Energiewende:Noch weit vom Ziel entfernt

Energiewende: Gas, das aus überschüssigem Strom produziert wird, könnte im Erdgasspeicher in Wolfersberg gelagert werden.

Gas, das aus überschüssigem Strom produziert wird, könnte im Erdgasspeicher in Wolfersberg gelagert werden.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bis 2030 will der Landkreis unabhängig von fossilen Energien sein. Die Zwischenbilanz fällt ernüchternd aus. Dennoch entwickelt der Kreis jetzt eine Strategie, wie überschüssiger Strom gespeichert werden könnte

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Es bleibt nur noch wenig Zeit für einen weiten Weg: Wenn der Landkreis wirklich bis 2030 unabhängig von fossilen Energien werden will, wie er es sich vorgenommen hat, muss er jetzt Gas geben. Denn der Anteil Erneuerbarer ist nicht in dem Ausmaß gewachsen wie geplant - gleichzeitig ist der Stromverbrauch nicht so gesunken wie erhofft. "Es ist leider nicht so erfreulich, wie wir es uns wünschen würden", räumte Klimaschutzmanager Hans Gröbmayr in der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses des Kreistags ein. Doch die Pläne bleiben ehrgeizig - und es gibt sogar schon eine Idee, wie man den Strom aus Wind- und Photovoltaikanlagen speichern könnte, wenn er denn einmal im Überschuss erzeugt würde: umgewandelt in Gas im Speicher in Wolfersberg.

Denn am Meilensteinplan für die Energiewende will man auf jeden Fall festhalten, auch wenn dieser zum heutigen Zeitpunkt sehr ambitioniert erscheint: Momentan werden gerade einmal 27 Prozent des Stroms, der im Landkreis verbraucht wird, auch im Landkreis aus erneuerbaren Energien produziert. Im Bundesdurchschnitt stammen 35 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien. Noch kritischer sieht es im Landkreis in den Bereichen Wärme und Mobilität aus.

Die Infrastruktur müsste also massiv ausgebaut werden bis 2030, um hier allein beim Strom die Wende zu schaffen. Während es momentan ein Windrad, 4124 PV-Dachanlagen, vier PV-Freianlagen und 41 Biomasseanlagen gibt, müssten es 2030 33 Windräder, 17 000 PV-Dachanlagen, 126 PV-Freiflächenanlagen und 55 Biomasseanlagen sein - oder auch ein anderer Mix, der es schafft, die dann benötigten 702 Gigawattstunden jährlich zu produzieren.

Würde es tatsächlich gelingen, bis 2030 so weit zu kommen, bliebe aber immer noch ein großes Problem: Erneuerbare Energien können nicht beliebig zu jeder Tages- und Nachtzeit, je nach Bedarf, gewonnen werden. Solarstrom fällt an, wenn die Sonne scheint, Windenergie gibt es bei einer Flaute nicht. Laut Berechnungen von Markus Henle, dem Chef des kommunalen Energieversorgungsunternehmens Eberwerk, würde somit im Jahr 2030 im Sommer die Stromproduktion den Bedarf im Landkreis um 50 bis 60 Prozent übersteigen, im Winter könnte in etwa die Hälfte des Bedarfs abgedeckt werden.

Ideal wäre es also, man könnte überschüssigen Strom zu einigermaßen wirtschaftlichen Bedingungen speichern - und das könnte im Landkreis nach Einschätzung Henles durchaus gelingen. Denn in Wolfersberg bei Oberpframmern gibt es seit vielen Jahren einen Erdgasspeicher, eine Infrastruktureinrichtung, die laut Henle gegen Gebühr allen Marktteilnehmern zur Verfügung gestellt werden muss - ähnlich etwa wie beim Stromnetz. Zuvor allerdings muss der Strom noch in eine speicherbare Form umgewandelt werden. "Power to gas", heißt das Konzept, das es möglich macht, mit Hilfe von elektrischer Energie Gas zu produzieren, das gelagert und dann bei Bedarf wieder zur Stromproduktion verwendet werden könnte. Bisher habe diese Technologie noch einen "stolzen Preis", sei also kaum wirtschaftlich nutzbar, erläutert der Chef des Eberswerks. Doch in Demonstrationsanlagen funktioniere die Technik bereits - und sofort hat der Landkreis ja ohnehin noch keinen Bedarf an Stromspeichern.

Ob "Power to gas" in der Zukunft eine Option sein könnte, das will Henle nun zunächst genauer prüfen: "Wir wollen sehen, ob das Ganze energiewirtschaftlich eine Chance auf Umsetzung hat." Erste Kontakte mit Betreibern des Gasspeichers habe es bereits gegeben. Grundsätzlich wären die Kapazitäten dort so, dass man den Landkreis aus den Reserven im Winter einen Monat lang mit Strom versorgen könnte, erläutert der Chef des Eberwerks.

Doch bis es so weit ist, ist noch viel zu tun, wie Klimaschutzmanager Hans Gröbmayr in der Sitzung des Umweltausschusses in aller Deutlichkeit klar machte. Insbesondere sei hier eine intensive Zusammenarbeit mit den Gemeinden wichtig. Nur diese könnten darüber entscheiden, ob Windräder auf ihrem Gebiet trotz der 10-H-Abstandsregel errichtet werden dürften. Zudem müsse jedes kommunale Vorhaben auf seine Relevanz für die Energiewende untersucht und dahingehend optimiert werden. Mit Impulsen aus Berlin oder München, die die Energiewende voranbringen, rechnet Gröbmayr indes inzwischen nicht mehr.

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