Energiewende im Landkreis:Wollen wir das wissen?

Seit knapp einem Jahr läuft im Landkreis ein Projekt für mehr Bürgerbeteiligung an der Energiewende. Nun gibt es Dissens um die Ergebnispräsentation

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wie umfangreich soll man die Landkreisbewohner vor dem Windrad-Bürgerentscheid im Mai informieren. Darüber gibt es innerhalb der Kommunalpolitik im Landkreis offenbar unterschiedliche Auffassungen. Dies wurde nun bei einer Online-Diskussion deutlich. Eigentlich ging es um ein Projekt zu Bürgerbeteiligung an der Energiewende und die Frage, wann und wie die Ergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollen.

Bereits 2006 hatte der Kreistag beschlossen, dass der Landkreis bis 2030 ohne fossile Energieträger auskommen soll. Seit dem Sommer arbeitet eine Gruppe aus neun hauptsächlich jüngeren Personen aus dem Landkreis, die ausdrücklich Laien im Thema Energiewende sind, an einem Konzept, wie dies gelingen kann. Ziel ist auch zu untersuchen, wie sich durch Bürgerbeteiligung Stimmungen in der Gesellschaft - hier insbesondere die Einstellung zur Energiewende - beeinflussen lassen, und wie diese Bürgerbeteiligung idealerweise auszusehen hat.

Basis ist der Meilensteinplan zur Energiewende, dieser geht für das Jahr 2030 von einem Stromverbrauch im Landkreis von 702 Gigawattstunden pro Jahr aus. Wie sich dieser aus regenerativen Quellen decken lassen könnte - Wärme und Verkehr waren nicht Teil der Untersuchung - hat die Kerngruppe der neun Ehrenamtlichen in den vergangenen Monaten mit Hilfe einer Simulationssoftware erarbeitet. Bereits im Januar wurde ein erstes Ergebnis der Studie vorgestellt, nun gab es eine erneute Präsentation, in die Anregungen nach der ersten Vorstellung eingeflossen sind: Würden im Landkreis 27 000 Dächer und 225 Hektar Freifläche mit Photovoltaik belegt, gäbe es 18 Windräder und 29 Biogasanlagen, könnte der hier verbrauchte Strom auch hier erzeugt werden.

Ebenfalls Teil der Planung ist, wie sich die Energieanlagen verträglich ins Orts- und Landschaftsbild einfügen kann. Darum sei man etwa bei den Photovoltaikanlagen auf die Idee mit Bändern entlang der Bahnlinien oder großen Straßen, wie der B304 und der A94 gekommen. Zusätzlich habe man die Landschaft auf Standorte für "Zwickel" untersucht, das sind kleine Freiflächenanlagen mit maximal zwei Hektar, die etwa in Ecken an Wald- und Feldrändern eingepasst werden könnten.

Bei Windrädern habe man als Mindestabstand zur nächsten Wohnbebauung das Drei- bis Vierfache der jeweiligen Höhe geplant. In einem 3D-Modell, das auch im Internet zu sehen ist, habe sich dieser Abstand als verträglich herausgestellt. Nach der ersten Präsentation gingen dazu einige positive Reaktionen ein, genau wie zu dem Vorschlag, die Anlagen gleichmäßig über den Landkreis zu verteilen und in jeder Gemeinde einen Standort zu finden.

Auch was mit dem Konzept weiter passieren soll, war Thema. So gibt es in der Kerngruppe die Überlegung, sowohl der Politik als auch der Öffentlichkeit die Pläne und das 3D-Modell umfassend vorzustellen. So könnte man damit etwa in die Schulen gehen - wenn es die Infektionslage erlaubt -, und Bürgermeister, Gemeinderäte sowie Kreisgremien einzubinden.

Was Seitens der teilnehmenden Vertreter der Politik durchaus positiv beurteilt wurde. Man sollte das auf jeden Fall bald im Umweltausschuss des Kreistages vorstellen, so Martin Lechner (CSU), der Mitglied dieses Gremiums ist. Genau wie Bianka Poschenrieder (SPD), auch sie unterstützte dieses Vorgehen. Grundsätzlich sei er auch dafür, sagte Alexander Müller, Kreisrat der FDP, allerdings schlage er einen Zeitpunkt nach dem Windrad-Bürgerentscheid vor. Ansonsten würde man "eine Standort-Diskussion" beginnen, eventuell mit der Folge, dass jener im Forst gegen andere Optionen in Stellung gebracht würde.

Genau darum solle man die Ergebnisse des Projektes noch vor dem Bürgerentscheid veröffentlichen, sagte dagegen Angelika Obermayr (Grüne). Damit, so die stellvertretende Landrätin, zeige man, dass eben nicht nur der Forst für Windräder in Frage komme, sondern man den ganzen Landkreis als Standort für geeignet halte. Nicht zuletzt sei so ersichtlich "wie wichtig alle Standorte sind," so Obermayr. Diese Argumentation könnten vielleicht "die Windkraft-Beseelten" nachvollziehen, so Müller, das treffe aber sicher nicht auf alle zu. Aber zumindest auf die meisten der knapp 90 Teilnehmer der Online-Konferenz, meinte Nadine Bethge von der Umwelthilfe mit Verweis auf den parallel laufenden Chat: "Es gibt viele, die wollen es frühzeitig."

Wie etwa Josef Mittermeier, SPD-Fraktionssprecher im Vaterstettener Gemeinderat. Er gab zu bedenken, dass, sollte der Bürgerentscheid gegen die Windkraft im Forst ausfallen, man "erst recht über Standorte reden" müsse, "wir müssen die Anlagen ja dann woanders bauen". Dem stimmte Müller ausdrücklich zu, allerdings sollte man diese Debatte eben erst nach dem Bürgerentscheid führen. Die ehrenamtlichen Planer der Kerngruppe haben im Übrigen keine einheitliche Meinung zu den Windrädern im Forst. Allerdings sei allen klar, dass die fünf Anlagen an sich nötig seien, egal wo.

Mehr Informationen zum Projekt und das 3D-Modell unter https://aktivbueke.de

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