Süddeutsche Zeitung

Energiewende in Glonn:Plädoyer für den Klimaschutz

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Die Gemeinde Glonn möchte auf der Mittelschule eine weitere Photovoltaik-Anlage errichten, scheut aber die Kosten. Doch weil der Gemeinderat seiner Vorbildfunktion gerecht werden möchte, wird ein weiteres Angebot des Energieversorgers eingeholt

Von Nathalie Stenger, Glonn

"Um die Vorbildfunktion geht es hier", lassen die Grünen verlauten, man müsse sofort kaufen - "Aber wichtig ist auch der wirtschaftliche Aspekt", heißt es von der gegenüberliegenden Seite des Glonner Gemeinderats, man solle erst einmal abwarten. Was bei der jüngsten Gemeinderatsitzung in einer leidenschaftlichen Klimaschutzdiskussion endete, begann mit dem Gespräch über den möglichen Bau einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Mittelschule inmitten der Marktgemeinde.

Der Erste Bürgermeister Josef Oswald und der Gemeinderat stehen vor einer großen Entscheidung: Ordnen sie den Bau einer neuen Photovoltaik-Anlage auf dem sich aktuell in Renovierung befindenden Mittelschuldach an, oder wird stattdessen die bereits bestehende Anlage auf dem Dach der Grundschule und Turnhalle, sobald die Förderung dafür Ende 2021 ausläuft, übernommen? Oder finanziert die Gemeinde gleich beide Projekte?

Schon in der vergangenen Sitzung Ende März wurde festgestellt, dass bei einem Kauf der bestehenden 50kWp Solarmodule in Höhe von 12 500 Euro von einem nennenswerten Eigenverbrauch bei einer zusätzlichen PV-Anlage nicht mehr die Rede sein könne. Sollte sich kein neuer Abnehmer für die alte Anlage finden, so werde diese vermutlich von der zuständigen Firma aufgrund zu niedriger Einspeisevergütung und gleichzeitig zu hoher Vermarktungskosten abgebaut. Der Vorschlag einiger Gemeinderäte, die für das Grundschuldach notwendigen kleineren Umbauten für eine bessere elektrische Leistung auf eigene Kosten zu übernehmen und somit für einen Investor interessant zu machen, wurde beim jüngsten Treffen des Gremiums aufgrund kommunalrechtlicher Vorgaben als kritisch erachtet.

Nun liegen der Gemeinde zwei Angebote vor. Für 11 000 Euro kann das ohnehin bereits am Mittelschuldach beschäftigte Unternehmen Fliegl für die Errichtung neuer Solarmodule erforderliche Vorbereitungsziegel befestigen - die Kosten hierfür sind in den veranschlagten 51 000 Euro für eine neue Anlage bereits einberechnet. Außerdem hat die Firma Eberwerk angeboten, für rund 37 600 Euro eine 30kWp Anlage zu installieren. Aufdachmodulhalter zur sicheren Befestigung müssen hier jedoch noch integriert werden.

Vorliegende Zahlen und Berechnungen zeigen: Der wirtschaftliche Betrieb einer neuen Photovoltaik-Anlage ist ohne Eigenverbrauch unmöglich. Bei 20 Jahren Laufzeit und 51 000 Euro Erstellungskosten verliert die Gemeinde 10 000 Euro. An diesem Punkt wurde es unruhig im Gremium. "Wenn man mit dem Geldsparen anfängt, kann man mit dem Klimaschutz direkt aufhören", hörte man einen grünen Gemeinderat sagen, außerdem gehe es um die Vorbildfunktion für die Bürger. Gegenstimmen wiesen auf den wirtschaftlichen Schaden hin, den man als Gemeinderat schließlich auch im Sinne der Bürger zu vermeiden hätte. Dem sofortigen Kauf einer neuen PV-Anlage stand die Forderung entgegen, abzuwarten und Ende 2021 auf mögliche Subventionen für die alten Module auf dem Grundschuldach zu hoffen.

Ein einstimmiges Ergebnis wurde an diesem Abend nicht erzielt. Bürgermeister und Gemeinderat einigten sich stattdessen darauf, nach dem Erhalt des modifizierten Angebots des Energieversorgers Eberwerk erneut zu tagen und dann endgültig über den Bau einer neuen Anlage abzustimmen.

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Quelle:
SZ vom 16.05.2020
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