Es drohen Geschäftsaufgaben:Apotheker plagen Existenzsorgen

Neue gesetzliche Bestimmungen und die Konkurrenz im Internet schmälern die Verdienstmöglichkeiten im Medikamentenhandel deutlich

Sascha Bolder

Viele Apotheker im Landkreis kämpfen ums wirtschaftliche Überleben. Für ländliche Apotheken werde es immer schwerer, sich am Markt zu behaupten, sagt Uwe Scheerschmidt, Sprecher der 34 Betreiber im Landkreis. Während die Ausgaben durch Mieterhöhungen und steigende Gehälter für Angestellte seit Jahren wachsen würden, seien die Verdienstmöglichkeiten immer weiter gesunken. "Außerhalb von Großstädten kann man aus einer Apotheke heute nicht mehr rausholen als bestenfalls ein Angestelltengehalt", sagt Scheerschmidt. Zwar sei es bislang im Landkreis noch nicht zu einer Welle von Schließungen gekommen, das bedeute aber nicht, dass es den Apothekern wirtschaftlich gut gehe, erklärt der 62-Jährige. Auch Thomas Metz, Pressesprecher des Bayerischen Apothekerverbands, kennt die Probleme und sieht die Gefahr, dass in Zukunft Apotheken schließen müssen. "Die Zahl in Bayern schrumpft seit Jahren", sagt Metz. Eine Apotheke sei heute kein Selbstläufer mehr.

Der Grund dafür liegt vor allem im Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (Amnog) aus dem Jahr 2011. Das Gesetz regelt die Verdienstmöglichkeiten im Handel mit Medikamenten. Demnach erhalten Apotheker für jedes verschreibungspflichtige Medikament, das sie verkaufen, nur noch einen Fixbetrag von 8,35 Euro zuzüglich drei Prozent des Verkaufspreises. Davon müssen sie jedoch 1,75 Euro an die Krankenkassen abführen. Metz erklärt, dass etwa zwei Drittel des Umsatzes mit Arzneimitteln der Pharmaindustrie zugute kommen. Auch der Staat verdient durch Steuern am Handel mit Arzneimitteln kräftig mit. Erst an dritter Stelle folgen die Apotheker. Zudem wurden durch Amnog auch die Möglichkeiten der Apotheker begrenzt, im Handel mit Pharmagroßhändlern Rabatte zu bekommen.

Neben den gesetzlichen Bestimmungen ist laut Scheerschmidt vor allem die Konkurrenz durch Internetapotheken schuld an der prekären wirtschaftlichen Lage vieler Landapotheken. "In einer Internetapotheke bekommt der Patient aber keine Beratung", mahnt er. "Ich kenne meine Kunden seit vielen Jahren und kann sagen, welche Medikamente sie wegen der Wechselwirkungen zu anderen Medikamenten nicht nehmen dürfen." Diese Sicherheit könne eine Internetapotheke nicht bieten.

Dass unter diesen Bedingungen kaum noch jemand eine Apotheke auf dem Land führen möchte, hat auch der Apotheker Michael Baumann erfahren müssen. Anfang des Jahres hat er die Sankt-Sebastian-Apotheke in Ebersberg geschlossen, die er drei Jahrzehnte lang geführt hat. Das habe überwiegend gesundheitliche Gründe gehabt. Bei seiner Entscheidung habe aber auch eine Rolle gespielt, dass die Ertragslage immer schlechter geworden sei.

Zwei Jahre lang hat sich Baumann vergeblich um einen Nachfolger bemüht. "Ich habe bei pharmazeutischen Großhandlungen und Apothekenvermittlern nachgefragt, aber ich konnte niemanden finden, der eine Apotheke übernehmen möchte", sagt Baumann. Dabei liegt die Sankt-Sebastian-Apotheke verhältnismäßig günstig und profitiert vom Patientenstrom der nahegelegenen Kreisklinik. Dass sich kaum noch ein junger Apotheker bereit erklärt, ein eigenes Geschäft zu eröffnen, wundert Baumann jedoch nicht. "Das Pharmaziestudium ist das Studium mit dem wohl breitesten naturwissenschaftlichen Rahmen", erklärt der Apotheker. Gemessen am Aufwand für die Ausbildung ständen die Verdienstmöglichkeiten in keinem gesunden Verhältnis mehr, sagt Baumann.

Wegen der Schließung seiner Apotheke hat Baumann nun noch viele Medikamente auf Lager. Seine Lieferanten nehmen aus Kulanz und aus Dank für seine langjährige Treue einen Teil der Arzneimittel zurück. Allerdings erstatten sie ihm nur zwischen einem Drittel und der Hälfte des ursprünglichen Preises. Auf dem Verlust bleibt er sitzen.

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