SZ-Adventskalender:Zur Sorge kommt die Not

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Wenn ein Kind schwer krank ist, geraten Eltern häufig auch in finanzielle Bedrängnis. Was betroffene Familien brauchen, ist unbürokratische Hilfe

Von Karin Kampwerth, Ebersberg

Krankheit gehört in ein Kinderleben nicht hinein. Wenn sie sich dennoch hinterhältig einschleicht, kann die Sorge Eltern beinahe um den Verstand bringen. Vor allem, wenn es sich um eine schwere, lebensbedrohliche oder schlimmstenfalls unheilbare Krankheit handelt. Das Leid der kleinen Patienten rührt auch Außenstehende an. Wie Astrid Küffner aus Anzing. Sie lud im Sommer ihre Freundinnen zum Geburtstag ein und wünschte sich statt Geschenken eine Geldspende für die Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München, die inzwischen auch im Osten der Landeshauptstadt bis hin in den Landkreis Ebersberg tätig ist. 680 Euro konnte Astrid Küffner Hospiz-Mitarbeiterin Angela Zacher überreichen.

"Nur ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt die Anzingerin bescheiden, "wenn man sieht, wie die Kinder leiden". Doch eine wohltuende Geste der Hilfe, denn die Stiftung ist auf jeden Cent angewiesen, weil in Familien, in denen ein Kind schwer erkrankt, nicht nur die emotionale Struktur aus den Fugen gerät. Häufig bricht auch die finanzielle Basis weg, wenn ein Elternteil oder beide ihre Arbeit aufgeben, um sich um ihr Kind kümmern zu können.

Ins Geld gehen Angela Zacher zufolge auch alternative Therapien, die von den Krankenkassen nicht übernommen werden, den kleinen Patienten aber vielleicht Linderung verschaffen. Zacher, die selber zertifizierte Trauerbegleiterin für verwaiste Eltern und aktiv im Stiftungs-Krisendienst RUF 24 ist, kennt viel zu viele Geschichten, in denen die gesetzlichen Vorschriften Eltern und ihre kranken Kinder im Stich lassen. Mit Geld aus dem Adventskalender für gute Werke kann die Stiftung in solchen Fällen schnell und unbürokratisch helfen.

Die Hauptaufgabe der Stiftungsmitarbeiter ist aber die Hospizarbeit. Ein bedrückendes Engagement, wenn kranke Kinder beim Sterben begleitet werden. Die Betreuung teilen sich Ärzte, Psychologen und palliativmedizinische Pflegekräfte mit inzwischen 150 ehrenamtlichen Familienbegleitern. Diese kümmern sich um die Eltern, nehmen ihnen Alltägliches ab und sind für Geschwisterkinder da, die meistens aus dem familiären Fokus hinausfallen. "Heute machen wir, was du willst" sei eine dieser herzerwärmenden Aktionen, bei denen die gesunden Geschwister ausnahmsweise mal im Mittelpunkt stehen, erzählt Angela Zacher.

Um die 150 Familien werden von der Stiftung Ambulantes Kinderhospiz betreut. Krebskranke Kinder. Kinder mit Glasknochen. Kinder mit Chromosomenschäden. Kinder, die schon schwer krank auf die Welt kommen. Hilfe bei der Stiftung finden selbst Schwangere, bei deren ungeborenem Kind eine schwere Krankheit diagnostiziert worden ist. "Wir betreuen unsere Familien jahrelang", erzählt Angela Zacher. Die Arbeit ende keinesfalls mit dem Tod der kleinen Patienten. "360-Grad-Abdeckung" nennt Zacher die Philosophie der Stiftung, die für jede Lebenslage der Betroffenen Hilfestellung bietet, wozu schlimmstenfalls auch Trauerarbeit gehört. Aber es gibt auch immer wieder Hoffnung: "30 Prozent unserer Kinder finden ins Leben zurück", sagt Angela Zacher, die, wie ihre Kollegen, trotz allem Mitgefühl professionelle Distanz für die Aufgabe benötigt. Dafür werden Haupt- und Ehrenamtliche speziell aus- oder fortgebildet. "Die Schicksale dürfen uns berühren", sagt Angela Zacher. "Aber leiden dürfen wir nicht."

Damit die Stiftung ihr Engagement ausweiten kann, möchte sie ein Haus für schwer kranke Jugendliche und junge Erwachsene bauen. Das soll Patienten wie deren Eltern eine Atempause gönnen, wenn zusätzlich zu der Diagnose die Pubertät das Leben schwer mache.

Müttern und Vätern kranker Kinder ein wenig Zeit für sich zu verschaffen, ist auch Motivation anderer Organisationen im Landkreis. Wie die offene Behindertenarbeit der Arbeiterwohlfahrt, wo man ebenfalls auf Spenden aus dem SZ-Adventskalender angewiesen ist. Zum Beispiel für die Finanzierung von Ferienfreizeiten für betroffene Kinder, die nicht alle Eltern bezahlen können.

© SZ vom 28.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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