Ebersberg:Worte gegen Waffen

Yvonne Großmann von der Ebersberger Friedensinitiative wird in München gegen die Sicherheitskonferenz demonstrieren

Interview von Anselm Schindler

Geboren ist sie in Ostberlin, "ich habe die Angst vor den Russen nicht mit der Muttermilch aufgesaugt", sagt Yvonne Großmann und lacht. Nach der Wende zog sie erst nach Ebersberg, dann nach Poing. Als die Bundeswehr 1999 in den Jugoslawien-Krieg eingriff - und Deutschland damit zum ersten Mal seit 1945 Soldaten in ein anderes Land schickte - gründete Großmann gemeinsam mit einem Dutzend anderer Friedensaktivisten die Ebersberger Friedensinitiative. "Wir sind damals belogen worden", sagt die Softwareentwicklerin, "sowohl was die Kriegsgründe betrifft, als auch darüber, dass der Einsatz eine Ausnahme bleiben soll." 18 Jahre später ist die Bundeswehr in 15 verschiedene Militäroperationen involviert. Und die Ebersberger Friedensinitiative gibt es immer noch. An diesem Wochenende sind die Aktivisten in München, um gegen die Münchner Sicherheitskonferenz zu demonstrieren.

SZ: Frau Großmann, was stört sie an der Münchner Sicherheitskonferenz?

Yvonne Großmann: Da versammeln sich Strategen aus Politik, Wirtschaft und Militär, überwiegend aus Nato-Staaten. Sie reden von Menschenrechten und "humanitären Einsätzen", aber planen die nächsten Rüstungsgeschäfte und Kriege. Es geht dabei vor allem um die Sicherung von Rohstoffquellen, Handelswegen und Absatzmärkten. Den Kriegsstrategen muss klargemacht werden, dass sie in München nicht willkommen sind.

Demonstration gegen 52. Münchner Sicherheitskonferenz, 2016

Mit deutlichen Parolen protestieren Demonstranten gegen die Münchner Sicherheitskonferenz, hier eine Aktion auf dem Stachus im Jahr 2016.

(Foto: Robert Haas)

Es wird auch um die Spannungen zwischen Russland und der Nato gehen, es gibt nicht wenige, die vor einer neuen Aufrüstungsspirale warnen...

Die Aufrüstung läuft ja schon längst. Unter Umgehung von Verträgen werden Nato-Truppen immer dichter und dauerhafter an der russischen Grenze stationiert. Das ist zwar vertraglich verboten, aber als Taschenspielertrick werden die Truppen regelmäßig ausgetauscht, so dass sie als nicht fest stationiert deklariert werden. Das ist eine direkte Provokation gegen Russland.

Die weltweiten kriegerischen Auseinandersetzungen haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Ist das nicht frustrierend für eine Friedensaktivistin?

Es führt eben kein Weg daran vorbei, sich für friedliche Lösungen einzusetzen. Wir versuchen beispielsweise Einfluss auf die Ebersberger Bundestagsabgeordneten zu nehmen. Als im vergangenen November im Bundestag über die Mandatsverlängerung für den Einsatz deutscher Tornados in Syrien abgestimmt wurde, haben wir an Andreas Lenz (CSU) und Ewald Schurer (SPD) Briefe geschrieben. Lenz hat sich als einziger CSU-Abgeordneter enthalten und Schurer hat gegen die Verlängerung gestimmt. Das werten wir als Erfolg.

Yvonne Großmann

Yvonne Großmann engagiert sich auch in ihrer Heimatgemeinde Poing auf vielfältige Weise.

(Foto: privat)

Im Bezug auf Aleppo wurde viel darüber diskutiert, ob man stärker eingreifen solle. Was halten Sie davon?

Syrien ist nicht zuletzt durch das Eingreifen internationaler Machtblöcke zu einem Pulverfass geworden. Überhaupt ist die Lage in Syrien und dem Irak ja erst so instabil geworden, weil Nato-Staaten den Irak angegriffen haben. Je mehr Staaten sich im Nahen Osten einmischen, desto heikler wird die Lage.

Es gibt Experten, die warnen angesichts des sich internationalisierenden Konfliktes in Syrien vor einem Dritten Weltkrieg. Ist das Panikmache?

Leider nicht. Der Abschuss eines russischen Jets durch das türkische Militär hat vor einigen Monaten gezeigt, wie schnell die Lage eskalieren kann. Russland hat da sehr besonnen reagiert. Wenn man sich anschaut, wie viele Staaten versuchen, in Syrien ihre Interessen durchzusetzen, dann kann man sich vorstellen, welche Sprengkraft dieser Konflikt hat. Deutschland soll sich da raus halten. Die Bundesrepublik hat ohnehin in vielen Staaten Soldaten stationiert, auch über Waffenexporte beteiligt sie sich an Kriegen.

Was würden Sie einem Arbeiter sagen, der wegen Export-Einschränkungen um seinen Job fürchten muss?

In dem Konzern arbeiten hoch qualifizierte Ingenieure, die könnten etwas Besseres machen, als Panzer zu bauen. Ingenieure werden auch bei der Minenräumung oder im Katastrophenschutz gebraucht. Natürlich wird Saudi-Arabien beispielsweise das Geld, das es in deutsche Panzer steckt, nicht für Minenräumungen ausgeben. Aber der deutsche Staat könnte die rund 30 Milliarden, die er jährlich ins Militär steckt, in diesen Bereichen investieren. Es fühlt sich doch auch für einen Ingenieur besser an, wenn er abends darüber nachdenken kann, was er für den Frieden getan hat, als sich in den Nachrichten anzusehen, welche Schäden Rüstungsexporte in Krisenregionen anrichten.

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