Süddeutsche Zeitung

Ebersberger Volksfesthalle:Ekstatisch am Mikrofon

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"Voll der geile Sound": Sie spielen Punk, Ska und Indie-Rock und sie kommen aus dem Landkreis. Die Bands auf dem Taste-of-Boars-Festival locken 470 Zuschauer in die Volksfesthalle.

Stephen Virchow

Noch wirkt die Bühne im großen Saal der Ebersberger Volksfesthalle verloren. Nur ein paar Techniker sind zu sehen, machen die letzten Handgriffe abends um halb acht, damit sieben Bands ein wenig später den "Landkreis rocken" können, wie der gleichnamige Song das Taste Of Boars ankündigt. Das Festival fand am Samstagabend zum fünften Mal und im Rahmen der Ebersberger Kulturtage zum dritten Mal statt.

Die ersten beiden Bands, die auf die Bühne dürfen, sind die Mighty Hats, eine Nachwuchsband die eine Mischung aus Indie- und Punk-Rock spielt, und die bekanntere fünfköpfige Ebersberger Band Zeitzeuge. Bei Letzteren sind es beeindruckend viele Zuschauer, die vor allem von der Stimme von Frontmann Moritz Michael angezogen werden. Meist poppige, ruhige Balladen spielt die Band, vor der Bühne wiegt sich das Publikum gemächlich im ruhigen Takt.

Schon die ersten beiden Bands machen klar, dass der Abend sehr abwechslungsreich werden wird. "Wir bieten eine bunte Mischung aus Punk, Ska und Indie-Rock an. Das Wichtigste ist allerdings, dass die Bands aus dem Landkreis kommen", erzählt Organisator Bernd Wolfram. Sein Mitorganisator Franz Neugebauer erklärt das Konzept: "Aus dem Landkreis und für den Landkreis soll unser Festival sein."

Nach der Band Aerolight, die nach eigenen Angaben Progressive Rock spielt, wird die Zwei-Mann-Band The Dope von den Zuschauern gefeiert. Gitarrist Rudi Maier wirkt nur anfangs einsam auf der Bühne. Mit seiner Gitarre und gemeinsam mit Drummer Franz Neugebauer nimmt er die Zuschauer im Laufe des Auftritts für sich ein. Am Rand der tanzenden Menge wird anerkennend genickt. "Voll der geile Sound", sagt einer. Backstage feiern Musiker der anderen Bands die klare Stimme von Maier und den Sound der Noise-Rock-Band.

Franz Neugebauer bleibt auf der Bühne und zieht für den Auftritt seiner zweiten Band, Planet Ersag, noch schnell sein Hemd aus. Doch im Mittelpunkt steht ganz klar Sänger und Gitarrist Jan Vondrácek, da hilft auch aller Körpereinsatz des Drummers nicht. In einer schwer zu beschreibenden Mischung aus Desinteresse, Abwesenheit und Ekstase windet sich Vondrácek um seinen Mikrofonständer, bewegt sich zuckend über die Bühne, fährt sich verwirrt durch die Haare und sagt mit rauchiger Stimme Sätze wie: "Das nächste Lied ist alt, aber neu." Er hat Ähnlichkeit mit Klaus Kinskis Woyzeck, würde der Gitarre spielen, man könnte die beiden verwechseln. Getrübt wird der Auftritt ausschließlich dadurch, dass die Texte, wie bei "Walfisch" nur in Bruchstücken zu verstehen sind.

Gut zu hören sind die mehrstimmigen Punkhymnen von Brainbucks. Es folgt der musikalische Höhepunkt des Abends. Die Band A la Ska bringt den verbliebenen Rest der 470 zahlenden Gäste mit ihrem melodischen, tanzbaren Ska ein letztes Mal in Bewegung. So wie die sechs Musiker um Frontmann Chris Jagla den Off-Beat dieser Musikrichtung interpretieren, bleibt dem Zuschauer, bevor er nach Hause geht, nicht anderes übrig als der A la Ska-Textzeile: "Ska ist wunderbar" zuzustimmen. Besonders die drei Bläser um Trompeter Florian Landerer beeindrucken.

Das fünfte Taste Of Boars hat eindrucksvoll gezeigt, dass eine Bühne niemals leer bleiben sollte, dass es viele Bands mit Potenzial im Landkreis gibt, und dass man Bands und Bühne öfter zusammen bringen sollte.

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Quelle:
SZ vom 13.09.2010
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