Die Kreisstadt soll Windkraft-Standort werden. Diese Forderung war in den vergangenen Sitzungen des Technischen Ausschusses des Stadtrates zu hören, gestellt hat sie Gerd Otter von Pro Ebersberg. Bei der jüngsten der fünf Stadtratsfraktionen hat man auch schon konkrete Vorstellungen davon, wo sich künftig die Rotoren drehen sollen: Im Norden der Stadt, nahe des Entsorgungszentrums an der Schafweide.
Dort wird bereits heute Energie gewonnen, wenn auch nicht aus Windkraft. Die ehemalige Müllkippe wurde Anfang 2011 mit der ersten großen Freiflächensolaranlage im Landkreis überbaut und zwei Jahre später erweitert. Seit damals liefern die Paneele auf dem Schuttberg bis zu zwei Megawatt Strom, genug für etwa 700 Haushalte. Auch die Faulgase der alten Kreismülldeponie werden der Stromgewinnung zugeführt.
Neben Energie wird im Norden der Kreisstadt aber auch noch etwas anderes gewonnen: Baumaterial. Direkt neben dem Solarpark und dem Entsorgungszentrum gibt es große Kiesgruben und eine Asphalt-Mischanlage. Im Technischen Ausschuss ging es nun um die Frage, ob die Genehmigung für die Anlage verlängert und die Kiesgrube erweitert werden soll.
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Darüber sollte eigentlich schon im vergangenen Oktober befunden werden, da einige im Gremium noch Informationsbedarf hatten, trafen sich die Stadträte zwischenzeitlich zu einem Ortstermin zur Besichtigung. Bei dem man sich offenbar sowohl von der neuen Genehmigung für die Asphalt-Anlage - bisher war sie an den Betrieb der Kiesgrube gebunden, nun soll sie dauerhaft gelten - als auch von der Erweiterung der Abbauflächen überzeugen ließ.
Da die neuen Flächen zwar innerhalb eines Gebietes liegen, welches im Regionalplan für den Kiesabbau empfohlen wird, aber außerhalb der im Ebersberger Flächennutzungsplan ausgewiesenen Konzentrationsflächen für Kiesabbau, müssen die Pläne geändert werden. Üblicherweise enthält die Bauleitplanung für Kiesgruben einen Passus, der die Rekultivierung der Flächen nach Ende der Förderung vorschreibt. Im konkreten Fall ist beispielsweise eine Wiederaufforstung nötig, da für die Einrichtung der Kiesgrube Wald gerodet werden müsste.
Und genau hier setzt Otters Vorschlag zur Windkraft ein: "Das Verfahren könnte man gleich nutzen, um Windräder zu ermöglichen." Seine Idee: Neben der reinen Rekultivierung für die Kiesgrube soll die Bauleitplanung gleich mögliche Standorte für Windräder festlegen. Laut Otter könnten rund um die alte Kreismülldeponie bis zu drei solcher Anlagen möglich sein, vielleicht könne man auch einen interkommunalen Windpark mit Steinhöring zusammen planen.
Grundsätzlich sei dies schon möglich, so die Einschätzung der Verwaltung. Laut Bauamtsleiter Christian Stöhr könne man, sofern die Grundstückseigentümer mitmachen, eine Windkraft-Konzentrationsfläche analog zu jener für den Kiesabbau festlegen. Man habe mit der Nachbargemeinde auch schon erste Gespräche geführt, so Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos).
Dennoch hielt sich die Begeisterung im Gremium eher in Grenzen. Sei es, weil man wie Toni Ried (FW) grundsätzlich gegen Windräder in Sichtweite der Kreisstadt ist: "meine Meinung zu Windkraft im Forst ist hinlänglich bekannt", oder wie Martin Schechner (CSU), die Schafweide für ungeeignet hält. Man könne die Möglichkeit von Windrädern bei der Rekultivierung ja prüfen, aber "jeder, der sich da oben auskennt weiß, dass es kein guter Standort ist - eher einer der schlechtesten". Zudem stehe ein Grundsatzbeschluss im Stadtrat noch aus, ob man überhaupt Windräder an der Schafweide haben wolle.
Zweifel gab es auch an der doch eher langfristigen Perspektive, die sich aus Otters Vorschlag ergibt. Wenn man für die Energiewende etwas tun wolle, dann geschehe das "nicht mit Windrädern, die in zehn oder 15 Jahren gebaut werden", sagte Elisabeth Platzer (SPD). Diese Zeitspanne hatte der Antragsteller genannt, er rechnet damit, die neue Grube so lange nutzen zu können. Zudem äußerte sie die Sorge, dass sich die Änderung des Flächennutzungsplans durch die Ergänzung zu späterer Windkraftnutzung sehr verzögern würde.
Stöhr schlug vor, die grundsätzliche Möglichkeit, jetzt schon Windräder als Nachfolgenutzung der Kiesgrube festzulegen, zusammen im Änderungsverfahren überprüfen zu lassen. Sollten die Experten zu dem Schluss kommen, dass es möglich sei, "dann muss man es ohnehin vertiefen". Mit diesem Vorgehen sei er einverstanden, so Otter, das gilt offenbar auch für den Rest des Gremiums, es gab keine Gegenstimmen.