Freizeit:Der nautische Charme des Waldes

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Ein Fischreiher fliegt über die winterliche Weiherkette. (Foto: Christian Endt)

Im Ebersberger Forst werden zwei neue Fahrrad-Rundtouren in Gewässernähe erschlossen. Jochen Hoepner hat beide Routen entdeckt: das kopfstehende Seepferdchen und die Seeräuber-Hakenhand.

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Der Entdecker Jochen Hoepner ist der Vasco da Gama des Ebersberger Forstes. Auch wenn er sich nicht zu Schiff auf hoher See bewegt, sondern tief im Wald unterwegs ist. Aus Gründen der Trockenheit eignet sich dort das Fahrrad besser, um voranzukommen. Der 75 Jahre alte Hoepner hat dies beherzigt. Und so wird der Baldhamer als Erkunder der ersten beiden Radlrundtouren durch den Ebersberger Forst in die Geschichte eingehen.

In sich geschlossene fahrradtaugliche Routen durch den Forst gab es bisher womöglich auch schon. Nur sind diese nicht zu finden gewesen, weil sie in den aktuell gängigen Suchinstrumenten nicht vorkommen. Das aber soll sich 2022 ändern.

Radlbuchautor Jochen Hoepner aus Baldham bei einer seiner Touren durch den Ebersberger Forst. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Hoepners Routen, so der Plan, sind kommendes Frühjahr erstmals in der Freizeitkarte der neuen Ausgabe von "Natur erleben im Ebersberger Forst" detailliert eingezeichnet. Das Magazin "soll voraussichtlich im Mai/Juni 2022" erscheinen, so Hoepner. Weiter ist geplant, die GPS-Daten der Routen am Computer oder per Handy-App abrufen zu können, etwa in Open Street Map oder Komoot.

Der mystische Antoniweiher ist Station auf der Ostroute. (Foto: Jochen Hoepner)

Der Ebersberger Forst zählt zu einem der größten zusammenhängenden Wälder Bayerns. Zehntausende Menschen sind dort jedes Jahr unterwegs, zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Feldstudien des in weiten Teilen dieses Waldes zuständigen Forstbetriebs zufolge ist aufgefallen, dass die Besucher dazu neigen, auf Hin- und Rückweg identische Routen zu wählen. "Aus Sorge, sich sonst zu verlaufen", erklärt Forstbetriebschef Heinz Utschig. Seine Behörde kooperiert nun in einer Arbeitsgruppe zusammen mit Vertretern des Ebersberger Landratsamts und dem ehrenamtlichen Erkunder Hoepner.

30 Kilometer östlich von München sinkt also demnächst das Risiko, dass auf einer 90 Quadratkilometer großen Waldfläche Radler im Unterholz umherirren: Wer sich im Forst nicht mehr auf die ureigene Orientierung verlassen möchte, kann künftig zwischen der Ost- und der Westrunde wählen. Hoepner ist beide Touren mehrmals gefahren, was für sein Vorhaben sicherlich dienlich war. "Am wichtigsten war mir, dass beide Touren schöne Stationen mit Ruheplätzen und Sehenswürdigkeiten enthalten." Mit gut 20 Kilometern sind beide Routen ungefähr gleich lang.

Die Westroute

Die Kapelle an der Friedensbuche ist Station auf der Westtour. (Foto: Jochen Hoepner)

Die Westtour verläuft zwischen den Waldausläufern bei Pöring, Eglharting und Obelfing bei Anzing. Ihre Route gleicht auf der Karte einem auf dem Kopf stehenden Seepferdchen und lässt die nautischen Einflüsse zweier Gewässer bereits erahnen. Sie führt vom Waldspielplatz in Pöring am "Kleinen Weiher" vorbei zum sogenannten Nonnenstein. Er erinnert an die Jahre 1889 und 1892, als (kurz nach der Bestattung Vasco da Gamas 1880) zwei Drittel des vorhandenen Baumbestandes im Ebersberger Forst einer Raupeninvasion zum Opfer fielen. Weitere Stationen der Rundtour: Die nicht minder prominente und sehenswerte Friedensbuche samt Kapelle, der "Himmelsweiher" und der "Eustachiusstein".

Der "Kleine Weiher". (Foto: Jochen Hoepner)

Die Ostroute

Ebersberg an der winterlichen Weiherkette, hier an einem Biberdamm an der Ebrach. (Foto: Christian Endt)

Auch im Osten gibt es etwas Neues: Hoepners zweite Tour, die formal verdächtig einer Seeräuber-Hakenhand ähnelt, wie seefahrende Erkunder sie einst fürchteten. Auf der Ostroute hat Hoepner passenderweise gleich mehrere bootstaugliche Stehgewässer als Stationen kartiert. Etwa den Froschweiher, den Egglburger See, die Weiherkette, abermals den Himmelsweiher und nicht zuletzt der Antoniweiher: ein beschaulich-schöner Ort, wo man von Piraterie der Überlieferung nach stets verschont blieb. Weitere Haltepunkte, bei denen ein Verweilen lohnen könnte: Der "Gareisstein", die Waldklimastation, das mystisch-umrankte Forsthaus Diana unweit von Kirchseeon - und das Forsthaus Hubertus bei Ebersberg, wo im Frühjahr wieder der dann womöglich einzige Waldbiergarten im Ebersberger Forst öffnet.

Das Forsthaus Diana bei Kirchseeon im Sommer. (Foto: Christian Endt)

Die bekannte Durchquerung

Die bekannteste Fahrradroute durch den Ebersberger Forst ist der Sempt-Mangfall-Radweg. Von Erding kommend geht es über Forstinning in den Ebersberger Forst. Über Ebersberg und Grafing, Moosach, Brucker Moos und Herrmannsdorf erreicht man den Wallfahrtsort Weihenlinden und schließlich den München/Mangfall-Radweg. Diese Tour ist allerdings keine Rundroute wie die beiden Varianten, die Hoepner nun präsentiert.

Ost- und Westrunde sind Teil eines neuen Konzeptes der Tourismus- und Radverkehrsbeauftragten im Landratsamt, Alexandra Holzfurtner. Geplant seien zudem fünf neue Wanderrouten durch den Ebersberger Forst, wie Holzfurtner unlängst im Ebersberger Verkehrs- und Umweltausschuss erklärte. Diese Projekte seien aber hinter den beiden Rundradltouren angestellt, die sich bis Frühjahr Richtung Zielgerade bewegen sollen.

Bei aller Digitalität müsse auch die analoge Routenführung im Forst geklärt werden, heißt es von Forstamtschef Utschig. Im Raum stehe etwa die Frage, wie die Schilder im Wald gestaltet werden sollen: Zur Debatte stehe ein radelnder Eber. Das Layout von Wegweisern - zumindest solche Probleme hatten Seefahrer früher nicht.

Die Ausgabe von "Natur erleben im Ebersberger Forst" mit den neuen Routen soll im Mai/Juni 2022 erscheinen. Weitere Infos hier.

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