Energiewende im Landkreis Ebersberg:In kleinen Schritten zum großen Ziel

Brucker Windrad

Der Ausbau von Windkraft, hier die Anlage in Hamberg bei Bruck, ist eine der Säulen, in die die Arbeitskreise ihre Hoffnungen setzen.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Dass es mit der Energiewende im Landkreis voran geht, liegt auch an vielen Vereinen und Arbeitskreisen. Ehrenamtlich Engagierte investieren hier viel Arbeit - und müssen auch immer wieder Rückschläge hinnehmen.

Von Viktoria Niggemann, Ebersberg

Schon weit vor dem 24. Februar war angesichts des voranschreitenden Klimawandels klar, dass es zu einer Energiewende keine Alternative gibt. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine und der damit verbundenen Unsicherheit, wie es mit der Energieversorgung weltweit weiter geht, ist der Kurswechsel noch drängender geworden. Auch im Landkreis Ebersberg gibt es viel Potenzial, ob Photovoltaik, Windkraft oder Tiefengeothermie. Gerade kleine Arbeits- und Aktionskreise bringen hier - im Rahmen ihrer Möglichkeiten - einiges voran, wie die Beispiele aus Oberpframmern, Vaterstetten und Glonn zeigen. "Die Lücke zur Klimaneutralität ist noch enorm groß, aber wir spüren Aufbruch", beschreibt Bärbel Zankl, Sprecherin des Arbeitskreises (AK) Energie Oberpframmern, die Stimmung in ihrer Gemeinde. Ähnlich sehen es Akteure in anderen Gemeinden. Doch auch Rückschläge gibt es immer wieder.

Die Bilanz, die Bärbel Zankl für Oberpframmern zieht, fällt aber erst einmal positiv aus. Hier setzt man primär auf Photovoltaik; um die Bürger und Gewerbetreibenden zu erreichen, hat der Arbeitskreis bereits diverse Aktionen organisiert. Allein die Dächer im Gewerbegebiet Aich könnten 30 Prozent des Gewerbestrombedarfs in Oberpframmern decken, sagt Zankl, "dann braucht es noch ein halbes Windrad, und unser Gewerbe ist klimaneutral". Bei einer Infoveranstaltung Ende März, an der etwa 30 Personen teilnahmen, kristallisierte sich laut Zankl heraus, an welcher Stellschraube gedreht werden muss.

Energiewende im Landkreis Ebersberg: Bärbel Zankl sieht einige Fortschritte. Dennoch sei noch viel zu tun, sagt sie.

Bärbel Zankl sieht einige Fortschritte. Dennoch sei noch viel zu tun, sagt sie.

(Foto: privat)

Die Wirtschaftlichkeit von erneuerbaren Energien stehe außer Frage, aber besonders für gewebetreibende Mieter, die Photovoltaik nutzen möchten, seien die Regelungen kompliziert und abschreckend, erklärt Zankl. Deshalb sei es ihnen ein Anliegen gewesen, bei der Veranstaltung über Lösungen für sie aufzuklären. Um die Energiewende effektiv voranzutreiben, müsse jedoch vor allem die Politik handeln.

Nicht nur Unternehmen, auch Privatleute will der AK Energie Oberpframmern ins Boot holen. Im März verschickte der Arbeitskreis einen Flyer an alle Haushalte, der neben Informationen auch das Angebot zu einer nachbarschaftlichen Solarberatung enthielt. Zudem können sich die Bürger in der Gemeinde ein Balkon-Solarmodul zum Testen ausleihen. Zankl lobt die Kooperation mit dem Gemeinderat und dem Bürgermeister, Andreas Lutz (CSU). Im "Sofortprogramm Energiewendeprojekte" sollen nun mit dem Gemeinderat Prioritäten für die Zukunft festgelegt werden. Auch eine Stammtischreihe für Schwerpunktthemen soll wieder aufleben.

Neben der Energiewende bemüht sich der AK Energie Oberpframmern auch um eine Mobilitätswende zum Klimaschutz. Dafür stellten sie im März bei Landrat Robert Niedergesäß einen Antrag für eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 Stundenkilometern auf der ortsdurchschneidenden Staatsstraße. Am vergangenen Wochenende hat zudem die zweite Oberpframmerner E-Auto-Ausstellung stattgefunden. Gleichzeitig wurde die Ladesäule an der Mehrzweckhalle in Betrieb genommen. Für das Dach der Halle sei außerdem eine Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 60 Kilowatt-Peak (kWp) geplant, so Bürgermeister Lutz. Gleiches sei, mit 300 kWp, bis 2023 für das Wasserwerk geplant.

