Süddeutsche Zeitung

Entscheidung in Poing:Ein bisschen Grün, aber keine Farbe

Der Poinger Gemeinderat einigt sich auf ein Konzept, wie die neue Fußgänger- und Radlerunterführung etwas gefälliger gestaltet werden kann. Begonnen wird auf der Südseite

Von Barbara Mooser, Poing

Schönheit liegt im Auge des Betrachters, das ist am Donnerstag auch im Poinger Gemeinderat wieder sehr deutlich geworden: Während die einen - etwa Yvonne Großmann von den Grünen - die neue Fußgänger- und Radlerunterführung im Ortszentrum als "Betonmonster" schmähten, waren andere - etwa Bärbel Kellendorfer-Schmid von der SPD - voll des Lobes für das Bauwerk: "Ich bin ein bekennender Fan", sagte sie. Dennoch konnten sich die beiden Lager letztlich mehrheitlich darauf einigen, dem vielen hier verbauten Beton ein wenig Grün entgegenzusetzen. Begonnen werden soll auf der Südseite der Unterführung.

Die seit vielen Jahren - eher schon Jahrzehnten - geplante Unterführung bringt den alten und den neuen Ortsteil einander näher, eröffnet wurde das Bauwerk im April. Doch die massive Ausführung in Beton gefiel nicht jedem, die Forderungen aus der Bevölkerung nach ein bisschen Grün häuften sich. Bürgermeister Thomas Stark (parteilos) erinnerte daran, dass die Gestaltung schließlich noch nicht abgeschlossen sei. Hierfür hat Landschaftsarchitektin Annette Wrulich nun ein Konzept entwickelt, das sie bereits im Juli im Bau- und Umweltausschuss präsentiert hatte und auf der Basis der Anregungen der Gemeinderatsmitglieder nun nochmals modifiziert hat.

Es sieht zu Beginn der Betonrampen auf beiden Seiten kleine Baumgruppen vor, die die Sicht nicht behindern, aber die Optik ein wenig auflockern und Schatten spenden. Die Asphaltfläche wird dadurch im Süden auf zwei Fahrbereiche mit einer Breite von jeweils acht Metern geteilt, im Norden sind es je fünf Meter. Außerdem wird im Süden die Ostböschung durch Baumanpflanzungen und Kleinsträucher begrünt. An der westlichen Mauer soll eine Wildheckenpflanzung mit integriertem Maschendrahtzaun ein Betreten der Mauerkrone verhindern. Im Norden sollen auf der Kiesfläche östlich der Rampe zusätzliche Stellplätze für 74 Fahrräder entstehen.

Gestartet werden soll mit den Arbeiten an der Südseite, diese waren im Gremium weitgehend unstrittig. Im Norden hingegen will man noch etwas abwarten, denn hier wird vermutlich bald wieder gebaut. Die Bahn muss schließlich noch ihre behindertengerechten Zugänge zum Bahnsteig schaffen. Eigentlich hätte das parallel zur Baumaßnahme der Gemeinde stattfinden sollen, doch die Bahn verschob ihr Projekt. Es sei nach der Ausschreibung nur ein Angebot eingegangen, und das sei nicht realistisch gewesen, hieß es damals.

Nun ist der barrierefreie Ausbau des Poinger Bahnhofs im Jahr 2021 in Planung. Was die Gestaltung der Fußgänger- und Radlerunterführung betrifft, hätte die Planerin eigentlich noch etwas mehr im Gepäck gehabt: Denkbar wäre ihrer Ansicht nach auch gewesen, Hängepflanzen über den Beton ranken zu lassen und mit Graffiti oder anderer farbiger Bauwerkskunst zu kontrastieren. Doch gerade zum Thema Farbe gab es gehörige Widerrede im Gremium. "Da machen wir sie graffitisicher und dann streichen wir sie selbst an", das passe einfach nicht, urteilte etwa Peter Maier (SPD), der sich auch gegen rankende Pflanzen aussprach: "Das bleibt ein Ingenieurbauwerk, ein Biotop werden wir daraus nicht machen." Als "kleinkariert oder vielmehr grünkariert" bezeichnete seine Fraktionskollegin Bärbel Kellendorfer-Schmid die vorgeschlagene Berankung, Omid Atai, ebenfalls SPD, wies darauf hin, dass die Funktionalität des Bauwerks im Mittelpunkt stehen müsse. Franz Langlechner (CSU) sprach sich ebenfalls gegen zu viel Veränderung aus, man müsse dem Bauwerk "eine Chance geben, sich zu entwickeln". So ganz neu und kaum in die Umgebung integriert sehe es eben noch ein bisschen ungewohnt aus. "Das Bauwerk ist architektonisch eine Meisterleistung", unterstrich Herbert Lanzl (CSU), man müsse aufpassen, dass man es nicht mit den geplanten Ergänzungen überlaste.

Insbesondere die Grünen wollten sich den Lobeshymnen über die Unterführung eher nicht anschließen. Christina Landgraf etwa sagte über die Ideen Wrulichs: "Die Planung ist sehr ansprechend und viel sympathischer als das, was wir jetzt hier haben." Yvonne Großmann blitzte mit ihrer Idee ab, auf die Unterführung noch Gabionen - also steingefüllte Drahtkörbe zu setzen - und diese zu begrünen. Das würde auch gar nicht funktionieren, sagte die Landschaftsarchitektin.

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Quelle:
SZ vom 21.09.2020
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