Einsatz der Polizei:Razzia am "Regierungssitz"

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Kistenweise Phantasiedokumente stellt die Polizei bei Reichsbürgern in Landsham sicher. (Foto: DPA)

Die Polizei geht mit einer großen Aktion gegen den selbsternannten Bundesstaat Bayern in Pliening vor. Dort stellen "Reichsbürger" Fantasiedokumente für Gleichgesinnte aus

Von Wieland Bögel, Pliening

Das Jahr beginnt turbulent im "Bundesstaat Bayern". Diesen Namen hat sich eine Gruppe sogenannter "Reichsbürger" gewählt, diese erkennen die Bundesrepublik nicht an. Sie betreiben im Ortsteil Landsham die "zentrale Verwaltung" ihres selbsterfundenen Landes. Dort stellen sie unter anderem Fantasiedokumente für Gleichgesinnte aus. Am 7. Februar macht die Polizei diesem Treiben vorerst ein Ende, die Razzia ist Teil einer bundesweiten Aktion gegen "Reichsbürger".

In deren Zentrum steht die "Zentrale" in Pliening, von dort aus wird auch die "Weltnetz-Seite" des "Bundesstaates Bayern" betrieben. Dort werden nicht nur ihre speziellen Ansichten verbreitet, es gibt auch "Urkunden" zum Download. Die Herstellung und der Verkauf solcher Fantasiedokumente ist auch eine hervorragende Einnahmequelle: Bei der Razzia im Februar werden neben zahlreichen Blankodokumenten, Urkunden-Formularen und Speichermedien auch beachtliche Bargeldbestände beschlagnahmt. Die Mitglieder der "Regierung" haben sich ihre Dienste offenbar gut bezahlen lassen - in der Währung eines Staates, den sie offiziell ablehnen: Mehrere Tausend Euro werden bei der Razzia gefunden. Nach Erkenntnissen der Polizei stammt das Geld aus "Gebühren" für die Ausstellung der "Urkunden" wie auch aus "Steuereinnahmen", welche der "Bundesstaat" bei seinen Mitgliedern kassiert.

Hintergrund der Polizeiaktion ist eine Schießerei in Georgensgmünd in Franken Ende vergangenen Jahres, bei der ein "Reichsbürger" einen Polizisten tödlich verletzt. Der Schütze wird im Oktober zu lebenslanger Haft verurteilt.

Die Plieninger "Reichsbürger" scheinen nicht zum militanten Flügel der Bewegung zu gehören, Waffen werden nicht gefunden. Ermittelt wird dennoch, und zwar wegen Urkundenfälschung. Ob sie dafür belangt werden können, ist indes unklar - denn die hergestellten Dokumente imitieren keine, die es wirklich gibt. Dennoch könnte der Straftatbestand erfüllt sein, wenn die Staatsanwaltschaft den Landshamer "Reichsbürgern" nachweist, dass sie mit ihren Dokumenten den Anschein erweckt haben, dass diese von einer echten Behörde stammen. Die Frage, von wann an Verwechslungsgefahr besteht, lässt vor Gericht allerdings Raum zur Interpretation. Beim Landshamer "Bundesstaat" ist man sich offenbar sicher, dass man nichts zu befürchten hat: Noch zwei Mal in diesem Jahr gibt es dort eine Razzia, dabei stellten Ermittler erneut Dokumente sicher.

© SZ vom 27.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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