Europameisterschaft:Fußballer gegen Boykott

Trainer und Vorsitzende von Vereinen im Landkreis lehnen einen Boykott der Spiele in der Ukraine ab.

Theresa Lackner

In fünf Wochen beginnt die Fußball-Europameisterschaft (EM) in der Ukraine und Polen. Derzeit wird in Deutschland diskutiert, ob man die Ukraine boykottieren sollte. Denn es wächst die Sorge um die ehemalige ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko. Sie wurde 2011 zu sieben Jahren Haft verurteilt und berichtet von Misshandlungen aus dem Gefängnis. Auf sportlicher und politischer Ebene ist umstritten, wie das Ausland mit der Situation umgehen sollte. Vertreter von Fußballvereinen im Landkreis lehnen einen kompletten Boykott der Spiele ab. Uneinig sind sie sich allerdings, inwieweit die Politik sich bei dem Sportevent einmischen sollte.

Das ist eine schwierige Angelegenheit. Einerseits ist es das größte Fußballfest Europas und sollte mit Spaß gefeiert werden. Andererseits sollte der Sport in dieser Größenordnung schon ein Zeichen setzen", sagt Oliver Willi, der Vorsitzende des FC Falke Markt Schwaben. Den Grat, der zwischen Sport und Politik verläuft, zu finden, sei schwierig. "Die deutsche Mannschaft sollte teilnehmen, könnte aber als Gruppe ein diplomatisches Statement abgeben.", schlägt er vor. Man dürfe schließlich nicht vergessen, dass man zu Gast in der Ukraine sei.

Für Hans-Günter Kempf, den Vorsitzenden des SC Baldham-Vaterstetten, ist ganz klar, was getan werden muss: "Sport und Politik müssen in dieser Sache meiner Meinung nach tunlichst getrennt werden." Die Mannschaften sollen das Turnier wie vorgesehen spielen, sich dabei aber jeglichen politischen Kommentars enthalten. Auf politischer Ebene solle das Turnier jedoch komplett boykottiert werden. Das sei ein Zeichen dafür, dass man sich nicht "vor einen diktatorischen Wagen spannen" lasse.

Thomas Aßmann, der Trainer der zweiten Herrenmannschaft des TSV Poing, sieht den Ursprung des Problems schon im Vergabesystem der Fifa. "Dass in der Ukraine kein großer Wert auf die Menschenrechte gelegt wird, ist seit Jahren klar." Deswegen hätte das osteuropäische Land gar nicht erst zur Auswahl für die Ausrichtung stehen dürfen. Die Sportler solle man für diesen Fehler freilich nicht bestrafen. Schließlich hätten sie sich seit langem auf das Ereignis gefreut und vorbereitet. Er hoffe aber, dass die Spieler auf die politischen Umstände hinweisen werden, wenn sie in den Medien die Chance dazu hätten.

Klar Stellung bezieht Wilhelm Küffner, der ehemalige Geschäftsführer des Bayerischen Fußballverbandes. "Ich bin ganz klar gegen den Boykott, weil ich nicht einsehe, dass der Sport immer für das gerade stehen muss, was die Politik nicht bewerkstelligen kann." Er lehnt die "Instrumentalisierung des Sports" ab. Die Spieler selbst seien natürlich mündig und haben das Recht und sogar die Pflicht, sich zu äußern und Flagge zu zeigen. Dass Angela Merkel und andere Politiker vorhaben, das Turnier zu boykottieren, findet er richtig. "Auf politischer Ebene ist das in Ordnung."

Auch der Trainer der Ebersberger Herrenmannschaft, Massimo Foraterra, hält eine Trennung von Sport und Politik für sinnvoll. "Ich finde es nicht in Ordnung, dass sich der Sport in diese politischen Angelegenheiten einmischen soll." Durch die Politik werde dieses Zusammenkommen verschiedener Nationen beeinträchtigt. Deshalb sollte sie sich "andere Mittel zunutze machen." Nur, wenn für die Spieler eine Gefahr bestehe, sollte man eine Teilnahme überdenken.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: