Ebersberger Forst:Von Kelten, Seegras und einer Verhüllungskünstlerin

Zum Tag des offenen Denkmals zeigen die Experten und Expertinnen der Region, was der Ebersberger Forst in seiner Vielfalt zu bieten hat. Hunderte Menschen bevölkern an einem sonnigen Sonntag den Wald und seine zwei Biergärten. 31 Stationen stehen zur Auswahl - ein Rundgang

Von Marie Schmidt

Bereits um 9.45 Uhr sind die Glocken des Zuges "Josefine" der Faschingsgesellschaft Ebersberg durch die Innenstadt zu hören. Er ist auf dem Weg in den Ebersberger Forst, in dem er einen großen Auftritt hat: der Zug bringt die Forstbesucher, die wegen des Tags des offenen Denkmals angereist sind, durch den Wald. "Josefines" Strecke verläuft zwischen dem mysteriösen Brunnen im Norden und dem im Süden gelegenen Forsthaus Diana.

Ein sonniger Sonntag im Ebersberger Forst, hunderte Menschen sind gekommen, um an diesem denkwürdigen Tag dabei zu sein. 31 Führungen sind geboten.

Als "Hauptbahnhof" dient an diesem Tag das Forsthaus Hubertus, an welchem Getränke und Speisen ausgegeben werden. Dort stimmt eine Kapelle ihr erstes Lied bereits um 11 Uhr an. Spielen wird sie an diesem schönen Tag bis 14 Uhr und die Gäste mit der Blasmusik begleiten. Danach wird sie von einer anderen Band abgelöst. Für gute Stimmung sorgt an diesem Tag nicht nur die Musik, auch Steckerlfisch und Bier veranlassen eine "entspannte und ganz und gar nicht hektische Atmosphäre", wie es ein Besucher beschreibt.

Rund um das Forsthaus Hubertus gibt es spannende Programmpunkte. So steht direkt neben den Bierbänken ein "Bulldog", also ein Ackerschlepper, auf dem Kinder das Fahren simulieren und kräftig auf die Hupe drücken können. Direkt daneben wird vom Förster Walter Zwirgelmaier zum Thema Waldwirtschaft aufgeklärt und in unmittelbarer Nähe gibt es auf einer Bierbank passende Geschichten zum Thema Fichten und Wald, erzählt von der 82-jährigen Resi Geiger, welche früher im Wald gearbeitet hat und deren Spezialgebiet das Pflanzen von Bäumen war.

Etwas weiter hat Roswitha Hülser, im Einsatz als Hexe, einen Tisch aufgebaut, an dem sie ihre Zauberei vorführt. Ein Stück hinter dem Biergarten werden mit der Kräuterfrau und Schamanin Gabi Adermayer Wildkräuter untersucht und auch die Herkunft des Waldbadens wird hier geklärt. Bei diesem vielseitigen Programm ist für jeden was dabei, etwa die legendäre "Weiße Frau", die die langjährige Ebersberger Stadtarchivarin Antje Berberich am Ort der Legende im Stile einer Verhüllungskünstlerin in Weiß verkörpert.

In Richtung des Brunnens kann das Seegrasstadel begutachtet werden, Heinz Utschig erklärt die Herkunft und warum die Stränge des glatten Seegrases zu Locken gezwirbelt werden. Diese verleihen den Gräsern nämlich eine federnde Funktion, welche den Komfort für die beispielsweise ausgestopften Matratzen erhöht. Mithilfe eines Besuchers stellt Sepp Litzlbeck dann vor, wie die Seegräser verarbeitet und gelockt werden. Mit dem sogenannten Trieb, einer kleinen Maschine, welche einem Spinnrad ähnelt, wird das Gras eingedreht und dient zur Weiterverarbeitung. Die Stränge, die Utschig und Litzlbeck an diesem Tag verdreht haben, hängen von der Wand des Seegrasstadels hinunter.

Am Tag des offenen Denkmals- "Deutschlands größtem Kulturevent", wie er von den Veranstaltern genannt wird, gibt es in der ganzen Nation verschiedene Aktionen rund um Denkmäler und deren Geschichte. Dieses Jahr waren mehr als 5000 Events nationalweit geplant. Rund 4000 Denkmäler waren angemeldet. Die "Deutsche Stiftung Denkmalschutz", Veranstalter dieses Tages, setzt sich bereits seit 1985 für den Erhalt und die Pflege deutscher Denkmäler ein.

Mit Stadtführerin Ursula Kunz geht es nun tief in den Wald hinein: sie beschreibt die Geschichte der Kelten. Diese hatten sich damals nämlich nur um den Wald herum angesiedelt und nicht in ihm, da dieser keinerlei Wasser beinhaltet und eine Siedlung ohne ein Gewässer nicht lange überlebt hätte. Trotzdem wurde der Platz im Wald genutzt. Die Kelten vergruben ihre Verstorbenen in ganz besonderen Gräbern. Sogenannte Hügelgräber, welche wirklich einem ganz normalen Hügel ähneln, wurden in der Hallstattzeit, etwa in der Zeit von 800 bis 600 vor Christus für die Toten genutzt. Nach dem Landkreis Weilheim birgt der Ebersberger Forst die meisten Gräber dieser Art in der Umgebung, etwa 300 an der Zahl. Besonders an den Gräbern ist - neben dem kreisrunden Hügel mit etwa 15 Metern Durchmesser und einer Höhe von drei Metern - der Inhalt: Hier finden sich neben dem Toten, der meistens in einer Urne und alleine begraben wurde, auch weitere Elemente. Je nachdem wie bedeutend die verstorbene Person war und welchen Rang sie hatte, wurden Schmuck, Waffen oder Essen beigelegt, um ihr eine letzte Ehre zu erweisen und die "Reise ins Jenseits" zu erleichtern, wie Kunz erläutert.

Sie beschreibt eine Faustregel: Archäologen gehen davon aus, dass je größer der Hügel ist, desto bedeutender war die Person und gibt den Besuchern direkt einen Einblick. Sie führt zu einem großen Hügel, der eine Besonderheit birgt. Forscher gehen nämlich davon aus, dass Grabräuberei bei den Hügelgräbern keine Seltenheit war. Da bekannt war, dass oftmals Schmuck oder eine Statue der Tiergottheit Widder aus Bronze beigelegt wurde, war die Ausbeuterei eines solchen Grabes sehr attraktiv.

Die kleine Skulptur des Widders wurde in ihrem früheren Leben an Helmen angebracht, um die Autorität ihres Besitzers auszustrahlen. Heute lassen Archäologen die Grabstätten in Ruhe, "sie wissen ja was drunter liegt", so Kunz. Weitere Ausgrabungen würden womöglich nur wertvolle Gegenstände beschädigen. Außerdem seien aus genau diesem Grund die Gräber auch nicht ausgeschildert und nur mit einem Experten auffindbar.

Nachdem der Zug "Josefine" anfangs Schwierigkeiten hat, den Berg mit voll beladenen Waggons zu erklimmen und es zu Verzögerungen in beide Richtungen kommt, machen sich viele Radfahrer auf eigene Faust auf den Weg, um die Stationen abzuklappern. Diese sind auch alle gut zu Fuß und dem Rad erreichbar.

Nachmittags verlagert sich die Veranstaltung zur Hohenlindener Sauschütt. Von 15 Uhr an ist hier ein großer Programmpunkt die auf den Karten eingezeichnete frühere Römerstraße, vorgestellt von Kunz, die sich nicht nur mit Hügelgräbern auskennt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: