Feierstunde im Sitzungssaal:Zwischen Richter und Volk

Neue Schoeffen

Die neuen Schöffen mit Behördenleiter Christian Berg (hinten, von rechts) und den beiden Amtsrichtern Vera Hörauf und Markus Nikol.

(Foto: Andreas Junkmann)

Am Ebersberger Amtsgericht werden die neuen Schöffen begrüßt und auf ihren Dienst vorbereitet

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Vor dem Sitzungssaal II im Ebersberger Amtsgericht herrscht dichtes Gedränge. Das ist eigentlich nur dann der Fall, wenn es um schwerere Straftaten geht und eine ganze Reihe Zeugen gehört werden müssen. An diesem Tag ist der Grund aber ein weitaus positiverer, denn die Behörde hat ihre Schöffen zu einem Treffen eingeladen. Manche von ihnen sind ganz neu im Geschäft, andere gehen bereits in ihre dritte Amtsperiode. Eines eint sie aber alle: Sie wollen freiwillig einen Beitrag zum deutschen Rechtssystem leisten.

Wo normalerweise die Sachenverständigen Platz nehmen, steht auf einer Tischdecke im bayerischen Rautenmuster ein Korb mit Brezen. Zu trinken gibt es Kaffee und Sekt. Das Amtsgericht lässt sich nicht lumpen, wenn es um die Begrüßung der neuen Schöffen geht. Diese seien schließlich von besonderer Bedeutung für die Justiz, wie Behördenleiter Christian Berg sagt. "Sie sind die Schnittstelle zwischen Richterschaft und Volk." Der Sinn von ehrenamtlichen Richtern sei es, so Berg, die Bevölkerung in die Rechtssprechung mit einzubinden. "Ihre Aufgabe ist die Kontrolle und die Erdung der Richter", sagt Berg in Richtung der vollbesetzten Stuhlreihen im Sitzungssaal.

Dort, wo in aller Regel die Angeklagten oder die Prozesszuschauer sitzen, haben sich an diesem Tag ganz verschiedene Menschen eingefunden. Frauen, Männer, Jüngere und Ältere. Es ist, als hätte man einen Querschnitt aus der Gesellschaft herausgebrochen. Insgesamt 22 neue Schöffen und Hilfsschöffen haben sich für die fünf Jahre andauernde Amtsperiode gemeldet. Hinzu kommen einige "alte Hasen", wie Berg sagt, die teils schon langjährige Erfahrung mitbringen.

Für diejenigen sind die Ausführungen von Markus Nikol, der in Ebersberg das Schöffengericht leitet, deshalb nicht wirklich neu. Er erklärt in aller Kürze, wie ein Strafverfahren abläuft - von der Strafanzeige bis zum Urteilsspruch. Die Neuen hören gespannt zu, schließlich kennen viele von ihnen Gerichtsprozesse nur aus den Medien. In einem echten Sitzungssaal waren bislang die wenigsten. Genau hier werden sie künftig aber häufiger erscheinen müssen. Denn laut Nikol würden die Schöffen eine zentrale Rolle bei den Verhandlungen spielen. "Sie dürfen dem Angeklagten Fragen stellen und müssen gemeinsam mit dem Richter zu einer Entscheidung kommen." Dabei haben die Ehrenamtlichen das gleiche Stimmrecht wie der Vorsitzende, so Nikol.

Auch die Schöffen selbst kommen an diesem Tag zu Wort. Nikol will wissen, was sich die Neulinge von dem Amt erwarten - und bekommt ganz unterschiedliche Antworten. Manch einer findet es spannend, direkten Einfluss auf die Gerichtsbarkeit zu haben, ein anderer sieht es als Möglichkeit, der Gesellschaft in ehrenamtlicher Tätigkeit etwas zurückzugeben. Eine Erklärung ist aber immer wieder zu hören: "Ich möchte mithelfen, die Menschen auf den richtigen Weg zurückzubringen."

Bis die Schöffen das tun können, wird bei dem ein oder anderen noch ein bisschen Zeit vergehen. Die Ladungen zu den Prozessen bekommen sie etwa vier Wochen im Voraus. Erst bei den Verhandlungen selbst werden sie dann als Schöffen vereidigt.

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