Die Entscheidung darüber, ob das Windrad nahe des Weilers Hamberg in der Gemeinde Bruck gebaut werden kann, wird nun wohl doch erst im Sommer fallen. Zuvor muss nochmals genauer untersucht werden, wie wohl sich der Rotmilan in der Umgebung der geplanten Anlage fühlt. Das hat die Obere Naturschutzbehörde in der Regierung von Oberbayern nun angeregt. Zwar gibt es bereits ein Gutachten, in dem auch festgehalten ist, dass der äußerst seltene Vogel in der Gegend durchaus bisweilen anzutreffen ist. Allerdings wurden in dem Gutachten zwei Monate nicht betrachtet, in denen der Rotmilan aber balzt und auch besonders gut erkennbar ist, welches Areal er als sein persönliches Territorium betrachtet. Daher werden die Fachleute sich nun im März und April erneut auf die Spur dieses Vogels begeben.
Eigentlich hatte Franz Neudecker, der zuständige Fachmann im Sachgebiet Immissionsschutz des Landratsamts, gehofft, bereits in diesen Tagen ein Urteil darüber fällen zu können, ob die Anlage mit einer Nabenhöhe von 140 Metern gebaut werden kann. Doch die Obere Naturschutzbehörde hat nun dringend empfohlen, eine "methodische Lücke" zu schließen. Denn die Ornithologen, die im Auftrag des Landratsamts ein Gutachten zu den Vogelarten vorgelegt haben, die nahe des Windrads vorkommen, haben die Monate März und April nicht untersucht. Dies liege daran, erläutert Neudecker, dass man vor allem herausfinden wollte, ob der Baumfalke in der Nähe des Standorts lebt und jagt. Zwar habe man die Gutachter selbstverständlich angewiesen, auch auf andere Vögel zu achten, die kollisionsanfällig seien, "aber dass der Rotmilan hier im Landkreis Ebersberg überhaupt eine Rolle spielen könnte, das hat keiner gedacht". Überraschenderweise hätten die Forscher aber das Vorkommen jenes Vogels festgestellt, der laut Neudecker gerade im März und April ein auffälliges Territorialverhalten zeigt. Die Erkenntnisse aus diesen beiden Monaten seien wichtig, um beurteilen zu können, inwieweit der Vogel tatsächlich durch das geplante Vorhaben gefährdet ist.
Nun geht es also für die Ornithologen erneut hinaus in den Wald. Beauftragt wird die Firma Nature Consult aus Altötting, die auch für das erste Gutachten verantwortlich war. Frühestens wird das Gutachten im Mai vorliegen, somit wäre eine Entscheidung über das Vorhaben im Brucker Moos damit im Frühsommer denkbar. Mit Prognosen ist Franz Neudecker allerdings inzwischen vorsichtig, da sich auch in den vergangenen Monaten immer wieder neue Erkenntnisse ergeben haben, die einer Entscheidung im Weg standen.
Das Brucker Windrad, das fünf Landwirte aus der Gemeinde gemeinsam realisieren wollen, wäre das erste große Projekt im Landkreis. Bisher gibt es hier nur einige kleinere Windkraftanlagen, auch der vom Unternehmen "Green City Energy" geplante Windpark im Ebersberger Forst muss erst noch das Genehmigungsverfahren durchlaufen - sofern eine derzeit laufende Windmessung überhaupt zeigt, dass die Windausbeute hier ausreichend wäre.
Ginge das Brucker Windrad jetzt erst ins Verfahren, hätte es allerdings äußerst geringe Chancen auf Realisierung. Denn der kleine Weiler Hamberg liegt nur 400 Meter von dem geplanten Standort entfernt, auch der Abstand zu anderen kleinen Orten ist wesentlich geringer als es die neue 10H-Regelung vorsieht, die Ministerpräsident Horst Seehofer jetzt in Bayern einführen will. Demnach soll die Entfernung zu Wohngebieten grundsätzlich das Zehnfache der Höhe der geplanten Windkraftanlagen betragen. Zwar sollen auch Ausnahmen möglich sein, aber nur, wenn auch die Bürger damit einverstanden sind. Dies ist beim Brucker Vorhaben eher nicht der Fall, hier gibt es massiven Widerstand in einigen Nachbarorten. Allerdings hat der Ministerpräsident auch erklärt, dass bei Vorhaben, bei denen die Planung schon weit fortgeschritten ist, Vertrauensschutz besteht.