Erneuerbare Energien:Frische Brise

Der Landkreis bringt die Planungen für den seit 2010 diskutierten Windpark im Forst weiter voran. Ein Gutachten soll in den kommenden Monaten klären, ob die Anlagen im Wald grundsätzlich möglich sind

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Die Planungen für den Windpark im Forst gehen in die nächste Runde. Der zuständige Ausschuss des Kreistages hat ein aufwendiges Gutachten beauftragt, das klären soll, ob und unter welchen Bedingungen Windräder im Wald aufgestellt werden können. Ob es indes ein Ratsbegehren zum Windpark geben wird, wie es Landrat Robert Niedergesäß (CSU) 2017 ins Gespräch gebracht hatte, ist derzeit unsicher. Die Regierung von Oberbayern hält ein solches für unzulässig.

Sie argumentiert, die Landkreisbürger könnten über den Windpark nicht abstimmen, weil ein Projekt zur Stromerzeugung keine Pflichtaufgabe der Landkreise sei. Im Landratsamt wiederum argumentiert man, es werde nicht über ein Windkraftwerk abgestimmt, sondern darüber, ob das Landschaftsschutzgebiet im Forst so verändert werden soll, dass fünf Windräder aufgestellt werden dürfen.

Ob dies überhaupt möglich ist, soll nun untersucht werden, wie Martin Spiekermann vom Ingenieurbüro Burkhardt-Engelmayer vorstellte. Konkret geht es darum, wie sich die im Jahr 1984 erlassene "Verordnung zum Schutz des Ebersberger Forstes als Landschaftsschutzgebiet" mit einem Windpark in Einklang bringen lässt. Laut juristischer Prüfung könnten sogar derzeit einzelne Windräder genehmigt werden. Wobei dies durchaus Interpretationsspielräume offen lasse, "Einzelgenehmigungen sind kein angemessenes Verfahren", so sein Fazit.

Besser sei eine "Umzonierung", die teilweise Aufhebung der Verordnung. Dazu muss zunächst das betreffende Gebiet naturschutzfachlich untersucht werden. Aus Kostengründen solle aber nicht der gesamte Forst einbezogen werden. So könnte man den östlichen Teil wegen des Wetterradars in Schnaupping nicht für Windanlagen nutzen. Das gleiche gelte für die streng geschützten Flora-Fauna-Habitate und alle Bereiche des Forstes, die unter die 10-H-Regel fallen, also näher als das Zehnfache der Höhe der Windräder an der nächsten Wohnbebauung liegen.

Übrig bliebe ein Bereich von 1645 Hektar, wo der Zustand des Waldes, das Vorkommen von Vögeln, Fledermäusen und anderen betroffenen Tierarten untersucht wird. Daraus ergeben sich Flächenpotenziale, also Stellen im Forst, wo Windräder aufgestellt werden können - oder eben nicht. Die nächste Phase wäre eine ausführliche Umweltverträglichkeitsprüfung. Fällt diese positiv aus, könnte ein Bauantrag gestellt werden. Ab dieser Phase würde der Investor bezahlen, bis dahin der Landkreis, was etwa 91 000 Euro kosten werde.

Der Klimaschutzmanager des Landkreises, Hans Gröbmayr, warb für dieses Vorgehen. Wenn der Landkreis sein selbst gestecktes Ziel, bis 2030 unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden, annähernd erreichen wolle, seien die Windräder unbedingt nötig. Laut Gröbmayr würden die fünf Anlagen insgesamt etwa 40 Gigawattstunden im Jahr erzeugen. Nach seinen Berechnungen bräuchte man jährlich einen weiteren Windpark gleicher Größe, um das Energiewendeziel zu erreichen. Kritik übten Johann Taschner und Max Finster von der Unteren Naturschutzbehörde. Taschner warnte, die Umzonierung könne "nach hinten losgehen" und den gesamten Schutzstatus gefährden. Finster sagte gar, es werde "ein Heiligtum aufgegeben", er wolle sich gar nicht vorstellen, dass sich bis zu 200 Metern über den Baumwipfeln Rotoren drehten.

Der Forst habe sich in den vergangenen Jahrhunderten stetig verändert, sagte der langjährige Vorsitzende der Waldbesitzervereinigung, Johann Riedl (CSU). Doch aktuell ändere sich das Klima, "wenn wir unsere Landschaft überhaupt erhalten wollen, müssen wir etwas tun". Zudem seien 1500 Quadratmeter Fläche pro Windrad angesichts von 10 000 Hektar Waldfläche verschwindend klein und würden außerdem ausgeglichen. Martin Lechner (CSU) vermisste Vorschläge, wie man den Strom sonst erzeugen soll, "wir werden keinen Stausee im Atteltal zusammenbringen". Auch aus der SPD kam Zustimmung, das schrittweise Vorgehen stelle sicher, so Renate Glaser, dass Klima- und Umweltschutz gut gegeneinander abgewogen würden. Wobei beide im Grunde dasselbe seien, so Bianka Poschenrieder, wenn man die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen ernst nehme "kann der Klimaschutz nicht warten". Waltraud Gruber (Grüne) und ihre Fraktionskollegin Ilke Ackstaller betonten den Vorbildcharakter: Vielleicht würde in der einen oder anderen Gemeinde die 10-H-Regel ausgesetzt, wenn der Windpark gut funktioniere. Wovon Wilfried Seidelmann (FW) nicht ganz überzeugt war, er stellte die Frage nach der Rentabilität der Anlagen. "Wir haben kein Interesse an unwirtschaftlichen Anlagen, wir wollen sie nicht verkaufen, sondern betreiben", meinte dazu Green City Projektentwickler Severin von Woyna.

Grundsätzliche Kritik kam von Hagen Theurich (parteilos): "Das kann man überall hinstellen, aber nicht in den Forst." Niedergesäß erinnerte daran, dass es "heute nicht für oder gegen den Windpark" gehe, sondern um das weitere Vorgehen. Auch er sehe den Konflikt zwischen "zwei hohen Schutzgütern", der sich nicht leicht aufheben lasse. "Aber wir müssen vorankommen", darum sei das Gutachten wichtig. Was außer Theurich sämtliche Ausschussmitglieder ebenso sahen.

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