Süddeutsche Zeitung

Ebersberg:Zurück in den Container

Der Landkreis muss das Notquartier für Asylbewerber am Gymnasium Grafing reaktivieren. Wann die Unterkünfte in Vaterstetten und Zorneding errichtet werden können, ist weiter unklar.

Von Barbara Mooser

Es wird wieder eng: Die Regierung von Oberbayern will dem Landkreis künftig fünf weitere Asylbewerber pro Woche zuweisen. Die vorhandenen Unterkünfte reichen dafür nicht mehr aus, daher muss die Containeranlage am Gymnasium Grafing reaktiviert werden. In der Vergangenheit wohnten hier bis zu 40 Flüchtlinge, allerdings hofft man im Landratsamt, diesmal die Container nur während der Ferienzeit belegen zu müssen. Eigentlich sollten neue große Unterkünfte in Zorneding und Vaterstetten Entlastung bringen - doch in einem Fall sind noch Verfahrensfragen offen, im anderen ist die Finanzierung nach wie vor ungeklärt.

Derzeit leben im Landkreis 293 Flüchtlinge, 207 von ihnen befinden sich noch im Asylverfahren. Aus der Unterkunft am Grafinger Gymnasium waren erst im April die letzten Asylbewerber ausgezogen. Darüber waren auch die Verantwortlichen im Landratsamt froh gewesen, denn dass diese Art der Unterbringung nicht gerade optimal ist, war auch ihnen klar. Jetzt muss aber sogar noch ein bisschen mehr improvisiert werden, da die Sanitärcontainer, die nur angemietet waren, entfernt wurden und erst wieder beschafft werden müssen. Bis es soweit ist, müssen die Flüchtlinge die Sanitäranlagen in der Schulturnhalle benutzen, wie Stefanie Geisler, Leiterin der Abteilung Soziales im Landratsamt, erläutert.

Nach Angaben des Landratsamtes hatte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) noch versucht, einen Aufschub zu erreichen, schließlich hatte der Landkreis erst in der Woche zuvor 20 Asylbewerber in einer neuen Unterkunft in Anzing aufgenommen. "Aber im Moment kommen pro Wochenende bis zu 400 Asylbewerber in München an, der Druck ist also entsprechend hoch", berichtet die Abteilungsleiterin. Der Landrat hat sich nun erneut an die Bürgermeister im Landkreis gewandt mit der Bitte, freien Wohnraum ausfindig zu machen. "Die Situation hat sich wieder zugespitzt. Wir sind auf die Mithilfe und Solidarität der Landkreisbürger angewiesen, damit wir Asylbewerber menschenwürdig unterbringen können", sagt der Landrat.

Dabei gibt es sogar Gemeinden, die seit langem bereit sind, Asylbewerber aufzunehmen. In Zorneding soll eine Containerunterkunft für 50 Menschen entstehen, in Vaterstetten soll sogar Platz für 90 Flüchtlinge geschaffen werden. Doch der Kreis kann hier nicht so loslegen, wie er das gerne möchte: Für das Projekt in Zorneding fehlen derzeit noch Informationen der Regierung von Oberbayern darüber, wie die Ausschreibung genau aussehen soll. In Vaterstetten gibt es von der Behörde bisher keine Zusage, dass der Bau des Wohnheims vom Freistaat vorfinanziert wird.

Auf eigene Kosten kann und will der Kreis das Projekt nicht stemmen, schließlich handelt es sich um eine staatliche Aufgabe. Überdies wäre das Geld dafür auch gar nicht im Haushalt vorhanden. Man mache "wöchentlich Druck" bei der Regierung von Oberbayern, unterstreicht der Landrat, doch ein Durchbruch wurde bisher nicht erreicht. Könnte der Kreis sofort loslegen, wäre die Zornedinger Unterkunft nach Schätzungen Geislers im vierten Quartal 2014 bezugsfertig, die in Vaterstetten im ersten Quartal 2015. So oder so hofft Stefanie Geisler, dass die Flüchtlinge bereits zum Ende der Sommerferien wieder aus den Grafinger Containern ausziehen können. Denn am Montag haben die Fachleute vom Landratsamt ein anderes, möglicherweise geeignetes Objekt im Landkreis besichtigt. Auch andere Gebäude, die in Frage kämen, seien gemeldet worden, so die Abteilungsleiterin.

Eine Herausforderung werden die Sommermonate aber dennoch, vor allem für die freiwilligen Helfer. Denn in Grafing ist die Hilfsbereitschaft zwar groß, doch auch die Zahl der Hilfsbedürftigen: 74 Asylbewerber leben nach Angaben Geislers derzeit dort. "Wenn mitten in der Ferienzeit neue Leute kommen, wird das auf jeden Fall schwierig", sagt Anna Cohrs vom Verein Ausländerhilfe, der auch in Grafing die ehrenamtliche Betreuung der Flüchtlinge koordiniert. Einige der Helfer, die sich besonders engagierten, seien nun im Urlaub. Von der aktuellen Nachricht über die neuerliche Belegung der Container sei man daher folglich "nicht so besonders angetan".

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SZ vom 07.08.2014
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