnungen zeitverzögert auf. Das gilt insbesondere für einen Teil der sieben Millionen Euro, die Grafing heuer für Neubau und Sanierung seiner Grundschule in den Etat schrieb. Doch auch das sind keine guten Nachrichten. Das Geld fließt im nächsten Jahr ab - und schmälert eben dann jene "freie Finanzspanne."

Auch das war noch nicht das Ende von Bauers langer Schlechte-Nachrichten-Liste: Erschwerend kommt hinzu, dass die Grafinger Kreisumlage im kommenden Jahr um eine weitere Viertelmillion Euro steigen wird, und zwar auf rund 7,5 Millionen Euro. Dies liegt an der Art und Weise, wie die Umlage berechnet wird. Bemessungsgrundlage ist die Umlagekraft der zurückliegenden Jahre. Folglich muss Grafing in den nächsten beiden finanziell eher schlecht laufenden Jahren vergleichsweise hohe Beträge in Richtung Ebersberg abführen.

Nur folgerichtig also, dass Bürgermeister Bauer am Ende eine ernüchternde Bilanz zog. "Wir werden uns bei den Ausgaben einschränken müssen. Wir werden unser Konto weiter überziehen müssen. Außer der Stadthallen-Minimalsanierung und der einen oder anderen Straßensanierung wird es erst einmal nichts Großes geben."

Geht es nach CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg, hätte diese Prämisse schon längst gelten müssen. "Seit 20 Jahren sitze ich hier und wir lügen uns weiter in die Tasche", schimpfte er. "Wir leben massiv über unsere Verhältnisse, aber keiner hat den Rückhalt zu sagen: Freunde, das alles können wir uns nicht leisten."

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