Ehemalige Sparkasse in Ebersberg:Aufarbeitung mit Knalleffekt

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Für die Fehler beim Kauf des Sparkassengebäudes musste Landrat Robert Niedergesäß nun viel Kritik einstecken.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Der Landrat bittet die Kreisräte wegen Fehlern beim Kauf des Sparkassenbaus um Entschuldigung - die Grünen legen ihm den Rücktritt nahe

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Laute Worte, ein Abgang unter Türenknallen - so etwas kennt man so gar nicht aus dem sonst sehr harmonischen Ebersberger Kreistag. In aufgeheizter Stimmung haben am Montag die Kreisräte die Vorgänge rund um den Kauf des früheren Kreissparkassengebäudes durch den Landkreis und die massiven Steigerungen bei den Kostenkalkulationen für eine Sanierung diskutiert. Ein Gutachten des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands (BKPV) hatte etliche Fehler des Landkreises offengelegt, die Landrat Robert Niedergesäß (CSU) zum großen Teil auch einräumte. Er bat die Kreisräte um Entschuldigung, unterstrich aber auch, dass er stets in bester Absicht gehandelt habe. Den Grünen reichte das nicht, sie sprachen von "Tricksen, Tarnen, Täuschen" und legten Niedergesäß recht deutlich den Rücktritt nahe.

Die Prüfer brachten Unerfreuliches ans Tageslicht

Mehr als ein Jahr hatten die Fachleute vom BKPV gebraucht für ihr Gutachten, das der Landkreis auf Initiative der Grünen in Auftrag gegeben hatte. Dass es einiges Unerfreuliches zu Tage gebracht hat, bestritt fraktionsübergreifend eigentlich niemand: Zu schnell und ohne gründliche Prüfung griff der Landkreis zu, als bekannt wurde, dass der frühere Hauptsitz der Kreissparkasse auf den Markt kam. Weder wurde der Zustand des Gebäudes gründlich untersucht, noch ein unabhängiges Wertgutachten in Auftrag gegeben oder intensiv geprüft, ob das Gebäude als Außenstelle des Landratsamts groß genug und auch geeignet ist. Die Liegenschaftsverwaltung - also die Fachleute im Landratsamt - blieb teilweise bei wichtigen Entscheidungen außen vor. Die Kreisräte wurden nicht zeitnah über die prognostizierten Kostenanstiege bei einem möglichen Umbau und einer Sanierung informiert, auch das haben die Gutachter nachgewiesen.

Ehemalige Sparkasse in Ebersberg: Landrat Robert Niedergesäß räumt Fehler ein, beteuert aber, die Gremien nicht getäuscht zu haben.

Landrat Robert Niedergesäß räumt Fehler ein, beteuert aber, die Gremien nicht getäuscht zu haben.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Vor allem letzteres bedaure er sehr, sagte der Landrat in einer ausführlichen Stellungnahme zum Gutachten. Er könnte sich auch rückwirkend nicht erklären, wie es so kommen konnte: "Eine ,Politik der Nichtinformation' oder gar ,Salamitaktik' entspricht nicht der Kultur und dem Geist unseres Hauses und auch nicht meinem Anspruch von Transparenz und Zusammenarbeit", sagte Niedergesäß. Es handle sich hier um einen "sehr unglücklichen Einzelfall". Was die übrigen Erkenntnisse aus dem Gutachten betrifft, versuchte der Landrat, die Hintergründe aus seiner Sicht zu beleuchten, er erläuterte seine Einschätzung von vorhandenen Gutachten und Kostenschätzungen, verwies aber auch darauf, dass es im Kreistag zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls so gut wie keine kritischen Stimmen oder Nachfragen gegeben habe. Für eine Vertagung der Entscheidung über den Kauf wäre er aufgeschlossen gewesen, sagte Niedergesäß. Es habe auch kein Zeitdruck bestanden. Dennoch habe eine große Mehrheit dafür votiert, sofort über den Kauf zu entscheiden. Auf eigene Initiative hat Niedergesäß die Regierung von Oberbayern als Rechtsaufsicht gebeten zu prüfen, ob ihm ein persönliches Fehlverhalten angelastet werden kann. "Ich sehe dieser Prüfung gelassen entgegen", unterstrich der Landrat.

Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus - je nach Fraktion

Die Kreisräte bewerteten das Gutachten unterschiedlich. Während Wilfried Seidelmann (FW) dafür appellierte, nun nach vorn zu schauen, sagte Waltraud Gruber (Grüne), ihre Fraktion sei "fassungslos" über die im Gutachten dargelegten Erkenntnisse. Es sei die "Katze im Sack gekauft" worden, die Kreisräte seien angelogen worden, all das werfe ein "desaströses Licht auf die Amtsführung", so Gruber. Insgesamt handle es sich um "die größte Fehlleistung der vergangenen Wahlperiode". Sowohl Albert Hingerl (SPD) als auch Johanna Weigl-Mühlfeld (ÖDP) forderten zu einzelnen Punkten des Gutachtens weitere Aufklärung; entsprechende Fragenkataloge hatten sie bereits vor der Sitzung vorgelegt. Schärfer wurde der Ton dann bei Thomas Vogt (SPD), der sagte, in der Privatwirtschaft wären solche Fehler, wie sie passiert seien, ein Entlassungsgrund. Noch deutlicher wurde Benedikt Mayer (Grüne), der unterstrich, es gehe nicht um einzelne Fehler, sondern um "Fehlverhalten der Spitze der Verwaltung". Er fragte, wie Niedergesäß es mit seinen eigenen Ansprüchen an den politischen Anstand vereinbaren könne, noch im Amt zu bleiben - was Alexander Müller (FDP) zu dem Ausruf motivierte, dass ja nun endlich deutlich werde, was die Grünen im Landratswahlkampf planten. Sie hätten aber nicht den Mut - Müller formulierte das deftiger -, gleich den Rücktritt zu fordern. Mayer quittierte das mit einem wütenden, von Türenschlagen gekrönten Abgang.

Etwas ruhiger wurde die Diskussion danach fortgesetzt, auch Vertreter der CSU/FDP-Fraktion räumten ein, dass "schwerwiegende Fehler gemacht" wurden, wie es Martin Wagner (CSU) formulierten, und das Ergebnis der Prüfung "suboptimal" ausgefallen sei, wie Alexander Müller sagte. Christa Stewens (CSU) sagte, an die Grünen gewandt, sie störe "das Moralisierende" an deren Kritik. Sie sei überzeugt davon, dass in vielen Kommunen Fehler passierten, "jeder, der die moralische Keule schwingt, sollte genau überlegen, ob er nicht auch schon Fehler gemacht hat". Sie selbst stehe nach wie vor zum Kauf der Immobilie, sagte Stewens, und verwies darauf, dass der Kreis in anderen Fällen ähnlich vorgegangen sei. Auch beim Kauf von Schloss Hirschbichl oder des Klosterbauhofs habe der Landkreis zugegriffen, ohne dass ein umfassendes Nutzungskonzept vorgelegen sei, einfach, weil man sich den schützenswerten Bau und das wertvolle Areal mitten in der Kreisstadt sichern wollte. Man sei ein Risiko eingegangen, wie man es künftig - folge man den Empfehlungen des BKPV - eigentlich nie wieder tun dürfe, sagte Stewens. Auch Martin Lechner (CSU) rechtfertigte den Kauf: Seit Jahrzehnten sei man auf der Suche nach einem Grundstück für die Landratsamterweiterung, außerdem sei dem Kreis durch Zögern schon einmal ein Grundstück - die ehemalige Post in Ebersberg - durch die Lappen gegangen, erinnerte er.

Ehemalige Sparkasse in Ebersberg: Auch die ehemalige Post hätte eine Erweiterung des Landratsamtes werden sollen - doch hier war der Landkreis zu langsam und verpasste das Geschäft.

Auch die ehemalige Post hätte eine Erweiterung des Landratsamtes werden sollen - doch hier war der Landkreis zu langsam und verpasste das Geschäft.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Mit einem echten Beschluss ging die mehr als dreistündige Behandlung des Punkts nicht zu Ende: Die Kreisräte nahmen aber verschiedene Maßnahmen zur Kenntnis, mit denen der Landrat und seine Verwaltung künftig ähnliche Fehler vermeiden wollen. Unter anderem sollen vor einem Erwerb künftig Immobilien genauer unter die Lupe genommen werden, außerdem soll es künftig eine "Stabsstelle Recht" mit einem Volljuristen geben, der auch gleichzeitig Compliance-Beauftragter wird. Unterlagen zu nichtöffentlichen Tagesordnungspunkten werden den Gremiumsmitgliedern eine Woche vor der Sitzung zugeleitet. Die Fraktionen sollen aber auch die Möglichkeit bekommen, weitere Anregungen zu machen.

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