Impfpflicht für alle:Mehr Schaden als Nutzen

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Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist gescheitert. Das, was droht, ist katastrophal - denn entweder kommt es zu weiteren Kündigungen oder der bürokratische Aufwand war vergebens.

Kommentar von Johanna Feckl, Ebersberg

Mit der allgemeinen Impfpflicht hat's nicht geklappt, die für alle ab 60 Jahren ist auch gescheitert, nicht einmal ein Impfregister wird es geben. An der einrichtungsbezogenen Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen wird jedoch festgehalten, obwohl sich deren Sinn von Beginn an als fragwürdig abgezeichnet hat: Warum soll ausgerechnet unter denjenigen eine Pflicht herrschen, die ohnehin ausnahmslos mit Schutzausrüstung arbeiten und engmaschig getestet werden? Jetzt, nach Ablauf der Meldefrist beim Gesundheitsamt, zeichnet sich ein noch deutlicheres Bild ab: Die einrichtungsbezogene Impfpflicht schadet mehr als dass sie nützt - wie sich nun auch im Landkreis Ebersberg zeigt.

Schon jetzt wurden Jobs gekündigt, obwohl es noch zu keinem Beschäftigungsverbot oder Bußgeldbescheid gekommen ist. Ankündigungen, im Fall der Fälle lieber den Job aufzugeben als das Impfangebot in Anspruch zu nehmen, gibt es zu Genüge. Das ist ernst zu nehmen. Das, was droht, ist in der Tat katastrophal.

Spielen wir es einmal durch: Kommt es zu weiteren Kündigungen, verschärft das die ohnehin prekäre personelle Lage. Denn nicht nur gab es vor der Pandemie schon Engpässe, sondern durch die andauernde Corona-Überbelastung des Personals haben einige ihre Arbeitsstunden reduziert oder sich eine Auszeit genommen. Hinzu kommt, dass die weiterhin extrem hohen Infektionszahlen in der gesamten Bevölkerung zu ständigem Personalausfall führt. Auf die dann geringere Anzahl an Schultern muss sich die verbliebene Arbeit verteilen. Das ist nur mit Qualitäts- oder Quantitätsabstrichen möglich. Eine grausame Vorstellung, dass es für ein Kind mit Beeinträchtigung keinen Platz mehr in einem Kindergarten gibt, in dem es in seinen Kompetenzen optimal unterstützt und gefördert wird. Oder dass ein pflegebedürftiger Senior nur noch einmal in der Woche gebadet werden kann.

Das andere Szenario wäre, dass es zu Ausnahmeregelungen kommt: Um die Versorgungsqualität aufrecht zu erhalten, darf letztlich auch ungeimpftes Personal unter Auflagen weiterhin arbeiten. Der enorme bürokratische Aufwand, mit dem sich Gesundheitsämter, Einrichtungen und Beschäftigte seit Einführung der selektiven Impfpflicht konfrontiert sahen, wäre umsonst gewesen. Denn es ist ja alles so, wie zuvor auch.

Es braucht eine allgemeine Impflicht. Die Pandemie lässt sich nicht in den Griff kriegen, nur weil der Pfleger und die Ärztin geimpft sind - und übrigens auch nicht, indem man so tut, als ob es das Virus nicht mehr gäbe, wie es aktuell der Fall ist. Sie lässt sich vermutlich auch nicht durch eine allgemeine Impfpflicht alleine in den Griff kriegen. Aber eine solche würde mehr bewirken. Und sie ist fair.

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