Süddeutsche Zeitung

Ebersberger Jubiläum:Kein bisschen leise

Der Ebersberger Spielmannszug feiert Mitte September seinen 60. Geburtstag mit einem großen Fest und viel Musik

Eine ordentliche Portion Wagemut war sicherlich notwendig, als Anton Trenkler senior im Jahr 1959 den Spielmannszug Ebersberg gründete. Allein zumindest war er damals aber nicht. Richard Wochermeier, Sepp Mäusl und Siegfried Betz senior waren bereits mit von der Partie, kurze Zeit später stießen Adolf Gigler und Hartl Renauer dazu. Was heute, 60 Jahre später, aus dem kleinen Verein geworden ist, hat sich damals sicher keiner vorstellen können. Ein bunt gemischter Haufen aus Alt und Jung, der nicht nur zum Musizieren zusammen kommt, sondern auch, um gemeinsam neue Städte, Länder, Menschen und deren Traditionen kennen zu lernen.

In den 60 Jahren Vereinsgeschichte stieg die Zahl der aktiven Mitglieder kontinuierlich an, heute sind es 65. Was wohl auch damit zu tun hat, dass die Vorstandschaft nie vergisst, dass, wer ein gestandener Musiker werden will, irgendwann einmal mit dem Musizieren anfangen muss. Also wird seit einigen Jahren eine musikalische Grundausbildung vom Spielmannszug angeboten, dabei werden Kinder ab sechs Jahren von einer Musikpädagogin spielerisch an Noten, Instrumente und Rhythmik herangeführt. Wer will und kann, engagiert sich bei der Ausbildung der Jüngeren - und selbst der Vorstand hat im Moment ein Durchschnittsalter von nur 29 Jahren.

Sebastian Brilmayer ist seit 2007 Vorsitzender und leitet die Geschicke des Vereins. Er trat dabei ein großes Erbe an, immer wieder wanderte die Verantwortung in der Vereinsgeschichte ja in die nächste Generation weiter. Neben Anton Trenkler und den Herren der ersten Stunde gehören auch Anton Trenkler junior und Walter Gigler zu denen, die in der Vergangenheit für den Verein ihre Zeit geopfert, Kontakte geknüpft und Auftritte ermöglicht haben. Und so kommt der Spielmannszug im In- und Ausland gut herum. Sonnwendfeier oder Volksfesteröffnung sind traditionelle Auftritte in Ebersberg. Seit einigen Jahren ist der Zug bei der Volksfesteröffnung in Vaterstetten engagiert, bei der Herbstfesteröffnung in Haag, ebenso wie bei der Eröffnung des Oktoberfests in München und dem St. Patrick's Day. Regelmäßig feiert der Spielmannszug Fasnet in Ravensburg, Karneval in Köln oder Düsseldorf, war aber auch schon mehrmals beim Schützenfest in Balve. Highlights sind aber natürlich die Auslandsfahrten: Italien, Frankreich, Irland, England, Spanien, Österreich, Schweiz, Dänemark, Ungarn, Polen und Amerika markieren die Reiseziele auf der Weltkarte. Allein beim Folkloretreffen in Mallow in Irland war der Spielmannszug vier Mal mit von der Partie.

Bei all den Auftritten ist es dem Verein ein Anliegen, möglichst viele Kosten übernehmen zu können und die Belastung der Mitglieder gering zu halten. Die Haupteinnahmequelle ist seit 41 Jahren das Weinfest, das immer am zweiten Samstag im Juli in Ebersberg stattfindet. Bis zu 6000 Besucher kommen - wenn das Wetter passt.

Bei all den Feiern und Reisen bleibt aber die Musik das Wichtigste. Gegründet als reiner Trommlerzug, bereicherten den Spielmannszug bald Fanfaren und Querflöten. Heute spielen im besten Fall Marsch- und Landsknechttrommeln, kleine Sopranquerflöten - die sogenannten Pfeifferl - Ventil- und Naturtonfanfaren, Lyren, Tschinellen und die große Trommel unter der Leitung des Tambourmajors. Seit 2015 ist Christian Betz musikalischer Leiter. Er koordiniert und leitet die Probenarbeit, kümmert sich um die Auswahl der Stücke. Geprobt wird jeden Montag im katholischen Pfarrheim in Ebersberg. Fortgeschrittene Mitglieder leiten die Einzelproben, Registerleiter die Registerproben und der musikalische Leiter die Hauptprobe, bei der dann alle zusammen spielen.

