Süddeutsche Zeitung

Rauchmelder:Immer mehr Fehlalarm-Einsätze für Ebersberger Feuerwehrler

Der Ebersberger Kommandant wirbt für eine neue Technik, die helfen soll, die Zahl der unnötigen Einsätze zu verringern. Doch es gibt auch skeptische Stimmen.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Bisweilen schaffen es ein paar winzige Fruchtfliegen, etliche Mehrtonner voller gestandener Feuerwehrleute in Gang zu setzen. So war es jedenfalls neulich in Ebersberg: Feueralarm - eine Brandmeldeanlage hatte ausgelöst. Der Ebersberger Feuerwehrkommandant Uli Proske und seine Leute eilten an den Ort des Geschehens, wo sie freilich weder Rauch, noch Flammen vorfanden - dafür aber jene Fruchtfliegen, die es sich im Rauchmelder gemütlich gemacht und den Alarm ausgelöst hatten.

Kein Einzelfall: 40 bis 50 Mal rückt die Feuerwehr allein in der Kreisstadt jährlich wegen Alarmmeldungen über automatische Brandmeldeanlagen aus, mehr als zwei Drittel davon stellen sich als Fehlalarme heraus. Das nervt nicht nur die Einsatzkräfte, "das ist auch ehrenamtsschädlich, wenn man dauernd blöd durch die Gegend fährt", sagt Proske. Er will jetzt bei Anlagenbetreuern für neue technische Wege werben, um diese Fehlentwicklung zu stoppen.

Denn dass sich was tun muss, das ist für ihn klar. Zum einen, sagt er, werden sich Kinder und Jugendliche schwer zu einer Mitgliedschaft bei der Feuerwehr motivieren lassen, wenn sie mitbekommen, dass ein Großteil der Einsätze frustrierende Fehlalarme sind. Doch schlimmer noch: Viele aktive Feuerwehrleute kommen inzwischen schon gar nicht mehr zum Feuerwehrhaus, wenn eine automatische Brandmeldeanlage den Alarm ausgelöst hat.

Die Atemschutzmasken müssen trotzdem desinfiziert werden

Schließlich sind sie bei diesem Ehrenamt auch auf das Entgegenkommen ihrer Arbeitgeber angewiesen - und auch die reagieren zunehmend genervt, wenn es wieder mal ein Fehlalarm ist. Man dürfe, sagt der Feuerwehrkommandant, auch nicht vergessen, was ein solch überflüssiger Einsatz alles an Arbeit nach sich zieht, schließlich geht es nicht nur um eine kurze Stippvisite am Einsatzort.

Jedes Mal beispielsweise müssen die Atemschutzmasken - die vielleicht gerade einmal drei Minuten getragen wurden - wieder gewaschen, desinfiziert, getrocknet, geprüft und wieder eingeschweißt werden. "Du machst dich halt zum Deppen", sagt Proske. Er fürchtet, dass er irgendwann mit viel zu wenig Leuten da steht, wenn einmal etwas wirklich Schlimmes passiert.

Dabei, sagt er, könnte es auch ganz anders laufen. Denn technisch sei es möglich, dass der Alarm nicht unmittelbar bei der Feuerwehr aufläuft, sondern zunächst beim Anlagenbetreiber, also den Zuständigen in Pflegeheimen, Unternehmen oder Einkaufszentren. Diese hätten dann drei Minuten Zeit, um festzustellen, ob es tatsächlich brennt. Die Meldung bekämen sie aufs Smartphone, das würde sie auch ohne Umwege zu dem Ort führen, wo der Alarm ausgelöst wurde.

Ist dort nur ein Topf Nudeln auf dem Herd angebrannt, oder haben beispielsweise Staubwolken bei Bauarbeiten die Sensoren des Brandmelders irritiert, kann der Betreiber den Alarm stoppen und der Feuerwehr einen Einsatz ersparen. Kann der Zuständige hingegen nicht eindeutig feststellen, dass es sich nicht um einen Brand handelt - oder ist er zu langsam auf dem Weg zum Alarmort - kommt die Feuerwehr auf jeden Fall. Laut Proske profitieren also letztlich auch die Firmen, die schließlich pro Fehlalarm 500 Euro zahlen müssen. Die 2000 bis 3000 Euro, die für die neue Technik investiert werden müsste, würde sich da schnell amortisieren, sagt der Ebersberger Kommandant.

Doch Kreisbrandrat Andreas Heiß bremst die Euphorie seines Ebersberger Kollegen ein wenig. Denn diese technische Lösung sei nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt, sagt er, zudem müsse auch die Sachversicherung des Anlagenbetreibers zustimmen. Wichtiger wäre nach Überzeugung des Kreisbrandrats, dass die Betreiber stärker in die Pflicht genommen würden, unter anderem, was die Wartung der Anlagen betreffe. Hier seien auch die Kommunen gefragt.

Auch Stefan Huber, Geschäftsführer der Kreisklinik, wo es immer wieder Fehlalarme gibt, sieht die Idee erst einmal eher kritisch. Zwar, sagt Huber, sei die Zahl der Fehlalarme wirklich ein Problem und auch für die Klinik eine Belastung. Und tatsächlich habe auch schon der Dampf eines Heißreinigers oder angebranntes Toastbrot solche Alarme ausgelöst. Doch müsse man sehr genau prüfen und mit allen relevanten Stellen besprechen, ob das wirklich eine Option auch für eine Klinik sei, so Huber: "Drei Minuten können im Brandfall sehr lang sein. Vielleicht sogar zu lang."

Die Ebersberger Feuerwehr will die Betreiber von Brandmeldeanlagen über die neue Technik informieren und plant dazu am 17. Januar 2019 eine Infoveranstaltung im Ebersberger Feuerwehrhaus. Anfragen zu diesem Termin sind an u.proske@fw-ebersberg.de möglich.

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Quelle:
SZ vom 20.10.2018/koei
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