Die Nutzung der Geothermie wäre in Vaterstetten eine große Chance

In Vaterstetten soll vor allem die Nutzung von Tiefengeothermie intensiviert werden. Dabei wird Erdwärme zum Wärme- und Stromgewinn genutzt. Wasser aus der Tiefe wird mit 80 bis 90 Grad an die Oberfläche gepumpt und über einen Wärmetauscher nutzbar gemacht. Anschließend wird das Wasser zurück ins Erdreich gepumpt, um es dort zu erhalten. Der Vorteil von Tiefengeothermie ist ihre ständige Verfügbarkeit. In Vaterstetten seien die Voraussetzungen dafür optimal, erklärt Sepp Mittermeier, Pressesprecher der Energiewende Vaterstetten, denn dort könne Wasser aus bis zu 3000 Metern Tiefe gewonnen werden.

Bereits 2006/07 sei Geothermie ein Thema gewesen, sagt Mittermeier, nun soll das Projekt realisiert werden, sofern es mit der Finanzierung klappt. "Die Situation hat sich dramatisch geändert", sagt Mittermeier und bezieht sich darauf, dass Deutschland dringend von russischer Energie unabhängig werden muss. Wie es mit der Geothermie weitergeht, wird sich voraussichtlich im Sommer zeigen, wenn verschiedene Vorprüfungen abgeschlossen sind.

Energiewende im Landkreis Ebersberg: Sepp Mittermeier engagiert sich im Gemeinderat und im Arbeitskreis für die Energiewende.

Sepp Mittermeier engagiert sich im Gemeinderat und im Arbeitskreis für die Energiewende.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Doch auch Windenergie und Photovoltaik sollen in Vaterstetten ausgebaut werden. Die Nutzung von Photovoltaik sei "streng empfohlen", erklärt Mittermeier, der auch Fraktionssprecher der SPD im Gemeinderat ist. Man beobachte ein großes Engagement bei den Bürgern. Anders als bei der Windenergie: hier seien die Fortschritte bisher klein.

Abstände, Schattenwurf und Naturschutz seinen nicht die einzigen Hürden für ein Vorankommen in der Windenergie. Wenn ein Windrad genehmigungsrechtlich zulässig sei, seien die größte Herausforderung die Menschen - bei Bürgern und Grundstückseigentümer stießen sie teils auf "vehemente Widerstände", sagt Mittermeier.

Zum sofortigen Handeln hat der Aktionskreis in Glonn aufgerufen

In Glonn hatte der Aktionskreis Energiewende 2020 kürzlich ein wesentlich entschlosseneres Vorgehen gefordert; in einem Antrag hatte der Aktionskreis diverse Projekte zur Nahwärmeversorgung, Stromerzeugung und Mobilität vorgeschlagen. Für die Umsetzung müsste auch das Personal aufgestockt werden. Vorsitzender des Aktionskreises ist Hans Gröbmayr, langjähriger Klimaschutzmanager des Landkreises. Die weltpolitische Lage mache eine strikte und unverzügliche Energiewende erforderlich, hieß es in dem Antrag, der zunächst einmal jedoch scheiterte: Der Gemeinderat fand ihn zu weitgefasst und zu fordernd.

"Glonn muss die Welt retten", so beschreibt Bürgermeister Josef Oswald (CSU) seine Wahrnehmung des Antrags des AEG 2020. Die Gemeinde habe in den vergangenen Jahren bereits Millionen in klimaförderliche Projekte investiert, sagt Oswald. Doch das sei nicht der Grund für die Ablehnung - unklar sei die Finanzierung der Vorschläge, was nicht zuletzt daraus resultiere, dass sie nicht konkret genug ausgeführt seien. Auch personell sei der Antrag mit knapp 30 Unterpunkten nicht realisierbar. Da ein Antrag nur vollständig angenommen oder abgelehnt werden könne, sei es vermutlich zu dem Ergebnis gekommen, so Oswald, zudem vermute er, dass die Formulierung des Antrags für einige Mitglieder des Gemeinderats unpassend war. Hinzu käme, dass einige Projekte bereits in der Vergangenheit diskutiert und abgelehnt wurden - wie etwa Photovoltaik-Anlagen auf denkmalgeschützte oder architektonisch ungeeignete Gebäudedächer zu bauen.

Aufgeben will der Arbeitskreis trotz der Ablehnung des Antrags aber nicht. Die Mitglieder haben sich bereits überlegt, wie man dennoch vorankommen könnte. Man wolle jetzt zwei nächste Schritte vorschlagen, sagt Gröbmayr: Zum einen soll eine Arbeitsgruppe aus dem AEG 2020 und Vertretern der Fraktionen gebildet werden, die zunächst nach einem gemeinsamen Nenner bei den gestellten Forderungen suchen sollen. Für die Umsetzung wollen sie dann eine Stelle für eine Klimaschutzmanagerin oder einen -manager beantragen, denn ohne personelle Unterstützung sei die Umsetzung nicht möglich. Gröbmayr bestreitet nicht, dass die Gemeinde Glonn bereits viel für die Energiewende getan hat, betont aber auch eines: "Wir wollen nicht Putins Krieg finanzieren."

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