Ebersberger Skaterverein:Früh zu Brett

Sein erstes Skateboard bastelte sich Marinus Leitner als Kind selbst zusammen. Mit 26 Jahren ist er nun Vorstand im Rollsportclub Ebersberg. Über die gute Höhenluft - und den harten Boden der Tatsachen

Von Jonas Braun, Ebersberg

Man hört die Skateboards schon von weitem, wenn man sich dem Skatepark in Ebersberg über den Parkplatz und vorbei an dem Fußballfeld nähert. Zusammen mit lauter Musik kann man hören, wie die Frauen und Männer, die Jungs und Mädels des Rollsportvereins die sogenannten "Ramps" hoch und runterfahren und über "Rails" rutschen. Rampen und Geländer, auf denen nicht immer alles klappt. Doch zwischendrin gibt es bisweilen einen lauten Aufschrei, wenn jemandem ein schwerer Trick gelingt, und alle freuen sich mit dem erfolgreichen Skater.

Ein August-Abend im Ebersberger Skatepark. Die Mitglieder des Rollsportverein Ebersberg sind voll in Aktion, manche mit BMX-Rad, die meisten mit Skateboards. In einem Container steht neben einer Fotowand ein Kühlschrank mit kaltem Bier. Gegen einen Freundschaftspreis kann sich jeder bedienen. "Wir sind hier eigentlich eher wie eine kleine Familie", sagt Marinus Leitner, der Vorsitzende des 2008 gegründeten Vereins. Der 26-Jährige sitzt auf dem Dach des Containers, von wo man den Skatepark überblicken kann.

Früh habe er seine Liebe für den Rollsport entdeckt, erzählt Leitner. Zu der Zeit spielte er noch Fußball. Doch er berichtet, dass ihm der Leistungsdruck und die festen Trainingszeiten nie sonderlich zugesagt hätten. "Dann habe ich über Freunde Skateboardfahren ausprobiert und bin sofort darauf hängen geblieben", sagt er und lacht. Daraufhin habe er sich ein altes Brett geschnappt und mit Trucks - also Achsen- und Rädern sein erstes Skateboard zusammengebastelt.

Ebersberger Skaterverein: Es gibt Rampen und Geländer, auf denen nicht immer alles klappt.

Es gibt Rampen und Geländer, auf denen nicht immer alles klappt.

(Foto: Christian Endt)

Mit 14 Jahren trat der Ebersberger bereits dem Vorstand des Rollsportclubs bei. Bis heute habe die Faszination nicht nachgelassen, sagt Leitner. Auch wenn der alte Skatepark in Ebersberg bisweilen nicht nutzbar war. "Im Sommer hätte man früher auf den Metallrampen und Aluminiumrails Spiegeleier braten können", sagt er. Um den Umbau stemmen zu können, wurde vor 13 Jahren der Rollsportverein gegründet und die Passauer Firma "IOU Ramps" mit dem Umbau des Ebersberger Skateparks beauftragt. Die Firma baute den Park aber nicht allein: "Wir haben da alle mitgeholfen", sagt Leitner. Es sei "schon ein anderes Gefühl, in einem Park zu fahren, den man selbst gebaut hat".

Seitdem wurde der Park dreimal renoviert und mit Flutlichtern erweitert, damit man auch noch in der Dunkelheit Lines fahren kann. Der Verein finanziert sich größtenteils über Spenden, Fördertöpfe und Zuschüsse der Stadt Ebersberg, die hinter dem Skatepark steht und den Verein unterstützt. "Es ist auch im Sinne der Stadt, die Skater keinem Verletzungsrisiko durch einen schlechten Park auszusetzen", erklärt Leitner.

Verletzungen sind beim Skaten keine Seltenheit: "Mit 17 habe ich mir, als ich über ein Gap gesprungen bin, den Schienbeinkopf zertrümmert", erzählt er. Nach dem Unfall war eineinhalb Jahre Zwangspause. Doch die Lust am Skateboarden habe er dadurch nicht verloren. Im Gegenteil. Obwohl ihm Ärzte wegen seiner Verletzung rieten, er solle mit dem Skaten aufhören, habe er es kaum erwarten können, wieder mit seinen Freunden aufs Board zu steigen, sagt er. "Ich habe mir Zeit gelassen und auf meinen Körper gehört." Nach vielen Stunden Training im Fitnessstudio, ging es dann irgendwann wieder.

Die Gefahr fährt mit. Doch die Anlage in Ebersberg ist mehr als nur ein Skatepark: "Hier ist jeder willkommen, egal ob alt oder jung, solange man sich richtig aufführt", sagt Leitner mit einem Lächeln. Der Park sei ein Treff für alle, nicht nur für Skater. Er erzählt von Sommerfesten, Grillpartys und Skate-Contests. Besonders das zehnjährige Jubiläum ist im Gedächtnis geblieben: "Der Bürgermeister war da, Bands haben gespielt und es sind viele Leute aus den Gründungstagen zurückgekommen." Mit ihnen verstehe er sich immer wieder so, als wären sie nie weggewesen. "So sehr verbindet der Verein", sagt Leitner.

Dazu trägt natürlich auch der Sport seinen Teil bei, das Skaten. "Ich bin viel rumgekommen und egal wo, wenn man auf Skater trifft, dann versteht man sich meistens", erzählt der Ebersberger. "Man lebt einfach einen ähnlichen Lifestyle."

Skateboarden ist inzwischen so global, dass es gar zur olympische Disziplin ernannt wurde. Leitner sieht das eher skeptisch: "Das Schöne am Skaten ist doch die Freiheit und das Miteinander." Es gibt beim Skaten auch den Wettkampf-Bereich, wo man sich auf professionellem oder zumindest ambitionierten Niveau misst. Aber das ist für ihn nicht zentral, sagt der 26-Jährige. Die Kommerzialisierung des Skateboardens ist aus seiner Sicht nicht das, was diesen Sport ausmacht - eher das, was ihn gefährde.

Man merkt Marinus Leitner seine Leidenschaft für das Skaten an. Immer wieder blickt er vom Containerdach hinunter in den Park und sieht seinen Freunden zu. Sein Blick bleibt am Graffiti an der gegenüberliegenden Wand hängen. Das Kunstwerk, das einen Eber in der Mitte zeigt, wurde von Daniel Man, Künstlername "Codeak", aus Augsburg gesprayt. "Auch da konnte jeder mithelfen und Farbflächen besprühen", sagt Leitner. Es gehe ihm darum, wie wichtig es für den Rollsportverein ist, möglichst viele Leute teilhaben zu lassen. Inzwischen hat der Verein um die 100 Mitglieder. "Klar", sagt Leitner, "irgendwann muss man auch mal den Jüngeren Platz machen und ihnen die Möglichkeit geben, sich auch zu verwirklichen". Eines aber sei gewiss, sagt Marinus Leitner: Er wird diesen Verein nie ganz verlassen.

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