Ebersberg:Wertvoll wie nie

Der Landkreis kann im kommenden Jahr mit Rekordeinnahmen rechnen. Trotzdem beklagen einige Kreisräte, dass nicht genug gespart werde

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Es glich fast einer vorzeitige Bescherung: Der Haushalt für das kommende Jahr, den Landrat Robert Niedergesäß (CSU) und Kreiskämmerin Brigitte Keller im Kreis- und Strategieausschuss vorgestellt haben, kann mit zahlreichen positiven Entwicklungen aufwarten. Die Einnahmen durch die Kreisumlage sind mit 76,2 Millionen Euro so hoch wie nie, die Investitionen sinken um sechs auf noch zwölf Millionen. Dadurch werden Überschüsse von 9,6 Millionen Euro erzielt. Sie machen einen Schuldenabbau möglich, auch sollen die Kommunen entlastet werden, indem die Kreisumlage gesenkt wird. Doch bei manchem hielt sich der Jubel darüber in Grenzen. CSU-Fraktionschef, Vaterstettens zweiter Bürgermeister Martin Wagner, kommentierte das Zahlenwerk mit den Worten: "Ich bin nicht zufrieden."

Die Unzufriedenheit Wagners hat mit dem Gesamtvolumen des Kreishaushaltes zu tun. Dieses liegt 2016 um rund 4,4 Prozent höher als im laufenden Jahr. Die gestiegenen Einnahmen werden zum größten Teil benötigt, um die ebenfalls kräftig gestiegenen Ausgaben auszugleichen, was aber langfristig sehr gefährlich sei, warnte Wagner: "Jetzt können wir noch aus dem Vollen schöpfen, aber ich weiß nicht, wie wir in den kommenden Jahren operieren wollen, wenn die Einnahmen wieder sinken." Dass diese Sorge berechtigt ist, bestätigte auch Kellers Erwiderung: "Gar nicht", antwortete sie auf Wagners Frage, dann nämlich werde man um schmerzhafte Kürzungen bei den freiwilligen Leistungen nicht herumkommen.

Solche Kürzungen hatte der Ausschuss bereits in der ersten Vorberatung über den Haushalt im Juli mit großer Mehrheit gefordert. Damals war die Kämmerei noch von einer Steigerung des Haushaltsvolumens um 4,3 Prozent ausgegangen - zu viel für die meisten Kreisräte. Gegen die Stimmen der Grünen-Fraktion beschloss der Ausschuss damals, der Haushalt 2016 solle im Vergleich zu 2015 maximal um 2,5 Prozent wachsen. Eine Vorgabe, an die sich die Kämmerei nach Meinung Wagners nicht gehalten habe: "Ich bin sehr überrascht, dass wir jetzt auf dem gleichen Level sind wie beim letzten Mal, ja sogar noch darüber." Würde der Haushalt so zur Abstimmung gestellt, könne er dem nicht zustimmen, so Wagner, "ich bin ratlos, wie wir hier weiter verfahren sollen".

Landrat Niedergesäß reagierte auf Wagners Wortmeldung mit Verständnislosigkeit. Er erinnerte daran, dass die nun kritisierten Ausgaben in den vergangenen Wochen in den Budgetberatungen der Fachausschüsse beschlossen wurden - auch mit den Stimmen der CSU-Fraktion. "Wenn deren Mitglieder in den Ausschüssen einstimmig zustimmen, dann kann man auch hier Einstimmigkeit erwarten", fand der Landrat. Er bestritt nicht, dass man das im Ausschuss gesetzte Ziel verfehlt habe, "aber das ist der Realität geschuldet, wir machen das ja nicht aus Jux und Tollerei". Die Kämmerei, so Niedergesäß, habe sich wirklich um Einsparungen bemüht, "aber es gibt Dinge, die wir nicht steuern können".

Besonders in den Bereichen Jugendhilfe und Asyl sind die Ausgaben stark gestiegen, "anders wäre es mir auch lieber gewesen". Die Verwaltung sei offen für Vorschläge, wo man einsparen könnte. Niedergesäß erinnerte an Debatten über Einsparungen in den vergangenen Jahren, die nicht erfreulich und nicht immer erfolgreich verlaufen seien. "Ich bin gespannt, ob es diesmal gelingt", so Niedergesäß. Für den Haushalt des kommenden Jahres werde man aber sicher keine größeren Einsparungen mehr beschließen können, "wir brauchen jetzt eine Entscheidung".

Im Ausschuss gab es zwar Verständnis für Wagners Sorgen, aber auch Unterstützung für die Verwaltung. Natürlich müsse man an die Zukunft denken, sagte Renate Will (FDP). Deshalb müsse man sich bald mit den freiwilligen Leistungen beschäftigen, "aber in Ruhe und nicht mit dem Rasenmäher". Auch Reinhard Oellerer (Grüne) bedauerte, dass es sich "leider bewahrheitet hat, dass die Risiken größer sind als die Einsparmöglichkeiten". Die Sparvorgaben des Ausschusses umzusetzen "war eben leider nicht möglich". So schwarz wie Wagner wollte er die Lage dennoch nicht sehen, schließlich seien die Ausgaben für Investitionen und die Verschuldung gesunken, "es erscheint alles deutlich beherrschbarer als es schon war".

Der Meinung war auch Albert Hingerl (SPD): Zwar seien "die Herausforderungen größer als in den letzten Jahren, insgesamt sieht es aber gut aus". Angesichts der hohen Überschüsse könne man für 2016 sogar über eine Senkung der Kreisumlage nachdenken, meinte Poings Bürgermeister. Laut Niedergesäß und Keller gäbe es dafür tatsächlich Spielraum. Denn für einen Haushalt ohne Neuverschuldung wäre nach Berechnung der Kämmerei ein Überschuss von etwa sieben Millionen Euro nötig, also 2,6 Millionen weniger, als beim gegenwärtigen Satz der Kreisumlage von 51 Punkten eingenommen wird. Ein Punkt Kreisumlage bringt dem Landkreis wegen gestiegener Wirtschaftskraft der Kommunen und dem auf einheitlich 310 Punkte angehobenen Nivellierungssatz bei Grund- und Gewerbesteuer im kommenden Jahr rund 1,49 Millionen Euro ein. Somit könnte die Kreisumlage 2016 um einen bis eineinhalb Punkte sinken.

Dies werde sicher noch Thema sein, sagt Niedergesäß auf Nachfrage, schließlich seien die Gemeinden an einer möglichst niedrigen Kreisumlage interessiert. "Ich war ja zwölf Jahre lang Bürgermeister und kenne das. Ich gehe davon aus, dass wir uns einig werden."

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