Die Optik eines Juwels gilt gemeinhin als glänzend und kristallartig, fast wie eine Eisfläche. Insofern ist es nicht allzu weit hergeholt, wenn einige der Ebersberger Kreisräte die Eishalle in der Stadt Grafing als eben solches Juwel für den Landkreis bezeichnen. Zumal die Sportstätte die einzige ihrer Art in der Region ist.
Doch nun droht womöglich - um im Bild zu bleiben - das Eis zu schmelzen. An der Entschlossenheit einiger Kommunalpolitiker, solch ein durchaus teures Schmuckstück zu bauen, nagt die Sorge um die Finanzen des Landkreises. Und nicht zuletzt fordert der Klimawandel seinen Tribut und lässt die Zukunft einer Eishalle in Grafing ungewiss erscheinen.
Kreis und Stadt unterstützen den Breitensport
Für diese gibt es seit einigen Jahren ein im Landkreis einzigartiges Finanzierungsmodell. Ursprünglich hatte sich der Grafinger Eishockeyverein EHC Klostersee alleine um den Betrieb der Anlage gekümmert. Nachdem dieser aus wirtschaftlichen Gründen von 2007 an nicht mehr in der Lage war, die Kosten zu stemmen, beschlossen die Stadt Grafing und der Landkreis gemeinsam in die Bresche zu springen und den Sportverein zu unterstützen. Seither teilen sich Stadt und Kreis die Kosten zu je 50 Prozent auf. Dadurch, so hieß es bei dem damals gefassten Grundsatzbeschluss, "sollen Breitensport, Schulsport, sowie der öffentliche Eislauf unterstützt werden".
Was allerdings nicht ganz billig ist: Zunächst einigte man sich 2010 auf einen Vertrag mit der Laufzeit von fünf Jahren, wobei sowohl die Stadt Grafing als auch der Landkreis jeweils 75 000 Euro als jährliche Unterstützung zahlen sollten. Diese reichte aber schon ein Jahr später nicht mehr aus. Wie der Jahresabschluss für 2011/12 ergab, lagen die tatsächlichen Betriebskosten deutlich höher. Demnach hätten beide Vertragspartner 95 000 Euro aufbringen müssen, um die Eishalle finanzieren zu können. Der damalige Appell an den Verein, sich um eine Kostenreduzierung zu bemühen, zeigte wenig Wirkung.
Denn schon Anfang 2013 einigten sich der Grafinger Stadtrat und wenig später auch der Ebersberger Kreistag darauf, den steigenden Kosten vor allem im Energiebereich Rechnung zu tragen und die jährliche Unterstützung auf 90 000 Euro anzuheben. Durch den Einbau einer neuen, energieeffizienteren Eisanlage sollte schließlich 2015 nicht nur der CO₂-Verbrauch gesenkt, sondern auch Betriebskosten eingespart werden. Doch der Schuss ging nach hinten los. Wie sich herausstellte, verursacht die neue Ammoniakanlage nicht nur Mehrkosten, es sind nun zudem eine externe Bürokraft und eine ebenfalls externe Reinigungsfirma nötig. Die Folge: Der jährliche Zuschuss von Stadt und Kreis musste rückwirkend zum Beginn des Jahres 2019 auf 110 000 Euro angehoben werden.
Was der Grafinger Stadtrat in seiner Sitzung Mitte April abgesegnet hatte, musste nun in seiner jüngsten Sitzung auch der zuständige Ausschuss im Kreistag abnicken. Doch dort droht einigen Mitgliedern der Geduldsfaden zu reißen. "Ich habe die Eishalle zunehmend mit Fragezeichen verfolgt", sagte etwa die ehemalige Grafinger Stadträtin Marlene Ottinger (Linke). Diese sei zwar ein Juwel, allerdings müsse man sich schon fragen, ob man sie weiterhin bezuschusse. Schließlich sei der Landkreis nicht erst seit der Corona-Krise eher knapp bei Kasse. "Wir müssen uns schon fragen, ob das Geld in der Eishalle richtig investiert ist", so Ottinger.
Der Kreistag sieht das Thema zunehmend kritischer
In die selbe Kerbe schlug Wilfried Seidelmann (Freie Wähler). Man müsse eben schauen, wo man sparen könne. Von der neuen Eisanlage jedenfalls hätten sich alle Beteiligten offenbar zu viel versprochen. Dass man dadurch die Kosten reduzieren könne, "war anscheinend nur ein frommer Wunsch", so Seidelmann, der auch auf den energetischen Aspekt hinwies: "Wir brauchen in den heißen Sommermonaten kein Eis." Ähnlich äußerte sich auch die Grafinger Grünen-Stadträtin Ottilie Eberl. Man habe bereits an den Verein appelliert, den Betriebsbeginn weiter nach hinten zu verschieben. Was, wie Marlene Ottinger sagte, auch vor dem Hintergrund des Klimawandels zu betrachten sei. Im August bereits eine Eisfläche herzustellen, erfordere einen enormen Energieaufwand. Und auch der CO₂-Ausstoß sei nicht zu vernachlässigen.
Dass der Kreistag die Entwicklung der Eishalle weiter kritisch begleiten müsse, dafür plädierte Susanne Linhart (CSU). Die Sportanlage sei zwar ein Anziehungspunkt für Leute aus der ganzen Umgebung, dennoch sollte man sich "mal grundsätzlich über die Angelegenheit unterhalten". Gleiches forderte Doris Rauscher (SPD), die sagte, ihre Fraktion trage den Beschluss über die Zuschusserhöhung zwar zunächst mit, im Rahmen der Haushaltsmöglichkeiten müssten solche freiwilligen Leistungen aber auf den Prüfstand gestellt werden. Ein Grundsatzbeschluss, so wie er 2010 gefasst wurde, bedeute eben nicht, dass dieser auf Dauer uneingeschränkt gelte.
Zunächst aber setzt der Landkreis seine finanzielle Unterstützung der Eishalle fort. Bei zwei Gegenstimmen, denen von Marlene Ottinger und Reinhard Oellerer (Grüne), votierte das Gremium dafür, dem Beschluss der Stadt Grafing zu folgen und den Betriebskostenzuschuss ebenfalls rückwirkend auf 110 000 Euro zu erhöhen. Für die Zeit zwischen 2019 und 2021 wird demnach zusätzlich eine Nachzahlung über 40 000 Euro fällig.