Ebersberger Haushaltsloch:Marathon über 2,6 Zentimeter

Vor allem eine Gewerbe­steuer­rückzahlung in Millionenhöhe bringt den Landkreis Ebersberg in Finanznot. Nun muss gespart werden

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Es sind zwar lediglich 2,6 Zentimeter, dem Landkreis Ebersberg dürfte diese Strecke in den nächsten Jahren allerdings vorkommen wie ein Marathon. Die Rede ist von dem Balken in den Unterlagen der Kämmerei, der die Planabweichung aus dem Jahr 2020 bei der Kostenstelle zur Finanzierung des Kreishaushalts symbolisiert. Oder, um es wie Kreiskämmerin Brigitte Keller in einfacheren Worten zu sagen: "Da fehlt uns wahnsinnig viel Geld." Die 2,6 Zentimeter stehen in Euro übersetzt für eine Summe von 24 Millionen. Dieses Haushaltsloch resultiert in erster Linie aus einer enormen Gewerbesteuerrückzahlung, die der Kreis für die Jahre 2007 bis 2010 zu leisten hat. Diesen Fehlbetrag werden wohl auch die Landkreisbewohner zu spüren bekommen.

Nicht erst seit der jüngsten Sitzung des Kreis- und Strategieausschusses ist klar, dass dem Landkreis finanziell schwierige Zeiten bevorstehen. Am Montagnachmittag nutzte Kämmerin Brigitte Keller aber ihren Halbjahresbericht, um das nochmals allen Gremiumsmitgliedern vor Augen zu führen. Neben der pandemiebedingten Unsicherheit und den dadurch zu erwartenden Einnahmerückgängen, schmerzen eben jene 24 Millionen den Landkreis ganz besonders. Diese Summe hatte der Kreis durch ein im Ebersberger Forst ausgewiesenes Gewerbegebiet, den sogenannten "Seegrasstadel", eingenommen. Da es sich um gemeindefreies Gebiet handelt, konnte der Landkreis den Steuersatz festlegen, er entschied sich für den niedrigsten, der laut Gesetz möglich ist - was Anfang Dezember 2020 die Steuerfahnder auf den Plan rief. Die hatten nichts auszusetzen, kamen aber zu der Auffassung, dass die Einnahmen eigentlich der Stadt München zustehen.

Nun also muss Ebersberg die Millionensumme zurückzahlen, was laut Keller für den Kreishaushalt "erheblich" ist. Zum ersten Mal in der Geschichte musste die Kreisbehörde einen Kassenkredit aufnehmen, der der Kämmerin zufolge Mitte Dezember 2025 fällig ist. "Der Kreis muss zu dem Zeitpunkt also entsprechend liquide sein", so Keller. Das zu erreichen, scheint angesichts der prognostizierten Haushaltsentwicklung aber alles andere als leicht zu werden. Keller jedenfalls legte den Kreisräten nahe, die nötige Summe Jahr für Jahr aus den Ergebnisüberschüssen zu finanzieren. "Alles andere wäre unseriös", sagte die Kämmerin.

Jene Ergebnisüberschüsse allerdings verwendet der Landkreis zu normalen Zeiten für Investitionen in seine Infrastruktur - also, um seinen Bürgern ein besseres Leben in der Ebersberger Region zu ermöglichen. Hier wird der Kreis in den kommenden Jahren aber Abstriche machen müssen, oder, wie FDP-Kreisrat Alexander Müller sagte: "Die Hosen für den Kreishaushalt werden deutlich kürzer, um Geschenke zu verteilen." Er forderte deshalb bei Investitionen Augenmaß und eine klare Priorisierung. Es seien "Zeiten, in denen man einiges zurückstellen muss". Schwierige Jahre erwartet auch Wilfried Seidelmann (Freie Wähler): "Unsere Waffe ist die ungeschminkte Wahrheit", sagte er über die Finanzsituation im Landkreis.

Diese Wahrheit wird vor allem am Schuldenstand deutlich. Der lag Ende Februar bei rund 29 Millionen Euro - Tendenz steigend. "Eine kritische Entwicklung" nannte das Brigitte Keller, die für den Haushalt in nächster Zeit demzufolge "Turbulenzen" erwartet. Um nicht kompletten Schiffbruch zu erleiden, muss der Landkreis nicht nur die Ausgaben-, sondern auch die Einnahmenseite in den Blick nehmen. Ein Ansatzpunkt ist hier die Kreisumlage, also die Abgabe der einzelnen Gemeinden an den Kreis. Eine Erhöhung dieser Zahlung "wird von mir als unvermeidbar angesehen", sagte Keller, die auch gleich einen Ausblick auf die kommenden Finanzberichte gab: "Die werden nicht erfreulicher werden."

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