Süddeutsche Zeitung

Eine seltene Zunft:Bilder mit Brandzeichen

Im Rathaus Zorneding zeigen Roderich Blücher und Katrin Gareis Exponate ihrer feurigen Kunst

Von Rita Baedeker, Zorneding

Wer mit dem Feuer spielt. . . verbrennt sich leicht die Finger. Bei Roderich Blücher und Katrin Gareis sind die Folgen des "Zündelns" ungefährlich und obendrein sehr ästhetisch. Beide gehören der in Deutschland seltenen Zunft der Brandmaler oder Pyrografiker an. Vergangenen Freitag haben der Zornedinger und die Künstlerin aus Coburg im Rathaus eine gemeinsame Ausstellung eröffnet.

Die meisten kennen Brandmalerei von Schildern, wie man sie auf Stammtischen, Weihnachtsmärkten und an Türen findet, auch auf Frühstücksbrettern, Brotzeittellern, ledernen Geldbörsen findet diese Kunst Anwendung. Das ein oder andere Motiv verortet man in Wildwest-Filmen. Roderich Blücher, der als Krankenpfleger in einer Klinik arbeitet und vor Entdeckung des Zündelns mit Bleistift, Tusche und Pastellkreide gezeichnet hat, fand per Zufall zu der Technik. "In einem Kinderbastel-Katalog meiner neunjährigen Tochter habe ich einen Brandmalkolben entdeckt", berichtet Blücher. Zunächst habe er damit bloß ein Namensschild für die Haustür gestalten wollen, aber dann habe er buchstäblich Feuer gefangen für die altertümliche Handwerkskunst.

Brandmalerei habe es schon in vorgeschichtlicher Zeit und in verschiedenen Kulturen gegeben, sagt er. Damals wie heute arbeitet ein Zeichner mit erhitzten Metallspitzen. Heute ersetzten Steckdosen die Kohlenglut. Das Zeichnen mit den Lötgeräten geschieht wie in Zeitlupe. Wo das heiße Metall Holz verbrennt, entstehen je nach Temperatur und Intensität unterschiedlich braune und schwarze Linien, Flecken und Strukturen. "Feuer bricht dabei nicht aus", berichtet Blücher, "manchmal raucht es eben ein bisschen."

Roderich Blücher macht von dem Motiv, das er "brennen" will, keine Zeichnung, sondern er projiziert die Vorlage auf das zu bearbeitende Holz, am liebsten Birke. "Das ist eine Geduldssache", sagt er. Seine Spezialität sind Landschaftsmotive. Besonders auf das Bild eines alten, offenbar vom Blitzschlag getroffenen Baumes in der Provence ist er stolz. Die tausendfachen Kerben und Falten der Rinde sind fein gearbeitet. Auch eine Stadtszene von Chioggia bei Venedig und andere Stadtmotive dokumentieren seine Zeichenkunst. Die Entstehung eines Brandbildes ist ein langsamer Prozess. Etwa vierzig bis fünfzig Stunden arbeite er an einem Bild, sagt Blücher.

Anders als Roderich Blücher zeigt Katrin Gareis, Kunstglasbläserin, Glasmalerin und Mediengestalterin, in Zorneding kleinformatige Porträts vor allem von Tieren. Blücher hat eine Menge von ihr gelernt. "Mit ihrer langjährigen Erfahrung und ihrem Wissen war sie mir eine große Hilfe auf meinem Weg in dieser Technik", berichtet Blücher, der Gareis im Internet entdeckt und ihr geschrieben hat. " Sie hatte die Absicht, Brandmalerei populärer zu machen, und ich schlug eine Ausstellung in Zorneding vor", erzählt Blücher.

Katrin Gareis, die den Künstlernamen "Timbercat" hat, ist eine Meisterin der Fellzeichnung. Ihre Porträts von Raubkatze, Eichhörnchen, Schäferhund und Elefant zeugen bis hin zu Wimpern, Hautfalten und Schnurrhaaren von der nahezu fotorealistischen Zeichenkunst der Künstlerin. Ebenso beeindruckt ihr Porträt einer historischen Dampflokomotive mit allen Details vom Bremsgestänge bis zu den Ventilen. "Je nach Holzart entstehen durch das Brennen natürlich warme Farbtöne. Und obgleich auch mit einer einfachen Farbgebung, so spiegelt eine Brandmalerei doch viel Leben durch Kontraste wider. Da Gebranntes fast jegliche Korrektur ausschließt, wird der Künstler von Anfang an gezwungen, genau zu arbeiten. So erfordert die Brandmalerei einfache klare Strukturen und Formen, die jedoch in ihrer Darstellung intensiv und eindrucksvoll wirken können", schreibt Gareis auf ihrer Homepage. "Ich habe viel von ihr gelernt", sagt Roderich Blücher. Getroffen haben sich die Beiden übrigens erst jetzt, einen Tag vor Eröffnung ihrer gemeinsamen Ausstellung.

Die Ausstellung "Brandmalerei" im Rathaus Zorneding ist bis einschließlich 29. Mai zu den Öffnungszeiten des Rathauses, Montag bis Freitag 8 bis 12, Mittwoch zusätzlich 15 bis 18 Uhr zu besichtigen.

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SZ vom 20.04.2015
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