Energiewende:Frisches Lüftchen an der Urne

Erneuerbare Energien

Fünf Windräder wie in Lübesse in Mecklenburg-Vorpommern will die Firma Green City Energy in den Ebersberger Forst setzen, um umweltfreundlich Strom zu erzeugen. Ob der Standort allerdings ebenfalls umweltfreundlich ist, darüber gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten.

(Foto: Jens Büttner/dpa)

Die Landkreisbürger sollen 2019 über die Frage abstimmen, ob der Windpark im Forst gebaut wird. Davor müssen allerdings noch viele rechtliche Fragen zu dem Projekt geklärt werden

Von Wieland Bögel, Ebersberg

"Sind Sie dafür, dass im Ebersberger Forst fünf Windräder gebaut werden?" So in etwa könnte die Frage lauten, die die Landkreisbürger bei der nächsten Europawahl in eineinhalb Jahren zur Abstimmung vorgelegt bekommen. Zumindest, wenn es nach Landrat Robert Niedergesäß (CSU) geht. Hintergrund des Befragung ist, dass der Windpark nicht unumstritten ist. "Es ist eine Güterabwägung", sagt Niedergesäß, natürlich müsse man den Forst schützen - aber eben auch vor dem Klimawandel. Ob ein Windpark dazu einen Beitrag leisten soll, müssten dann die Ebersberger selbst entscheiden.

Es wäre der erste Bürgerentscheid auf Landkreisebene. Vor 20 Jahren hätte es schon einmal fast einen solchen gegeben, damals hatte eine Bürgerinitiative gegen die Müllverbrennung protestiert. Zu einem Plebiszit kam es dann aber nicht, weil der Kreistag anfangs auf die Argumente der Verbrennungsgegner einging - einige Jahre später dann aber doch die "thermische Verwertung" des Restmülls in einer Verbrennungsanlage beschloss. Diesmal jedoch soll die Initiative vom Kreistag selbst ausgehen. "Ich bin der Meinung, dass eine breite Mehrheit dem Ratsbegehren zustimmen wird", sagt der Landrat. Die Europawahl im Frühjahr 2019 könnte ein realistischer Zeitpunkt für die Befragung sein, "bis zur Landtagswahl 2018 werden wir es wohl nicht schaffen", so der Landrat.

Ob überhaupt gebaut werden kann, entscheidet der Artenschutz

Denn bevor die Ebersberger an die Urnen gerufen werden, müssen die Grundlagen dafür geschaffen werden, dass es überhaupt etwas zum Abstimmen gibt. Derzeit liegen die von der Firma Green City geplanten Standorte der fünf Rotoren noch im Landschaftsschutzgebiet. Dort ist eine Bebauung grundsätzlich ausgeschlossen. Grund ist die sogenannte "10 H-Regel". Demnach müssen Windräder mindestens um das Zehnfache ihrer Höhe von der nächsten Wohnbebauung entfernt liegen. Um diese einzuhalten wurde der Windpark von sechs auf fünf Anlagen verkleinert und sein geplanter Standort weiter in den Forst verlegt - eben ins Landschaftsschutzgebiet. Damit er dort aber gebaut werden kann, ist eine sogenannte Umzonierung erforderlich, die Standorte würden dadurch gewissermaßen aus dem Schutzgebiet ausgeklammert.

Dies gab das Landratsamt bereits im Frühsommer bekannt, nun präzisierte Niedergesäß, wie das Verfahren, das im Wesentlichen der Änderung eines Flächennutzungsplanes ähnelt, ablaufen könnte. Der erste Schritt wäre demnach eine artenschutzrechtliche Prüfung - und dieser erste Schritt könnte, wenn es ungünstig für die Windparkplaner läuft, auch der letzte sein. Denn, so Niedergesäß, wenn sich dabei ergebe, dass schützenswerte Tier- und Pflanzenarten in dem Gebiet vorkommen, "dann brauchen wir die Umzonierung auch nicht mehr".

Dass die Gegner vor Gericht ziehen, gilt als sicher

Auch für diese ist eine umfangreiche Prüfung notwendig, wobei noch offen ist, auf welche Bereiche des Forstes sie sich beziehen soll. Einige Experten, deren Einschätzung das Landratsamt eingeholt hat, seien der Auffassung, der gesamte Forst müsse untersucht werden. Dies, so Niedergesäß, würde allerdings bis zu 400 000 Euro kosten. Der Landrat befürwortet darum die Prüfung eines etwas kleineren Areals. So brauche man etwa alle Gebiete, für welche die 10-H-Regel gelte, gar nicht überprüfen. Auch für die als Flora-Fauna-Habitat eingestuften Bereiche des Forstes könne man sich die Prüfung sparen, hier werde auf keinen Fall gebaut. Trotzdem würde auch die etwas abgespeckte Version bis zu 270 000 Euro kosten, schätzt Niedergesäß. Die Frage, wer das bezahlen soll, ist dabei ebenfalls noch offen: "Green City wird es nicht zahlen, die Staatsforsten auch nicht - und der Landkreis auch nicht."

Darum suche man im Landratsamt derzeit nach "anderen rechtssicheren Wegen", wie man die insgesamt rund 15 000 Quadratmeter, welche für die Rotoren gebraucht werden, aus dem Landschaftsschutzgebiet herausbekommt. Die Rechtssicherheit betont Niedergesäß nicht ohne Grund, sollten die Windräder genehmigt werden "wird auf jeden Fall dagegen geklagt werden, von denen, die dagegen sind." Welchen Weg man bei der Umzonierung wählen wird, darüber soll der Kreistag abstimmen. Laut Niedergesäß ist zu erwarten, dass sich das Gremium bereits im Frühling 2018 damit befassen kann. "Es hat ja schon eine lange Historie, wir müssen nächstes Jahr vorankommen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: