Energiewende in Vaterstetten:Vom Winde verweht

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Vaterstettens Grüne sind verärgert über Bürgermeister Spitzauer wegen einer kurzfristiger Änderung der Gemeinderatsagenda. Seitens der Verwaltung wird das mit einem nicht absehbaren Informationsdefizit begründet

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Reife zu beurteilen fällt bei manchen Dingen leichter, als bei anderen. Obst etwa fällt in erstere Kategorie, Gemeinderatsanträge offenbar in die zweite. Zumindest in Vaterstetten, wo sich die Mitglieder der Grünen-Fraktion mit Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) darüber uneins sind, ob ein von ersteren eingebrachter Antrag von zweiterem korrekterweise als "noch nicht entscheidungsreif" eingestuft worden ist.

Dabei geht es auch noch um ein Thema, bei dem Grün und Schwarz trotz gelegentlichen Flirts auf allen politischen Ebenen sehr große Differenzen miteinander haben: Die Windkraft. Erstere sind sehr dafür, zweitere vielleicht auch, haben aber Angst vor Wählern, die das anders sehen, und sind deshalb offiziell dagegen. Auch in der Großgemeinde war das zumindest in der Vergangenheit so. Ende 2019, ein gutes halbes Jahr vor der Gemeinderatswahl wurde mit den Stimmen der CSU ein Antrag, damals von der SPD, abgeschmettert, wonach die Voraussetzungen dafür geschaffen werden sollten, dass im Gemeindegebiet bis zu fünf Windräder aufgestellt werden können.

Sehr ähnlich liest sich nun der Antrag der Grünen. Zwar wird dort keine konkrete Anzahl von Windrädern auf Vaterstettener Flur vorgeschlagen, allerdings soll der Gemeinderat grundsätzlich bejahen "dass zum Erreichen der Klimaziele des Landkreises Ebersberg auch Windenergieanlagen notwendig sind". Dazu sollen im Landkreis mindestens 20 Windräder gebaut werden. "Auch unsere Gemeinde Vaterstetten will ihren Beitrag dazu leisten", heißt es weiter, soll also Standort werden.

Zwei Dinge schlagen die Grünen zum Erreichen dieser Ziele vor, welche in zwei anderen Landkreiskommunen bereits auf den Weg gebracht wurden: Basierend auf dem bis 2013 erarbeiteten interkommunalen Flächennutzungsplan, in dem analog der Vorranggebiete für Kiesabbau solche für Windräder festgelegt wurden, sollen diese nun für das Gemeindegebiet Vaterstetten ausgewiesen werden. Mit solchen Teilflächennutzungsplänen ließe sich auch die bayerische 10H-Regel aushebeln, da diese ein Landesgesetz, die Erstellung von Flächennutzungsplänen jedoch Teil des höherrangigen Bundesbaugesetzes ist. Die Stadt Ebersberg wird in den kommenden Jahren einen solchen Teilflächennutzungsplan erstellen, dies beschloss der zuständige Stadtratsausschuss Anfang Juni. Ebenfalls diesen Monat haben die Zornedinger ihren Bürgermeister beauftragt, mit Grundstückseigentümern über mögliche Standorte für Windräder im Gemeindegebiet zu verhandeln. Gleiches soll nach dem Willen der Vaterstettener Grünen auch der eigene Rathauschef tun.

Der nun allerdings in der jüngsten Gemeinderatssitzung eine kurzfristige Änderung der Tagesordnung bekannt gab: Der Antrag der Grünen müsse doch wieder abgesetzt werden, er sei eben "noch nicht entscheidungsreif". Was seitens der Grünen-Fraktion für einige Verärgerung sorgte. "Wir können das nicht nachvollziehen", so Katrin Pumm über die plötzlich einsetzende Unreife des Antrages, schließlich sei der ja bereits auf der aktuellen Tagesordnung gestanden.

Dass der Antrag abgesetzt wurde - und dass er überhaupt auf die Tagesordnung gelangt sei - liege an einer ausstehenden Antwort auf eine Anfrage der Verwaltung in Richtung Landratsamt, so Spitzauer und nahm - zumindest für die Verwirrung um die aktuelle Agenda - die Schuld auf sich: "Das war mein Fehler, ich hätte es noch gar nicht auf die Tagesordnung setzen sollen." Die Grünen, so machte die Fraktion noch am Abend der Sitzung per Mail klar, hätten den - im übrigen fristgerecht gestellten - Antrag auch ohne die Antwort der Aufsichtsbehörde für "sehr wohl entscheidungsreif" gehalten. Die Meinung des Bürgermeisters teile man also nicht. Schließlich gehe es "um ein grundsätzliches Bekenntnis zur Windenergie und zur Einhaltung der Klimaziele".

Wie es die Mehrheit im Gemeinderat mit beidem hält, könnte sich in der Sitzung am 22. Juli zeigen - vorausgesetzt der Antrag ist bis dahin nachgereift.

© SZ vom 30.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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