„Zeit, dass sich was dreht“ hat Herbert Grönemeyer 2006 zur Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland gesungen, die als sogenanntes Sommermärchen in die Sportgeschichte eingehen sollte. Kein Märchen ist dagegen, was im Landkreis Ebersberg bisher in Sachen Windenergie passiert. Erst eine Anlage ist hier in Betrieb, eine zweite wird gerade gebaut. Entsprechend wird es auch in der Region schön langsam höchste Zeit, dass sich was dreht – und zwar die Rotoren neuer Windräder. So sehen das zumindest viele Lokalpolitiker, für die es deshalb nun durchaus erfreuliche Nachrichten aus München gibt.
Der dortig ansässige Regionale Planungsverband (RPV) hat sich beim jüngsten Treffen des zuständigen Ausschusses darauf verständigt, das vom Freistaat Bayern ausgerufene Windkraft-Flächenziel von 1,8 Prozent bereits vorzeitig erreichen zu wollen. Eigentlich sollten bis zum Jahr 2027 zunächst 1,1 Prozent der Fläche im Freistaat für den Bau entsprechender Anlagen ausgewiesen werden, bis 2032 sollten es dann jene 1,8 Prozent sein. Um den Ausbau der Windkraft voranzutreiben, will der RPV in seinem landkreisübergreifenden Steuerungskonzept diesen Zwischenschritt jedoch überspringen.
An der Anzahl von maximal fünf Windrädern im Forst soll vorerst nicht gerüttelt werden
„Es ist ein großer Erfolg, dass die 1,8 Prozent jetzt schon ausgewiesen werden“, freute sich Grünen-Kreisrat Niklas Fent in der Sitzung des Kreis-Umweltausschusses. Diese Entscheidung werde den Ausbau der Windenergie beschleunigen. Wie spürbar der Effekt im Landkreis Ebersberg aber tatsächlich sein wird, muss sich erst noch zeigen, denn im Vergleich zu anderen Regionen in Bayern gibt es hier eine Besonderheit: Die mit Abstand größte Fläche, die der RPV für den Bau von Windrädern als geeignet erachtet, liegt im Ebersberger Forst. Eben dort hat sich der Landkreis per Bürgerentscheid aber bereits auf die maximale Anzahl von fünf Anlagen festgelegt und dies auch vertraglich fixiert. Ginge es rein nach dem RPV-Entwurf, könnten im Forst aber viel mehr Windräder errichtet werden.
Deshalb hat der Planungsverband diesen Standort bisher auch nicht verworfen, im Gegenteil: Im Vergleich zum vorherigen Entwurf haben die Experten sogar noch weiter am möglichen Windkraft-Standort Ebersberger Forst gefeilt und das sogenannte Vorranggebiet für den Bau von Windrädern angepasst. Dieses ist nun mit insgesamt 1800 Hektar etwas kleiner als noch im ersten Entwurf. Ursprünglich sollte eine Fläche von 2600 Hektar für den Bau von Windrädern zur Verfügung gestellt werden. Stattdessen ist der Planungsverband nun auf eine Forderung aus dem Landkreis eingegangen und hat eine knapp 900 Hektar große Fläche außerhalb des Ebersberger Forstes in den Entwurf mit aufgenommen. Diese liegt zwischen Zorneding, Buch, Oberpframmern und Wolfersberg.

Energiewende im Landkreis Ebersberg:Doppelte Ablehnung
Der Regionale Planungsverband verwirft Einsprüche aus Ebersberg zu geplanten Windenergieflächen – größer dürften diese trotzdem nicht werden.
Im Umweltausschuss stieß dieser Schritt auf große Zustimmung, nimmt er doch etwas Druck vom Ebersberger Forst. Dort nämlich soll an der Obergrenze von fünf Windrädern vorerst nicht gerüttelt werden. Daran müsse man angesichts des Bürgerentscheids unbedingt festhalten, sagte Bianka Poschenrieder (SPD), „sonst machen wir uns unglaubwürdig“. Entsprechend erneuerte der Umweltausschuss seine Forderung an den RPV, das Vorranggebiet im Ebersberger Forst weiter zu verkleinern. Daran, dass die Planer diesem Gesuch nachkommen und die Fläche weiter zusammenstutzen, meldeten aber selbst einige Mitglieder des Gremiums ihre Zweifel an.
Zumal das Windkraft-Konzept des Planungsverbandes kein Wunschkonzert für einzelne Landkreise ist, wie man in Ebersberg bereits feststellen musste. Von dort war zuletzt ebenfalls die Forderung gekommen, weiterhin die Abstandsflächen nach der 10-H-Regelung einzuhalten – also festzuschreiben, dass Windräder den zehnfachen Abstand ihrer Höhe zur nächsten Wohnbebauung einhalten müssen. Dem schob der RPV nun aber einen Riegel vor: „Die Einhaltung eines 10-H-Abstandes ist aus planerischer Sicht nicht zu begründen und mit Blick auf das regionsweite Steuerungskonzept unter Anwendung eines einheitlich gehandhabten Kriterienkatalogs abzulehnen“, heißt es dazu. Auch Wildruhezonen spielen in dem Steuerungskonzept keine Rolle, obwohl der Ebersberger Kreistag ebendies gefordert hatte. „Eine Vereinbarkeit von Wildruhezone und Windenergienutzung erscheint grundsätzlich möglich“, entgegnet der RPV.
Mit 25 bis 30 Windrädern könnte der Landkreis klimaneutral werden
Generell waren die Mitglieder des Umweltausschusses aber mit der überarbeiteten Planung aus München recht zufrieden. „Insgesamt ist es ein großer Schritt und ich freue mich, dass es in die richtige Richtung geht“, sagte etwa Thomas von Sarnowski (Grüne). Bianka Poschenrieder ergänzte, dass man schließlich lange genug darauf habe warten müssen, dass in Sachen Windkraft endlich etwas passiere. Dass es mit dem Aufstellen eines Konzeptes aber nicht getan sein wird, gab wiederum ihr Vorredner von Sarnowski zu bedenken: „Es werden 25 bis 30 Windräder nötig sein, um den Landkreis klimaneutral zu machen.“
Für den RPV-Entwurf geht es derweil Anfang Dezember weiter. Bis dahin will der Planungsausschuss alle Stellungnahmen aus den Landkreisen sammeln und das Konzept schließlich in Form eines sogenannten Fortschreibungsentwurfs für das anschließende förmliche Anhörungsverfahren beschließen. Anfang 2026 soll sich das Papier dann endgültig den Weg durch den Bürokratie-Dschungel gebahnt haben und als Wegweiser für den Ausbau der Windkraft im Großraum München dienen.