Festival in Wasserburg:Bühnenkunst auf hohem Niveau

Bei den 13. Theatertagen in Wasserburg zeigen ausgewählte Ensembles aus ganz Bayern ihre Inszenierungen. Nächsten Sonntag stimmen die "Stelzer" auf das Festival ein

Von Rita Baedeker, Wasserburg

Wenn sie irgendwo Theater spielen, tragen sie die Nase ziemlich hoch. Mit Hochmut hat diese Haltung allerdings nichts zu tun: Die "Stelzer", die kommenden Sonntag auf die 13. Wasserburger Theatertage einstimmen, werden sich bei ihrer Show nicht nur über das gemeine Volk erheben, sondern sich auch unter dasselbe mischen. Um die Mittagszeit werden die allseits bewunderten Hoheiten zum Georgimarkt stöckeln, stolzieren, oder wie man sonst das Laufen auf Stelzen bezeichnen mag. Die Gruppe, die bis vor kurzem in Landsberg am Lech ansässig war, ist international bekannt und hat das Genre maßgeblich geprägt und entwickelt. Auch Jugendarbeit gehört zu den Tätigkeitsfeldern der Stelzer, zum Beispiel das soziokulturelle Integrationsprojekt "KIDZ Zinneberg".

Der Stelzenlauf hat Tradition, und das nicht nur in der Zirkusarena oder auf Festivals. Im französische Département Landes etwa schnallten sich in früheren Zeiten die Hirten Stelzen um, damit sie in der dortigen Sumpflandschaft trockenen Fußes vorwärtskamen. Auch in den Niederlanden, wo es Gräben und Kanäle gibt, rüsteten Bauern sich mit den Gehhilfen aus.

Der Auftritt in Wasserburgs Altstadt verspricht wieder ein farbiges Spektakel zu werden, Theaterspiel auf hohem Niveau. Eine Woche später dann zeigen ausgewählte professionelle Privattheater aus ganz Bayern an neun Abenden ihre ebenfalls auf hohem Level angesiedelten Inszenierungen. Der Schauspieler Udo Samel wird das Festival am Dienstag, 2. Mai, um 20 Uhr mit einer humoristischen Heinz-Erhardt-Lesung unter dem Titel "Sah ein Knab ein Rösslein stehn" eröffnen.

Die Gruppe Stelzer aus Landsberg

Modisch extravagant präsentieren sich einige weibliche Mitglieder der "Stelzer" bei ihren Auftritten anlässlich der Theatertage in Wasserburg am Inn.

(Foto: oh)

Der Humor hat dann Pause, denn auf dem Spielplan stehen in diesem Jahr moderne Stücke und Klassiker von bestürzender Aktualität, darunter Werke, die mit Preisen bedacht wurden. Zum Beispiel das auch als Fernsehspiel produzierte Stück "Terror" von Ferdinand von Schirach, mit dem das Metropoltheater sich präsentiert. Jochen Schölch hat die aberwitzige Geschichte eines Passagierflugzeugs, das von Terroristen entführt wird und auf ein Fußballstadion zurast, inszeniert.

"Die Woch fangt ja scho guat o". Das waren die letzten Worte des Matthias Kneißl an einem Montag des Jahres 1902, bevor ihn der Scharfrichter in Augsburg einen Kopf kürzer machte. In der Moritat vom Räuber Kneißl, dem bayerischen Robin Hood, konzentrieren sich die Schauspieler Matthias Klösel und Adelheid Bräu in ihrer Darstellung auf die Zwänge, die Kneißl zum Kriminellen machten.

"Weißwurstjahre", gespielt vom Theater Zwangsvorstellung aus Nürnberg, erzählt die Geschichte eines kleinen Mädchens, das am ersten Schultag von den Eltern in ein Kloster gebracht wird. Claudia Schulz, Autorin und Regisseurin, hat ein finsteres Märchen über eine von Exorzismus und Büßertum geprägte enge Welt geschaffen, in der es nichts zu essen gibt als jene Weißwürste. Zu den Darstellern gehört auch der Kabarettist Matthias Egersdörfer.

Das Programm

Das Vorprogramm der "Stelzer" in der Altstadt Wasserburg findet am Sonntag, 23. April, von 11.30 bis 17 Uhr mit Figurentheaterszenen statt. Auftakt des Hauptprogramms im Theater Wasserburg ist Udo Samels Heinz-Erhardt-Lesung am Dienstag, 2. Mai. Am 3. Mai folgt das "Sensemble Augsburg" mit dem Stück "Eine einzige Nacht" von Sebastian Seidel, Regie führt Gianna Formicone. Das Metropoltheater München zeigt am 4. Mai sein Stück "Terror" von Ferdinand von Schirach, Regie führt Jochen Schölch. Am 5. Mai ist die Theaterwerkstatt Augsburg mit "Räuber Kneissl" am Zug. Regie: Jürg Schlachter. Das "theater. . .und so fort" aus München spielt am 6. Mai "Oleanna" von David Mamet, Regie führt Daniela Grieser. Der Abend des 7. Mai gehört dem Theater "Zwangsvorstellung" aus Nürnberg und dessen Aufführung "Weißwurstjahre" von Claudia Schulz, die auch Regie führte. "Going solo - A Question of Identitiy" lautet der Titel des Tanztheaterstücks des Theaters "Curtis & Co. - dance affairs" Nürnberg am 8. Mai. Choreografie: Susanna Curtis. Das kleine Theater der Kammerspiele Landshut kommt am 9. Mai nach Wasserburg mit "Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen" von Christine Brückner, Regie führt Sven Grunert. Am 10. Mai zeigt das Theater Wasserburg Hans Falladas Werk "Kleiner Mann - was nun?" unter der Regie von Uwe Bertram. Georg Büchners "Woyzeck" wird am 11. Mai in Szene gesetzt vom Theater für die Jugend Burghausen unter der Regie von Mario Eick.

Beginn der Aufführungen ist jeweils um 20 Uhr. Karten gibt es bis kurz vor Beginn im Internet über www.theaterwasserburg.de. Karten im Vorverkauf gibt es bei der Buchhandlung Fabula und bei Versandprofi Gartner in Wasserburg, beim Kulturpunkt Isen-Taufkirchen und im Kroiss Ticket-Zentrum Rosenheim. Die Abendkasse öffnet eine Stunde vor Vorstellungsbeginn. bae

In seinem Roman "Kleiner Mann was nun?" zeichnete Hans Fallada ein Gesellschaftsporträt der Zeit am Vorabend der Hitlerdiktatur. Für den Protagonisten des Romans, Johannes Pinneberg, geht es um das Überleben in Zeiten von Wirtschaftskrise, Inflation und Arbeitslosigkeit. Uwe Bertram führte in der Wasserburger Inszenierung Regie. Einen weiteren Klassiker, "Woyzeck" von Georg Büchner, bringt das Theater für die Jugend in Burghausen mit.

Eine Jury wird die beste Inszenierung und den besten Darsteller küren. Der Landkreis Rosenheim stellt als Schauspielerpreis 1000 Euro zur Verfügung, der Verband Freie Darstellende Künste Bayern e.V. 4000 Euro für die beste Inszenierung. Auch das Publikum darf abstimmen. Wer vier Vorstellungen besucht hat, braucht für die fünfte keinen Eintritt bezahlen.

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