Immer erreichbar:Bürgermeister als Seelsorger

Immer erreichbar: Egmatings Bürgermeister Ernst Eberherr (l.) telefoniert lieber, als Mails zu schreiben. Das schaffe Vertrauen. Emmerings Bürgermeister Max Maier freut sich, wenn er helfen kann, egal bei welchem Problem.

Egmatings Bürgermeister Ernst Eberherr (l.) telefoniert lieber, als Mails zu schreiben. Das schaffe Vertrauen. Emmerings Bürgermeister Max Maier freut sich, wenn er helfen kann, egal bei welchem Problem.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Alle Gemeindechefs des Landkreises haben ihre Kontaktdaten veröffentlicht, manchmal werden sie auch bei persönlichen Probleme um Hilfe gebeten

Von Sandra Langmann

Erreichbarkeit rund um die Uhr: Das gilt nicht nur für gestresste Manager, sondern auch für Bürgermeister. Vor allem in kleinen ländlichen Gemeinden, in denen das Rathausbüro meist nur vormittags oder gar nur einmal die Woche besetzt ist, ist es wichtig, den Bürgermeister auch außerhalb dieser Zeiten erreichen zu können. So hält es zum Beispiel der Emmeringer Bürgermeister Max Maier (CSU), der nicht nur seine private, sondern sogar seine mobile Nummer in den VG-Nachrichten preisgibt. Doch dieses Gemeindeoberhaupt ist bei weitem nicht der einzige Bürgermeister im Landkreis, dessen Kontaktdaten ganz öffentlich sind.

Nach kurzem Suchen findet man etwa auch Egmatings Bürgermeister Ernst Eberherr (CSU) im Telefonbuch - mit privater Handynummer versteht sich. Man habe sich schließlich wählen lassen, da müsse man als Bürgermeister auch erreichbar sein, erklärt Eberherr. Belästigt fühle er sich dadurch nicht - ganz im Gegenteil. In einer kleinen Gemeinde wie Egmating sei das ganz normal.

Egal, ob es sich um einen Wasserrohrbruch handle oder ob es Probleme mit dem Winterdienst gebe - dafür sei er zuständig. Und wenn er eine fremde Nummer auf dem Display sehe, rufe er auch gleich zurück. Überhaupt sei das Telefonieren angenehmer, als per Mail aufwendig hin und her zu schreiben, sagt Eberherr. Zudem sei es ein Vertrauensvorschuss, persönlich miteinander zu kommunizieren: Wenn etwas mündlich vereinbart werde, halte man sich auch daran.

Die Grafinger Bürgermeisterin wird am häufigsten per Mail kontaktiert

Die Grafinger Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) geht gar noch einen Schritt weiter: Auf ihrer persönlichen Website sind nicht nur die Nummern ihres privaten Büros und Mobiltelefons zu finden, neben einem Link zum Facebook-Profil befinden sich auch private Fotos und Angaben zu ihrer Person und Familie. Darauf angesprochen, zeigt sich Obermayr etwas peinlich berührt. Die Einträge seien schon etwas älter und die Fotos nicht mehr ganz so aktuell, sagt sie.

Auch die Bürgermeisterin gibt an, noch nie belästigt worden zu sein, auch werde sie nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit angerufen. Schließlich sei sie ohnehin die meiste Zeit im Rathaus anzutreffen und dort am besten erreichbar. Am häufigsten werde sie per Mail kontaktiert, doch auch Facebook-Nachrichten erreichten sie, auf welche die Bürgermeisterin - so gut sie kann - antwortet.

Bei Rupert Ostermair, Bürgermeister von Forstinning (CSU), sieht es ähnlich aus. Seine mobile Nummer wurde sogar auf einen CSU-Flyer gedruckt. Zudem gestaltet sich seine Website sehr persönlich, und im Impressum sind Anschrift und Telefonnummer leicht zu finden. Ostermair erklärt, da er kein Vorzimmer habe, müsse er seine private Nummer angeben, um jederzeit für Fragen zur Verfügung zu stehen. Er werde mit ganz unterschiedlichen Themen konfrontiert, die von der Müllentsorgung bis zum Winterdienst reichten.

Probleme mit dem Ehemann? Auch hier muss der Bürgermeister bisweilen Ratschläge geben

Bei Bürgermeister Max Maier schaut es etwas anders aus. Ihm kann es schon einmal passieren, dass er um zehn Uhr nachts angerufen wird und sich um persönliche Angelegenheiten kümmern muss. Die Leute kämen manchmal doch mit Fragen, die für sie dringend erschienen, und zögen den Bürgermeister ihres Vertrauens zu Rate. "Die Menschen kommen auch mit familiären Problemen zu mir", erzählt Maier. So werde seine Nummer nicht nur gewählt, um sich zu erkundigen, wann die Straße gekehrt werde, sondern auch, wenn es Probleme mit dem Ehemann gebe oder es zu einem Unfall gekommen sei.

Da fühle er sich schon ein bisserl wie ein Seelsorger, doch er ist froh, wenn er helfen kann. "Ich mache mir dann auch Sorgen und möchte helfen", versichert Maier, und er freue sich, wenn er als Vertrauensperson fungiere und die Bürger ihn um Rat fragten. Und sei es nur, dass sie jemanden zum Reden bräuchten. Zudem freue es die Menschen, wenn sie den Bürgermeister erreichen könnten. Maier ist daher dem Beispiel seines Vorgängers gefolgt und hat seine Nummer in den VG-Nachrichten veröffentlicht - seiner Meinung nach selbstverständlich und nichts Aufregendes.

Tatsächlich sind alle 21 Bürgermeister aus dem Landkreis im Telefonbuch oder im Internet zu finden - und so für jedermann erreichbar. Trotzdem scheint Rupert Ostermair aus Forstinning etwas besorgt: Seine Nummer werde doch nun wohl nicht in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht?

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: