Ehrenvolle Aufgabe:Mit Pinsel, Farbe und Gefühl

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Steinmetz Florian Baumann bessert das Kriegsdenkmal aus

Von Jessica Schober, Ebersberg

Seine Hand ist feingliedrig und zugleich mit winzigen Abschürfungen gezeichnet von den Spuren seines widerständigen Materials. Und dann hat er da diesen Knubbel am kleinen Finger, der ihn zumindest für Branchenkenner unmissverständlich als Handwerker der Steinmetzzunft ausweist: Eine solche "Schrifthauerhornhaut" am Fingergelenk, wie der 33-jährige Florian Baumann sie nennt, kann nur von der jahrelangen Arbeit mit dem Schrifteisen kommen. Der Ebersberger Steinmetz setzt gerade in mühevoller Detailarbeit das Kriegsdenkmal auf dem Ebersberger Rathausplatz in Stand.

Mehr als 50 Namen von Gefallenen und Verwundeten der deutschen Einigungskriege 1866 und 1870 malt er dafür mit schwarzer Farbe nach. In höchster Konzentration hockt er unter einem Sonnenschirm auf einer Kiste und einem Holzbock und lehnt sich so schon seit Tagen an die Seitenwand des verwitterten Denkmals. Regen und Abgase haben dem Kalkstein, der auch Unterberger Marmor genannt und im Salzburger Land abgebaut wird, zugesetzt.

Von Schickedanz bis Übelacker ist den Männernamen eine gewisse Blässe beigekommen, Baumann pinselt sie mit Engelsgeduld nach. Immer von rechts nach links, denn der Steinmetz ist Linkshänder. Dazu verwendet er eine witterungsbeständige Farbe, früher wurden solche Arbeiten noch mit Ölfarbe vorgenommen. Verwischen darf er dennoch nichts, denn so ein Denkmal "verzeiht keinen Fehler", erzählt der Handwerker, der sich gerade am Rücken eines "R" abarbeitet.

Die Schriftart ist eine schnörkel- und serifenlose Grotesk, doch gerade deren Rundungen sind knifflig. "Am liebsten wäre es mir natürlich, wenn die Inschrift aus lauter Buchstaben I bestehen würde", sagt Baumann lachend. Vor der täglichen Arbeit, die insgesamt etwa zwei Wochen dauern wird, trocknet er den Stein mit einem Bunsenbrenner, zwischendurch muss er ihn immer wieder erhitzen, denn "der Stein schwitzt und atmet relativ viel". Das wiederum hätte man bei einem doch recht leblosen Zeitzeugen der Kriegsgeschichte nicht erwartet.

Wenn Baumann sich hingebungsvoll den Namen der Verstorbenen zuwendet, vergeht die Zeit wie mit einem Pinselstrich. Fünf bis sechs Stunden pro Tag könne er sich konzentrieren, dann müsse er eine Pause einlegen. Er schaut nachdenklich auf das Kriegsdatum und die Schlachtorte von Orleans und Sedan. "Warum sich die Leute damals die Köpfe eingeschlagen haben, weiß ich auch nicht genau", sagt er, "Aber gerade in unserer schnelllebigen Zeit ist es ganz gut, sich an Dinge zu erinnern, die schon länger her sind." Er empfinde es als ehrenvolle Aufgabe, das Denkmal wiederherzustellen. Ungefähr die Hälfte der Arbeit ist nun geschafft, die Namen rechts sind wieder klar lesbar. Grinsend lehnt sich Baumann zurück und sagt: "Bei so einer Arbeit kann man auch gut seinen Pedantismus ausleben, damit es am Ende gescheit aussieht."

© SZ vom 17.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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