Erzbistum München und Freising:Der Familie auf der Spur

Archiv des Erzbistums München und Freising geht online, Lesesaal des Archivs des Erzbistums, Karmeliterstraße 1

Archivoberrat Roland Götz sorgt dafür, dass jeder Einblick in die kirchlichen Archive bekommt.

(Foto: Florian Peljak)

Viele Menschen betreiben Ahnenforschung. Im digitalen Archiv des Erzbistums München und Freising werden sie fündig

Von Jakob Ille, Ebersberg

Wann wurde mein Ururgroßvater geboren? Wo hat er geheiratet? Viele Menschen stellen sich Fragen wie diese. Die private Ahnenforschung, die Genealogie, wird in ganz Deutschland immer beliebter. Je weiter die Menschen in die Vergangenheit eintauchen, umso spärlicher werden die Informationen. Dann führt der Weg meist nur noch über die Kirchen weiter. Das Erzbistum München und Freising stellt sukzessive seinen Gesamtbestand online. Kostenlos kann sich jeder auf der Suche nach den eigenen Vorfahren durch das digitale Archiv klicken.

Roland Götz, Theologe, Kirchenhistoriker und Archivoberrat des Erzbistums München und Freising, erklärt, wie das funktioniert. Zuletzt hielt er seinen Online-Vortrag "Heimat online. Neue Möglichkeiten der orts-, pfarr- und familiengeschichtlichen Forschung im digitalen Archiv des Erzbistums München und Freising" auf Einladung des Historischen Vereins Erding. Götz schilderte, wie man mit Hilfe des Archivs mehr über seine Ahnen, aber auch über die Geschichte des eigenen Ortes herausfinden kann. Zentraler Punkt der Ahnenforschung sind demnach die Tauf-, Trau- und Sterbebücher.

Vor der Einführung von Standesämtern im Jahr 1876 gab es keine kommunale Erfassung dieser familiären Ereignisse. Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle wurden nur in den von Pfarrämtern geführten Kirchenregistern festgehalten. Seit 1876 gibt es parallel zu den katholischen Büchern auch weltliche Archive. Sie sind vor allem bei der Suche nach nicht-katholischen Personen relevant. Die Pfarreien im Bistum sind verpflichtet, die älteren Bücher, in denen die Ereignisse vor 1876 festgehalten wurden, an das Archiv des Bistums abzutreten, bei Büchern aus der Zeit nach der Einführung von Standesämtern werde es zumindest empfohlen. Mittlerweile ist das Archiv zumindest teilweise auch online verfügbar, aber dafür brauchte es einen mehrjährigen Vorlauf. In Zeiten der Pandemie und eingeschränkter persönlichen Nutzung des Archives und der Bibliothek in München sei die Digitalisierung jedoch umso wichtiger, sagte Götz. Bis der gesamte Bestand online sei, werde es aber noch etwa ein Jahr dauern. In alphabetischer Reihenfolge werden die Bestände der Pfarreien digitalisiert, derzeit sei man beim Buchstaben K.

Über die Unterlagen im digitalen Archiv sind auch viele nicht-kirchliche Informationen abrufbar, betonte Götz. Interessant sei das Archiv daher nicht nur für Menschen, die die eigene Familiengeschichte ergründen möchten, sondern für alle, die sich mit der Geschichte ihres Ortes oder mit früheren Lebensverhältnissen befassen möchten. In den Pfarrakten der Pfarrei Traunwalchen in Traunreut finden sich beispielsweise Unterlagen kirchlicher Eheprozesse, wie es auf der Homepage des Erzbistums heißt. 1664 klagte demnach eine Frau gegen einen Schlossverwalter, der ihr angeblich die Ehe versprochen hatte. Er leugnete es, sie musste es beweisen und legte schließlich laut Götz elf Liebesbriefe des Verwalters vor. Der Mann wurde schuldig gesprochen.

Zu einigen der chronologisch verfassten Tauf-, Trau- und Sterbebücher gibt es später angelegte alphabetische Register, die die Suche erleichtern. Auch an einer thematischen Gliederung wird gearbeitet. Ein Problem wartet aber auf alle Ahnenforscher: die Schrift. Die meisten Dokumente sind handschriftlich verfasst und als Foto oder Scan einsehbar. Wem die alte Handschrift Schwierigkeiten bereitet, empfiehlt Götz die digitale Schriftkunde auf gda.bayern.de. Die jüngsten Dokumente reichen bis in die 1960er Jahre, allerdings handelt es sich dabei nicht um Tauf- oder Trauungsbücher, weil sie aus datenschutzrechtlichen Gründen erst 120 nach der Taufe und 100 Jahre nach der Trauung digital veröffentlicht werden dürften. Die Dokumente werden jährlich um die Einträge ergänzt, bei denen diese Frist abgelaufen ist. "In diesem systematischen Ansatz den Gesamtbestand zu digitalisieren, das macht, soweit ich weiß, kein anderes bayerisches Bistum", sagte Götz. Die Bistümer Passau und Augsburg haben bereits Teile ihres Archivs veröffentlicht, in Regensburg werde daran gearbeitet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: