Zwei Stunden war der Tweet online, dann hat Thomas Huber ihn auch schon wieder selbst gelöscht. Doch die Aufregung auf Twitter ist groß - denn der Grafinger CSU-Landtagsabgeordnete hat einen eigentlich höchst harmlosen Aufruf zum Impfen auf Twitter mit dem Hashtag "Impfen macht frei" versehen. Aus Versehen, wie Huber selbst beteuert, ohne allerdings in der Twitter-Community damit groß durchzudringen.
Der Hashtag lehnt sich an den Spruch "Arbeit macht frei" an, der an Toraufschriften nationalsozialistischer Konzentrationslager befestigt war. Benutzt wird er vor allem von jenen, die eben nicht wie Huber ausgesprochene Impf-Befürworter sind, sondern die Coronaimpfung ablehnen und Parallelen ihrer eigenen Situation zu jener der Verfolgten in der Zeit des Nationalsozialismus ziehen. Bei Twitter trendet dieser Hashtag seit einigen Tagen - und deshalb, so erklärt es Thomas Huber, habe er seinen Tweet wohl auch aus Versehen damit markiert. Er füge seinen Tweets in der Regel Hashtags hinzu, wie etwa #impfenschuetzt oder #ImpfenRettetLeben. Dazwischen müsse eben dieser üble Hashtag gewesen sein. "Ich hatte zuerst gar nicht bemerkt, dass ich diesen Hashtag benutzt hatte. Erst als mein Tweet so extrem oft kommentiert und geteilt wurde, habe ich es bemerkt", sagt er am Sonntag am Telefon.
Aufmerksam gemacht hatte zuerst die AfD auf den Tweet, woraufhin ein Journalist eines Nachrichtenportals, das selbst eine gern genutzte Informationsquelle von Coronaleugnern und Impfkritikern ist, ausführlicher darüber berichtet hat. Seither tobt ein Shitstorm gegen Huber im Netz, inklusive Rücktrittsforderungen und angekündigten Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft.
Huber selbst hatte sich - ebenfalls auf Twitter - noch in der Nacht zum Samstag entschuldigt und erklärt, wie es zu dem Hashtag gekommen war: "Leider habe ich beim Eintippen des Hashtags auf dem Handy, um auf die Notwendigkeit des Impfens hinzuweisen, unbemerkt, ohne Absicht und fälschlicherweise auf den hier zurecht in Frage gestellten Hashtag getippt", schreibt er. Und in einem weiteren Tweet: "Jede/r der mich kennt weiß, dass es nicht in meiner Absicht lag und liegt, an nationalsozialistisches Gedankengut zu erinnern oder selbiges zu verbreiten. Mir so etwas zu unterstellen, ist dreist!" Das unterstreicht Huber auch auf Nachfrage am Sonntag nochmals: Er sei überzeugter Demokrat und setze sich seit langem gegen "jede Form von Extremismus, insbesondere Rechtsextremismus ein". Vor allem AfD-Anhänger, Reichsbürger und Querdenker nutzten den Tweet aber nun für Angriffe auf ihn.
Tatsächlich finden sich auf Twitter aber auch Nutzer, die den Grafinger Abgeordneten verteidigen - und zwar solche, die absolut nicht im Verdacht stehen, den Holocaust zu verharmlosen. "Wer Thomas Huber kennt, weiß, dass er ein überzeugter Demokrat ist und sich seit Jahren gegen jeglichen Rechtsextremismus ausspricht. Seine Erklärung bzgl. des Hashtags ist für mich absolut glaubwürdig. Man sollte es dabei bewenden lassen, wenn man nicht bösartig sein will!", äußert sich Karl Freller, Vizepräsident des Bayerischen Landtages und Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten. Als solcher ist er auch für die KZ-Gedenkstätten Dachau und Flossenbürg verantwortlich. 2014 wurde er mit dem Rabbiner-Spiro-Preis der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern ausgezeichnet.