Neben klassischen Märschen hat der Zug auch Stücke im Repertoire, die im Stehen gespielt werden müssen, weil sich der Takt oder das Tempo nicht mit dem Marschieren vereinbaren lassen. Andere Stücke sind saisonal vorgegeben, werden etwa zum Fasching geprobt und gespielt und verschwinden dann mit den Karnevalskostümen in der Kiste, bis zum nächsten Jahr. Bei den Auftritten spielen die Musiker auswendig. Jedes Stück, das während des Marschierens intoniert werden kann, hat eine Nummer, die Christian Betz, der vorneweg marschiert, schon mal mit Hilfe seines Majorstabs anzeigt - mit der Durchschlagskraft der Stimme kann es vor der Geräuschkulisse eines traditionellen Trachtenumzugs ja schon mal schwierig werden. Im Gegensatz zum klassischen Orchester ist es für einen Spielmannszug aber mit dem Musizieren alleine nicht getan. Meist im Mai, zu Beginn der Auftrittssaison, heißt es: Antreten zur Marschprobe. Kurvengehen, Stehenbleiben oder Losmarschieren, das alles muss immer wieder besprochen oder neuen Mitgliedern beigebracht werden. Und um bloß nicht dem Schlendrian zu verfallen, nehmen die Musiker regelmäßig an Wertungsspielen, Konzert- oder Marschwertungen, teil. Natürlich muss für so eine Konzertwertung extra geübt werden. Zwei Stücke müssen beim Spiel auf der Bühne dargeboten werden. Bewertet wird die Leistung von Wertungsrichtern des Musikbunds Ober-/Niederbayern.

In der Marschwertung geht es dann um das Marschieren des Zugs. Auf einer ausgewiesenen Strecke wird die gesamte Darbietung begutachtet, Marschieren und Spielen zugleich natürlich. Und was der Laie vielleicht gar nicht bemerkt - die Wertungsrichter sehen es mit Sicherheit. Die Nervosität ist entsprechend groß vor solchen Prüfungen, doch die Mühe hat sich zuletzt immer gelohnt. Mehr als 90 von 100 Punkten und so "sehr guter Erfolg" wurde dem Ebersberger Spielmannszug bei den letzten Wertungen bescheinigt.

Vor zehn Jahren hat der Verein sein halbes Jahrhundert feiern können, mit einem großen Festwochenende in Ebersberg. Damals, zum 50. Geburtstag, bekamen die Musiker ihre heutige Kleidung, nachempfunden der Ebersberger Tracht aus dem Jahr 1830. Seither tragen sie schwarzen Hut, rote Weste, blauen Gehrock, schwarze Lederhose und blaue Socken. Die vielen Kontakte, die der Verein seit seiner Gründung 1959 hatte knüpfen können, machten es möglich, dass eine Vielzahl von Musikgruppen nach Ebersberg kam. Ganz ähnlich soll es auch diesmal wieder sein, wenn der Spielmannzug seinen 60. Geburtstag feiert.

Die Feierlichkeiten in Ebersberg beginnen am Samstag, 14. September, 14 Uhr im Theaterhof. Sieben Musikgruppen aus dem In- und Ausland treten auf, darunter die Freunde aus Ravensburg, Hirschau, Krumbach oder auch die Dark Highland Pipes & Drums. Außerdem werden der Spielmannszug Neuötting, die Blaskapelle Pozza die Fassa aus Italien und die Basler Mittwochsgesellschaft erwartet. Für den Samstagabend in der Ebersberger Volksfesthalle gibt es kein festes Programm, aber eine Bar. Gäste sind ausdrücklich eingeladen. Ein Festgottesdienst auf dem Marienplatz eröffnet den Festsonntag, 15. September. Der Festzug am Nachmittag startet in der Münchner Straße und führt über Heinrich-Vogl-Straße, Marienplatz, Ignaz-Perner-Straße und Sieghartstraße zum Marienplatz. Dort findet unter der Leitung von Christian Betz ein Gemeinschaftschor aller Musiker statt.

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SZ vom 22.08.2019 / SZ
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